Betriebsleiterin Monika Stadler auf der Weide vor dem Stall.
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Monika Stadler auf der Weide vor ihrem Milchviehstall.
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Monika Stadler auf der Weide vor ihrem Milchviehstall.

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Tödlicher Unfall: Plötzlich Witwe mit vier Kindern und Hof

Tödlicher Unfall: Plötzlich Witwe mit vier Kindern und Hof

Im vergangenen Jahr sind in Bayern 48 Landwirtinnen und Landwirte bei Arbeitsunfällen gestorben. Einer davon war Martin Stadler. In der "Unser Land"-Sendereihe Hofgeflüster berichtet seine Witwe, wie sie sich seitdem um Kinder und Bauernhof kümmert.

Über dieses Thema berichtet: Unser Land am .

Der Tag, an dem der 49-jährige Martin Stadler tödlich verunglückte, sollte eigentlich ein fröhlicher sein. Seine älteste Tochter war zwei Tage zuvor 15 Jahre alt geworden und wollte am Abend eine Party feiern. Doch dazu kam es nie. Monika Stadler sitzt in ihrem Esszimmer in Aying bei München, knetet sich die Hände und ist sichtlich bewegt, als sie sich an den Tag im April 2024 erinnert. Martin habe Zinken an der Kartoffelfräsmaschine reparieren wollen, erzählt sie, und dafür die Maschine mit dem Traktor angehoben. Aus unerklärlichen Gründen habe sich die Fräse gesenkt und Martin erdrückt.

Im Video: Plötzlich Witwe! Und allein mit Hof und Kindern

Als Monika ihn dort liegen sah, war ihr erster Gedanke: "Jetzt bin ich Witwe." Zwei Tage nach dem Unfall erliegt Martin im Krankenhaus seinen schweren Verletzungen. Zurück bleiben die damals 42-jährige Monika und ihre vier Kinder, die zum Zeitpunkt des Unfalls zwischen 9 und 15 Jahre alt waren.

In der Serie "Hofgeflüster" besucht "Unser Land"-Reporterin Stefanie Heiß Höfe in Bayern. Hier geht es in mehreren Folgen um Themen, über die sonst nur hinter vorgehaltener Hand gesprochen wird. Alle Videos der "Hofgeflüster"-Serie gibt es hier.

Tödliche Unfälle: Häufig bei Waldarbeiten und mit Maschinen

Jedes Jahr kommt es auf landwirtschaftlichen Betrieben zu tödlichen Unfällen. Die Unfallschwerpunkte sind dabei eindeutig: Die landwirtschaftliche Sozialversicherung (SVLFG) hat im vergangenen Jahr 48 Unfalltote in Bayern erfasst. Davon sind 20 bei Waldarbeiten verunglückt und weitere 18 im Umgang mit Maschinen. Markus Fechter ist Sicherheitsexperte bei der SVLFG und berät Landwirtinnen und Landwirte auf ihren Betrieben im Bereich Arbeitssicherheit. Er glaubt, dass – gerade bei den Unfällen im Bereich Waldarbeit – häufig fehlendes Fachwissen und fahrlässiges Handeln eine Rolle spielen. "Im Alltag muss es oft schnell, schnell gehen und dann werden manchmal notwendige Sicherheitsvorkehrungen nicht getroffen."

Auch manche Unfälle mit Maschinen ließen sich relativ leicht verhindern, so Fechter. Er rät dazu, Wartungsarbeiten niemals bei laufender Maschine durchzuführen, bei Arbeiten unter Maschinen diese ordnungsgemäß aufzubocken und beim Rückwärtsfahren immer abzusichern, dass niemand hinter der Maschine ist – entweder durch einen Einweiser oder eine Kamera.

Plötzlich Betriebsleiterin

Auch Martin Stadler war bei der SVLFG versichert. Da er bei einem Arbeitsunfall verunglückt ist, schickt die Versicherung sofort eine Betriebshelferin. Drei Tage nach dem Unglück kommt Kathrin Schlickenrieder auf den Hof und packt mit Monika Stadler an. Es gilt, den Milchviehbetrieb mit 70 Milchkühen am Laufen zu halten. Dazu kommen 60 Hektar Land und 23 Hektar Forst, die bewirtschaftet werden müssen. Mit Martin ist nicht nur der Vater und Ehemann gestorben, sondern auch der Betriebsleiter.

Die Stadlers haben für diesen Fall vorgesorgt, mit einem Ehe- und Erbvertrag, der alles regelt. Außerdem hatte Martin seine gesamte Arbeit akribisch dokumentiert, sodass Monika direkt als neue Betriebsleiterin weitermachen konnte. "Er hat im Stall seinen Kasten gehabt, wo er seine ganzen Spickzettel drin hatte. Da stehen alle Adressen drauf oder was am Melkroboter schon immer falsch zusammengebaut war und dass man es dann bei der nächsten Wartung wieder falsch zusammenbauen muss."

Frauenpower auf dem Milchviehhof

Nach 365 Tagen endet die von der Versicherung bezahlte Betriebshilfe auf dem Stadlerhof. Doch Kathrin arbeitet auch heute, eineinhalb Jahre nach dem Unfall, noch bei Monika auf dem Hof. Als die Betriebshilfe endet, bietet Monika Kathrin an, sie als Mitarbeiterin einzustellen.

Die beiden Frauen verstehen sich privat wie beruflich, haben beide vier Kinder und da Kathrin sich gerade von ihrem Mann getrennt hat, zieht sie sogar in eine Mietwohnung auf dem Stadlerhof.

Erfolgreich als Quereinsteigerin einen Betrieb leiten

Eigentlich ist die verwitwete Monika Kauffrau für Bürokommunikation und Hauswirtschaftsmeisterin. Gerade das kommt ihr zugute, glaubt die gelernte Landwirtin Kathrin. Monika habe sich monatelang in die Fütterung der Milchkühe eingelesen, Futterproben genommen und am Ende die Fütterung der Tiere verändert – mit Erfolg. Seit der Futterumstellung hat sich die durchschnittliche Milchleistung der Kühe von 9.000 auf 10.000 Kilogramm pro Jahr gesteigert.

"Da haben die Männer ganz schön geschaut!", lacht Kathrin. Monika zuckt mit den Schultern und sagt bescheiden: "Mei, als Quereinsteigerin sieht man das oft mit anderen Augen. Und es ist immer eine Teamleistung. In der Landwirtschaft geht es nur im Team."

Zukunft des Stadlerhofs ist gesichert

Das Team, das heute den Hof bewirtschaftet, besteht aus Monika und zwei Mitarbeitern, den Schwiegereltern und den vier Kindern. Die beiden großen Kinder, heute 15 und 16 Jahre alt, haben direkt nach dem Unfall eine Sondergenehmigung vom Landratsamt bekommen, um vorzeitig den Führerschein machen zu können.

Ihre vier Kinder sind für Monika ihr größter Halt. "Das treibt mich an, dass es ihnen gut geht, dass sie das Leben leben. Das Leben ist doch so schön."

Dieser Artikel ist erstmals am 24. November 2025 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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