Die Ergebnisse der Studie zu den Ursachen der schnellen Corona-Ausbreitungen im Landkreis Tirschenreuth waren mit Spannung erwartet worden: Heute hat sie das Robert-Koch-Institut (RKI) in Tirschenreuth vorgelegt. Demnach hat sich gezeigt, dass das viel besagte Starkbierfest am 7. März nicht die alleinige Ursache für die Häufung von Corona-Infektionen war.
Coronafälle schon vor dem Starkbierfest
Laut RKI hat es bereits Ende Februar, also vor einem Starkbierfest am 7. März, einzelne Covid19-Fälle im Landkreis gegeben. Sie könnten von Skireisen nach Österreich oder Südtirol stammen. Davon gehen die Epidemiologen des RKI aus. Das Starkbierfest, der Fasching und auch die Zoigltradition in Mitterteich hätten dann als Beschleuniger gewirkt, so die Epidemiologen aus Berlin. Zu dem Zeitpunkt waren bundesweit noch Großveranstaltungen mit über 1.000 Menschen erlaubt. Etwa ein Drittel der in der Studie befragten Infizierten seien auf einer der drei Veranstaltungen gewesen.
90 Prozent der infizierten Todesopfer hatten Vorerkrankungen
Auch auf die Frage, warum im Landkreis überdurchschnittlich viele an und mit dem Virus starben, hat die Studie Antworten. Die Fälle bis 11. Mai wurden untersucht. Demnach seien überdurchschnittlich stark die über 80-Jährigen betroffen gewesen. Zudem würden in der Bevölkerung überdurchschnittlich viele Vorerkrankungen vorliegen.
Beides habe dazu geführt, dass vermehrt Über-80-Jährige gestorben sind. 90 Prozent der Verstorbenen hatten laut RKI eine Vorerkrankung. Das könne die Kurve "zumindest teilweise erklären", so die Wissenschaftler. Die Altersgruppen zwischen 20 und 39 seien bis 11. Mai deutlich weniger betroffen gewesen als im Bundesschnitt.
Frauen waren stärker betroffen
Insgesamt sei die Zahl der Fälle im Landkreis unterschätzt worden. Wie hoch die Dunkelziffer ist, das soll eine Antikörper-Studie klären, die Ende Juni begonnen hat. Auch die Testverfahren zu Beginn der Pandemie und von jetzt müssten dann einbezogen werden. Erst dann könnten detaillierte Aussagen zur Sterblichkeitsrate gemacht werden. Insgesamt seien nach den Auswertungen mit 58,5 Prozent mehr Frauen betroffen gewesen als im Bundesdurchschnitt (52,2 Prozent).
Corona wurde erst später erkannt
Die Forscher untersuchten auch die Tests zu Beginn der Pandemie und kommen zu dem Schluss, dass im Landkreis die positiven Fälle später erkannt worden seien, als beispielsweise im anderen Corona-Hotspot Heinsberg in Nordrhein-Westfalen. Zwischen dem Beginn der Erkrankung und der Diagnose würden sieben Tage liegen (Stand bis 11. Mai). Deshalb seien die positiv Getesteten vor allem mit mehreren Vorerkrankungen in einem schlechteren klinischen Zustand gewesen. Im Landkreis Tirschenreuth waren vier Seniorenheime betroffen.
Seit Wochen keine Neuinfektionen mehr
Ende April waren drei Epidemiologen des RKI zu Gast im Landkreis und werteten Daten und Unterlagen des Gesundheitsamtes, des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit und von Laboren aus. Zudem sprachen sie mit Landkreismitarbeitern und Mitarbeitern der Kliniken Nordoberpfalz AG. Der Landkreis Tirschenreuth war nach Heinsberg der zweite große Hotspot zu Beginn der Corona-Pandemie in Deutschland. Inzwischen gibt es seit einigen Wochen keine Neuinfizierten mehr - die sogenannte 7-Tage-Inzidenz liegt bei Null. Insgesamt erkrankten gut 1.100 Landkreisbürger nachgewiesen am Coronavirus. Knapp 140 Menschen starben an und mit dem Virus laut den aktuellen Zahlen des Robert-Koch-Instituts.
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