Unfälle von E-Mountainbikern nehmen bei Menschen mittleren Alters in alpinem Gelände zu. Das hat der Unfallchirurg Dr. Moritz Katzensteiner bei einem Kongress der Gesellschaft für Orthopädisch-Traumatologische Sportmedizin (GOTS) erklärt. Ihm zufolge erschweren dabei auch die regelmäßige Einnahme von Medikamenten, Herz-Kreislauf-Probleme und andere Vorerkrankungen die Behandlung nach einem Sturz. Trotzdem werden E-Bikes im Gelände immer beliebter.
Orthopäde: "Vorteile von E-Mountainbikes überwiegen"
Unfallchirurg Katzensteiner glaubt, "dass das bessere Material dazu führt, dass man mehr Risiko gehen kann, schneller fahren kann". Sowohl beim Skifahren als auch beim Mountainbiken. Bei einem Sturz sei allerdings der Aufprall extremer.
"Mit höherem Tempo steigt das Sturz- und Verletzungsrisiko", sagt auch Dr. Artur Bergmann. Der Orthopäde betreut seit über 20 Jahren die deutsche Mountainbike-Nationalmannschaft. Seiner Meinung nach überwiegen die Vorteile von E-Mountainbikes. Durch sie können schließlich auch ältere oder weniger sportliche Menschen die Berge erkunden.
Problematisch sei aber, dass manche Menschen "mit dem Mountainbike einen Berg hinauffahren, sich dann umdrehen und beim Runterfahren merken, dass es viel zu steil ist", sagt Bergmann. In den Chiemgauer Alpen gibt es ihm zufolge einige Strecken, zu denen die Bergwacht immer wieder ausrücken muss, um gestrandete Mountainbiker zu bergen.
Viele E-Biker überschätzen sich
In der Vor-E-Bike-Zeit brauchte man Technik und Kondition, um auf den Berg raufzukommen. "Und wenn man die nicht hatte, kam man eben nicht rauf", sagt Bergmann. Durch gute Federung und Motorunterstützung bei E-Bikes komme man auch Wege rauf, die man mit einem normalen Fahrrad oder Mountainbike niemals schaffen würde, egal ob man trainiert oder untrainiert ist. Das heißt, die Räder bieten zwar viel mehr Möglichkeiten, "beherbergen aber auch das Risiko, dass man sich überschätzt und dann irgendwann stürzt", sagt Bergmann.
Zudem sind E-Bikes schwer und nicht immer leicht zu bedienen. Wer so ein Gefährt nicht gewohnt ist, tritt vielleicht im falschen Moment in die Pedale, bekommt die Unterstützung vom Motor und schießt über den Weg hinaus, sagt der Arzt. Und wenn ein älterer Mensch stürzt, sind auch Brüche häufiger. Bergmann empfiehlt daher immer Schutzkleidung: Helm, Handschuhe und Protektoren.
Überfüllte Natur-Hotspots: "Manchmal kochen die Emotionen über"
Auch der Deutsche Alpenverein sieht einen kontinuierlichen Zuwachs bei Unfällen mit E-Bikes im Gelände. Auch weil es immer mehr von den Rädern gibt. Vergangenes Jahr seien in Deutschland zwei Millionen Mountainbikes verkauft worden. Davon waren dem Deutschen Alpenverein (DAV) zufolge 40 Prozent E-Mountainbikes. Die Beliebtheit zeigt sich auch in den Statistiken des Vereins: 30 Prozent der DAV-Mitglieder würden mountainbiken und gut zwei Drittel davon haben ein E-Bike. Vor zehn Jahren habe diese Zahl nahe null gelegen.
Der Leiter der Sportentwicklung beim DAV, Stefan Winter, sieht in dem Hype auch eine Problematik: Mit mehr Mountainbikern brauchen auch mehr Leute im Gelände mehr Platz. In der Natur sei der Platz aber nun mal beschränkt. "Da kommt es dann eben an Hotspots manchmal zu Überlastungen", sagt Winter.
Wenn man zu schnell fährt und nicht klingelt, kochen dann schon auch mal die Emotionen über, sagt Winter. Der DAV informiert deshalb mit einer Kampagne darüber, wie man sich mit dem Rad in der Natur richtig verhält. Zudem will der Alpenverein für gegenseitige Bedürfnisse sensibilisieren, um sich in andere Menschen hineinversetzen zu können: In Wanderer, Landwirte oder Anwohner. Damit man sich dann so verhält, wie man gerne selbst behandelt werden würde.
Dieser Artikel ist erstmals am 23. Mai 2025 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.
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