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Wohnungslosigkeit in Bayern: mehr Hilfesuchende, rauerer Ton

Wohnungslosigkeit in Bayern: mehr Hilfesuchende, rauerer Ton

Das Problem Wohnungs- und Obdachlosigkeit greift massiv um sich. Viele Beratungsstellen, auch im Freistaat, schlagen Alarm: Die Zahlen steigen kontinuierlich. Die Bundesregierung will gegensteuern. Doch was sagen Berater vor Ort, etwa in Würzburg?

Über dieses Thema berichtet: Tagesgespräch am .

Der Bedarf ist groß: Schon seit Jahren steigt die Zahl der wohnungslosen Menschen. Lange Zeit war Wohnungslosigkeit ein Problem der Großstadt. Inzwischen ist es auch auf dem Land angekommen. Laut einer Studie des Pestel-Instituts aus dem Jahr 2023 fehlen mehr als 700.000 Wohnungen in Deutschland. Im Bereich Sozialwohnungen gibt es laut Sozialverband VdK 2023 sogar ein Defizit von fünf Millionen Wohnungen für Haushalte mit geringen Einkommen. Immer häufiger führen Eigenbedarfskündigungen teils auch ältere Menschen in die Obdachlosigkeit.

Auch die Wohnungslosenhilfe in Bayern sieht sich mit steigender Nachfrage konfrontiert. "Wir sehen nackte Not", sagt Michael Thiergärtner von der Würzburger Christophorus-Gesellschaft laut einer Mitteilung. Laut der Koordinationsstelle der Wohnungslosenhilfe Südbayern hat sich die Zahl der wohnungslosen Menschen in Bayern seit 2014 beinahe verdreifacht.

Als wohnungslos werden Menschen bezeichnet, die keine eigene Wohnung besitzen oder mieten - dazu zählen auch solche, die beispielsweise bei Freunden untergekommen sind. Als obdachlos gelten Menschen, die keinen festen Wohnsitz und keine Unterkunft haben und daher meist im öffentlichen Raum übernachten.

Gewalt gegen wohnungs- und obdachlose Menschen

Mehr Wohnraum und eine sozialere Wohnungspolitik hatte vor Wochen bereits auch die Diakonie Bayern gefordert. Auf BR-Anfrage verwies der Sozialverband auf die hohe Zahl der Wohnungslosen in Bayern: Die im vergangenen Jahr veröffentlichten Zahlen des Statistischen Bundesamts zeigen, dass sich die Anzahl wohnungsloser Menschen in Bayern verdoppelt hat (2023: 32.380; 2022: 17.910). Dadurch würden auch mehr wohnungslose Menschen im Alltag gefährdet sein und könnten leichter Opfer von Gewalt werden – auch von Gewalt, die rechtsextrem motiviert ist.

Über Gewalt gegen Obdachlose gibt es keine genaue Statistik. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe versucht trotz dünner Faktenlage anhand von Presseberichten Fälle bundesweit zu dokumentieren. Seit Beginn der Erfassung (1989) wurden mehr als 2.400 nicht-tödliche und 639 tödliche Gewalttaten erfasst (Stand: 31.12.2023). Laut der BAG Wohnungshilfe entspricht das im Schnitt 18 tödlichen Übergriffen pro Jahr.

Kapazitätsgrenze erreicht, Umgangston wird rauer

So bräuchte es mehr Schutzräume, mehr Übernachtungsmöglichkeiten. Doch die Kurzzeitübernachtung (KZÜ) sei an der Kapazitätsgrenze, berichtet Thiergärtner von der Christophorus-Gesellschaft. Die Menschen hätten kein soziales Netz. Die meisten seien suchtkrank.

Auch wird der Umgangston rauer. Die Dauerkrise mache nicht nur verzweifelt, sondern auch gereizt, so Thiergärtner. In Beratungsgesprächen fielen häufiger böse Bemerkungen. Psychische Krankheiten verschärften sich. Das führe dazu, dass Männer, die zum Übernachten kämen, weitaus unberechenbarer seien als noch vor zehn Jahren.

Ein weiterer Punkt: dass verstärkt Migranten die Hilfen aufsuchen. "Zunehmend klopfen Menschen an, die ihr Geburtsland vor knapp zehn Jahren verlassen haben", sagt Thiergärtner. Sie versuchten nach dem Asylverfahren, sich auf dem Arbeitsmarkt zu integrieren und eine Wohnung zu bekommen – und scheiterten. 

Bundesregierung mit Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit

"Auch wir nehmen einen verstärkten Hilfebedarf wahr", bestätigt der Bayerische Landesverband der Caritas. Sowohl in Hinblick auf die finanzielle Notlage als auch mit Blick auf die psychische Belastung der betreuten Menschen. Ein grundsätzlich rauerer beziehungsweise aggressiverer Umgangston sei aber bisher nicht festzustellen.

Doch wie sollen die Probleme gelöst werden? Die Bundesregierung hat im April mit einem Aktionsplan zugesagt, wohnungslosen Menschen bis 2030 angemessenen und bezahlbaren Wohnraum anzubieten. Um wirksame Lösungen für Wohnungs- und Obdachlose zu finden, sollen die Handlungsmöglichkeiten von Bund, Ländern und Gemeinden gebündelt werden. So soll etwa der Zugang zu bezahlbarem Wohnraum erleichtert und die Beratungs- und Präventionsarbeit ausgebaut werden.

Mit Informationen von dpa

Im Audio: Tagesgespräch - Kümmert Sie das Schicksal von Obdachlosen? (12.06.24)

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