Hund "Ace", ein schwer vermittelbarer Listenhund im Tierheim Quellenhof Passbrunn
Bildrechte: Michaela Bassing/Philip Kuntschner, BR
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Viele Menschen haben sich in der Pandemie ein Tier zugelegt, sind jedoch mit der Betreuung überfordert. Die Tierheime bekamen das zu spüren.

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Überfüllt nach Corona: Weihnachten im Tierheim

Überfüllt nach Corona: Weihnachten im Tierheim

Viele Menschen haben sich aus Einsamkeit in der Corona-Pandemie ein Tier zugelegt. Nicht immer war das eine gute Idee, weil manche mit der Pflege und Betreuung überfordert waren. Nun sind die Tierheime so voll wie nie zuvor.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Am Ende einer langen Straße, inmitten von niederbayerischen Wäldern: Hier haben am Wochenende mehr als einhundert Tiere Weihnachten gefeiert. Das ist nicht der Beginn einer Märchengeschichte, wohl aber eine schöne Szene vor ernstem Hintergrund.

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Für die Pflegerinnen und Pfleger im Tierheim Quellenhof Passbrunn im Landkreis Dingolfing-Landau sind die Weihnachtsfeiertage ganz normale Arbeitstage. Nagetiere, Hunde, Pferde und neuerdings auch zwei Schweine müssen hier versorgt werden. An Heiligabend gerne auch mit einem Festmahl. Vor allem die Tiere sollen ein schönes Weihnachtsfest haben, sagt Tierpflegerin Kristin Kunze.

Tierpflegerin: "Tiere sind Familie geworden"

Sie arbeitet seit zwei Jahren im Quellenhof bei Reisbach. Dass sie an Heiligabend nicht zuhause ist, kennt ihre Familie nicht anders von ihr, sagt sie. "Irgendwie sind mittlerweile die Hunde und die anderen Tiere ihre Familie geworden. Sie wachsen einem so sehr ans Herz." An Weihnachten im Tierheim zu sein, für Kristin Kunze ist das sogar schön. Wer hier arbeitet, macht das aus ganzem Herzen, aus Idealismus. Nicht des Geldes wegen.

Tierheime sind so voll wie noch nie

Und doch spielt das Geld eine so große Rolle. Eine existenzielle, denn die Tierheime sind Weihnachten 2022 so voll wie nie zuvor, erklärt Ilona Wojahn. Sie ist Präsidentin des bayerischen Landesverbands des Deutschen Tierschutzbundes und betreibt das Tierheim Quellenhof.

Viele haben sich während der Pandemie ein Haustier zugelegt. Und so manche von ihnen sind drei Jahre später schon wieder woanders – weiterverkauft, ausgesetzt, unter Vorwand abgegeben. "Oft kommen irgendwelche fantasievollen Ausreden", sagt Wojahn. "Und dann sehen wir im Erfassungsbogen, wann sich der Halter das Tier zugelegt hat. Frühjahr 2020, Beginn der Pandemie. Da ist dann eigentlich alles klar."

Weitere Probleme: Die hohen Kosten

Auf die Frage, wie sehr der Quellenhof derzeit ausgelastet ist, antwortet Wojahn knapp: "110 Prozent. Wie alle Tierheime." Hinzu kommen weitere Belastungen: Die Inflation macht vor Futterpreisen keinen Halt, Gehälter steigen und eine neue Gebührenordnung für Tierärzte macht den Heimen zu schaffen. "Die Kosten explodieren", zählt Tierschutzbundpräsidentin Wojahn auf.

Tierschutzbundpräsidentin fordert einheitliche Regeln

Für Abhilfe könnte zumindest ein bayernweiter Fundtiererlass sorgen. Dafür setzt sich Wojahn ein. Die knapp einhundert Tierheime, die in ihrem Landesverband des Tierschutzbundes organisiert sind, würden eine kommunale Aufgabe abdecken. Sobald ein Tier gefunden wird, gibt es in Form des Tierheims eine Anlaufstelle. Noch müsse aber in jeder Kommune einzeln mit dem Bürgermeister verhandelt werden, kritisiert Wojahn. "Es braucht hier eine bayernweite Regelung. Diese Dienstleistung muss kostendeckend finanziert werden."

Futter-Geschenke an Weihnachten

Bis auf Weiteres sind die Tierheime maßgeblich auf Spenden angewiesen. Davon zeugt ein Berg von verpackten Geschenken unter einem geschmückten Weihnachtsbaum im Eingangsbereich des Quellenhofs. Transportboxen, Decken oder auch: "Nassfutter für Timmy", liest Tierpflegerin Kristin Kunze vor und überreicht dem Hund wenige Minuten später sein Weihnachtsgeschenk. Der Pekinese lebt seit Oktober im Quellenhof.

Schwer vermittelbar heißt: auf ewig im Tierheim

Andere Hunde sind schon mehrere Jahre hier, an die Vermittlung glaubt niemand mehr – oder sie gestaltet sich als schwierig bis unmöglich, wenn sogenannte Listenhunde - also als gefährlich eingestufte Tiere - im Heim landen.

Für sie ist der Quellenhof zum Zuhause geworden. Wie voll es hier tatsächlich ist, zeigen Zahlen. "Unser Tierheim verfolgt eigentlich das Ziel, dass es während der Weihnachtszeit etwas ruhiger ist", erklärt Betreiberin Ilona Wojahn. "30 Katzen, zehn Hunde, ein paar Kaninchen, das ist der Gradmesser. Jetzt haben wir über 100 Katzen und mehr als zwanzig Hunde. Es ist Wahnsinn."

Für sie alle wurden Spenden abgegeben, alle haben an Heiligabend ein Weihnachtsgeschenk bekommen. Der größte Wunsch, so steht es im Schaukasten vor dem Tierheim, aber geschrieben ist ein anderer: Ein Zuhause fürs Leben.

Kaninchen im Tierheim beim Fressen
Bildrechte: BR/Philip Kuntschner
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Kaninchen im Tierheim beim Fressen

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