Es ist ein ungewohntes Bild: Im Innenhof des Landtags hat am Mittwochvormittag ein Notarztwagen geparkt. Die Türen stehen offen, einige Abgeordnete drum herum diskutieren – auch zwei Sanitäter sind da. Die Rettungskräfte versuchen den Mitgliedern des Innenausschusses zu veranschaulichen, wie Tele-Medizin im Notfall-Einsatz unterstützen kann.
Die ersten Tele-Notärzte sind bereits in Teilen Niederbayerns im Einsatz. Pro Tag gibt es derzeit laut Staatsregierung sieben bis acht Einsätze. Das ist nur der Anfang. Denn: "Es funktioniert sehr gut", sagt Sandro Kirchner, CSU-Staatssekretär im Innenministerium.
Wie funktioniert der Tele-Notarzt-Einsatz?
Das Prinzip Tele-Notarzt geht so: Entscheidet sich die Leitstelle nach einem Notruf für den Tele-Notarzt, fährt ein Rettungswagen mit zwei Einsatzkräften – Rettungs- oder Notfallsanitäter – zum Patienten. Die Fahrzeuge sind mit spezieller, digitaler Technik ausgestattet: mit Kamera, Tablet, Headset, Raummikrofon und Lautsprecheranlage sowie einem ausklappbaren Monitor. Dazu ein 5G-WLAN-Router inklusive zweier Modems und unterschiedlichen SIM-Karten für eine möglichst sichere Internetverbindung.
Ist dann vor Ort die Expertise und Begleitung eines Arztes nötig, so wird dieser über die Technik aus der Zentralstelle hinzugezogen. Der Vorteil: Notärzte würden durch die sonst oft weiten Wege weniger Zeit verlieren – und könnten am Ende deutlich mehr Patienten helfen, als wenn sie an ein Rettungsfahrzeug gebunden seien, erklärt Staatssekretär Kirchner im Innenausschuss des Landtags. Das sei wichtig, so der CSU-Politiker, denn "die Ressource Notarzt ist knapp". Die Tele-Medizin sei "die Antwort auf den Notarztmangel", gerade im ländlichen Raum.
Was sagen die Praktiker?
Notfallsanitäter Julian Fabi bestätigt, dass die Einsätze bislang gut geklappt hätten. Zwar sei es schon "erst mal eine Umstellung" gewesen. Aber: Es sei "Übungssache" mit der Technik umzugehen und gelinge "immer besser". Er stehe voll hinter dem Modell Tele-Notarzt. Auch die oft leidige Dokumentation empfinde er "nicht als eine Riesenzusatzbelastung", so Fabi.
Der Tele-Notarzt sei von der Erfolgsbilanz am Patienten "gleichwertig". Viele Einsätze würden ohnehin nicht rechtfertigen, dass ein Notarzt mit an Bord sei. Gleichwohl gebe es Situationen, bei denen "der physisch anwesende Notarzt nicht wegzudenken" sei.
Ersetzen Tele-Notärzte künftig den klassischen Notarzt vor Ort?
Einen "Riesengewinn für die ländliche Region" sieht auch Grünen-Politiker Florian Siekmann im Tele-Notarzt-System. Er warnt allerdings davor, sich nur darauf zu verlassen. Es sei wichtig, dass es "am Ende nicht dazu führt, dass der normale Notarztdienst vernachlässigt wird". Denn: Schon jetzt gebe es "Probleme", Notarztdienste flächendeckend und rund um die Uhr zu besetzen.
Staatssekretär Kirchner betont, der Tele-Notarzt solle niemanden ersetzen, sondern ein weiterer "Mosaikstein" im Rettungssystem sein – sprich – eine Ergänzung. Es werde auch weiterhin Notärzte geben, die im Rettungswagen mitfahren und Patienten vor Ort behandeln.
Wo sind die Tele-Notärzte in Bayern unterwegs?
Die ersten Tele-Notärzte sind seit Februar vom Standort Ost im niederbayerischen Straubing-Bogen in sogenannten Rettungsdienstbereichen unterwegs. Derzeit ist das noch der Raum Landshut, demnächst soll Passau folgen.
Bis Ende 2026 soll laut Innenministerium der gesamte Osten Bayerns versorgt werden: Von Traunstein über Ingolstadt, Regensburg bis in die nördliche Oberpfalz. Ab Ende 2026 sollen auch in Würzburg Tele-Notärzte stationiert sein – und von dort aus dann in ganz Franken per Videoschalte praktizieren.
Der dritte geplante Standort – in der Region West – steht laut Kirchner noch nicht final fest. Abgedeckt werden sollen von dort aus dann Schwaben sowie ein großer Teil Oberbayerns. Er, so Kirchner, gehe davon aus, dass der Tele-Notarzt bis 2031 in Bayern "flächendeckend verfügbar" sein wird.
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