Am letzten Nachmittag vor der Teilschließung herrschte oben über der Stadt auf dem Festungsberg noch reger Betrieb. Vor der Kernburg, dem hinteren Teil des Würzburger Wahrzeichens, standen zwar schon die Absperrzäune bereit. Doch der Zugang über die Brücke und das Scherenburgtor hinein in die Kernburg mit innerem Burghof, Marienkapelle, Bergfried und Fürstengarten war noch für alle geöffnet. Viele – vor allem Touristen – waren nur zufällig hier und ahnten gar nicht, dass sie damit ausgerechnet am letzten möglichen Tag für lange Zeit in der Kernburg waren, wie sich bei einer BR24-Umfrage zeigte. Andere sind ganz bewusst nochmal gekommen, bevor sich der Bauzaun vor dem hinteren Festungsteil am Mittwoch endgültig geschlossen hat. Für den Publikumsverkehr wird die Kernburg nun für mindestens neun Jahre weitestgehend gesperrt bleiben.
Museum für Franken zieht nach Umbau in Kernburg um
Wenn alles nach Plan läuft, soll das Museum für Franken dann 2032 in der Kernburg in ganz neuen Ausstellungsräumen eröffnet werden – barrierefrei, mit angegliedertem Museumscafé und vor allem mit neuem Konzept. Seit der Freistaat Bayern das ehemalige Mainfränkische Museum vor sechs Jahren übernommen und damit zum Staatsmuseum gemacht hat, soll es hier inhaltlich um ganz Franken statt nur um Mainfranken gehen. Bis 2030 soll der Umbau der Kernburg so weit fortgeschritten sein, dass das Museum umziehen und zwei Jahre später wiedereröffnen kann.
Museum und andere Festungsteile weiterhin geöffnet
So lange müssen Besucherinnen und Besucher nicht warten, bis sie wieder ins Museum und die Festung kommen können. Der Weg hoch zur Festung lohnt sich für sie auch während der Schließung der Kernburg, denn die vorderen Bereiche der Burg sind weiterhin ganz normal geöffnet. So auch das Museum für Franken ganz vorne im Greiffenclauhof. Mit Dauer- und Sonderausstellungen sowie Aktionen wie einer digitalen Schnitzeljagd will es auch während des Umbaus Interessierte anlocken. Und auch der zweite Hof, der sogenannte Echterhof, und die Aussichtspunkte um die Burg herum bleiben weiterhin zugänglich. Der bisher nur selten zugängliche Maschikuliturm soll nun sogar öfter als bisher öffnen. Und auch Burgführungen gibt es außerhalb der Kernburg weiterhin.
300 Millionen Euro für Sanierung veranschlagt
Bis dann auch die Kernburg wieder geöffnet sein wird, sind viele Herausforderungen zu meistern. Für die Bayerischen Schlösserverwaltung ist die Sanierung der Festung eine Mammutaufgabe: "Schonmal vom Betrag her gesehen, der veranschlagt ist, es geht hier um 300 Millionen", erzählt Daniel Stein, der Würzburger Vorstand der Schloss- und Gartenverwaltung, im BR-Gespräch. "Es ist voraussichtlich die größte Baumaßnahme, die die Schlösserverwaltung in Bayern jemals gestemmt hat. Wenn man bedenkt, dass es Dutzende von Schlössern gibt und Burgen, dann sieht man mal die Dimension", so Stein weiter.
Erste vorbereitende Baumaßnahmen sind schon fertig. Der nächste Bauabschnitt in der Kernburg ist sehr umfangreich und langwierig. Schon alleine herauszufinden, welcher Putz am besten zu Festung und Entstehungszeit passt, erfordert viel Geduld. Der Denkmalschutz müsse beachtet werden, während die Bausubstanz pfleglich behandelt werden müsse, erklärt Daniel Stein. "Die Festung selbst ist ja eine sehr alte Anlage, die über mehr als 1.000 Jahre immer wieder um- und angebaut worden ist", sagt er und wäre zumindest nicht überrascht über Verzögerungen bei der Sanierung.
Museums-Umzug beginnt im Prinzip jetzt schon
Auch im Museum für Franken macht man sich auf eine lange Umbauzeit gefasst. Und: Auch wenn der Museumsbetrieb vordergründig ganz normal weiterläuft, haben die Umzugs-Vorbereitungen im Prinzip jetzt schon begonnen, erklärt Jörg Meißner, Leiter des Museums für Franken: "Wir sind jetzt schon dabei, sozusagen vorsorglich bestimmte Maßnahmen in die Wege zu leiten und umzusetzen, die uns eigentlich über die nächsten zehn, zwölf Jahre begleiten werden."
Erste Objekte würden bereits jetzt in Depots gebracht und dafür sicher verpackt. "Das geht natürlich nur unter konservatorisch gesicherten Verhältnissen", so Meißner gegenüber BR24. Schließlich sollen die Ausstellungsstücke ja dann bei der Eröffnung wieder intakt präsentiert werden. Im Zuge der konzeptionellen Neuausrichtung muss sich das Museum aber auch von einigen Objekten trennen. Vor kurzem seien beispielsweise große Weinkelter an ihre Leihgeber zurückgegeben worden.
Schlösserverwaltung: Führungen in die Kernburg möglich?
Die Vorbereitungen in der Kernburg fallen mehr ins Auge als die im Museum: Über die kleine Steinbrücke ist am Tag vor der Schließung schon der erste Radlader lärmend in den Bereich gefahren. Ab jetzt wird hier hinter den verschlossenen Bauzäunen gearbeitet. In der ersten Bauphase sollen der Westflügel, der Hofstuben- und der Bibliotheksbau für das neue Museumsdepot, die Museumsverwaltung, einen Vortragssaal sowie ein neues Museumscafé umgebaut werden. Außerdem erfolgen auch Arbeiten an den Dächern und Fassaden, der Hoffläche des inneren Burghofs, den Burgmauern mit ihren Türmchen und am Brunnenhaus sowie dem Fürstengarten mit seinem beeindruckenden Ausblick auf die Stadt.
Nach Abschluss dieser Bauphase kann die zweite Phase mit der Sanierung und dem Umbau des Fürstenbaus und der Schottenflanke beginnen, wo dann später das Museum einziehen soll. Mit ein bisschen Glück können Besucherinnen und Besucher vielleicht sogar doch auch während des langen Umbaus ab und zu einen Blick in die Kernburg werfen: Sofern es der Baustellenbetrieb zulässt, soll es nämlich sogar Führungen in die Kernburg geben, so Daniel Stein von der Schlösserverwaltung. Versprechen könne man da aber jetzt noch nichts.
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