Der Tag auf dem Hof Steber beginnt um sechs Uhr in der Früh. Dann warten besonders die jungen Kälber auf ihre warme Milch. Wenn diese nicht pünktlich da ist, gibt es Gemecker und Geschrei. Landwirt Georg Steber, der den Milchbetrieb in Finning (Landkreis Landsberg am Lech) mit seiner Frau Steffi betreibt, spürt die Zeitumstellung besonders im Stall: "Die Kälber sind ein bissel wie ein Wecker. Die wollen, dass man ihnen die Milch zur gewohnten Zeit bringt." Doch nicht nur bei den Tieren, sondern auch bei den Menschen gerät die innere Uhr bei der Zeitumstellung aus dem Takt.
Warum die innere Uhr durcheinanderkommt
Um mit der Zeitumstellung gut umzugehen, lohnt es sich zu verstehen, warum das Drehen an der Uhr bei vielen den Rhythmus durcheinanderbringt. Manuel Spitschan ist Professor für Chronobiologie und Gesundheit an der Technischen Universität München und unterscheidet drei Faktoren, die bei der Zeitumstellung wichtig sind. Die Umweltzeit werde durch die Erdrotation und das damit verbundene Tageslicht bestimmt.
Die gesellschaftliche Zeit orientiert sich unter anderem an Arbeitszeiten und sozialen Vorgaben und die innere Uhr synchronisiert schließlich körperliche Abläufe mit der Umwelt. "Durch die Zeitumstellung gerät die innere Uhr vorübergehend aus dem Takt mit der gesellschaftlichen Zeit, während das Tageslicht als natürlicher Reiz für die Synchronisierung fehlt", erklärt Spitschan. Während es am Anfang leichte Anpassungsschwierigkeiten geben könne, würde sich die innere Uhr dann relativ schnell an die geänderten Umgebungsbedingungen angleichen, so Spitschan.
MEZ: Weniger belastend als die Sommerzeit
Auch wenn die Zeitumstellung für viele anstrengend ist, ist der Übergang von der Sommer - auf die mitteleuropäische Zeit (MEZ) - weniger belastend als umgekehrt. "Untersuchungen belegen, dass die meisten Menschen in dieser Zeit etwas mehr schlafen, was das Wohlbefinden und die kognitive Leistungsfähigkeit kurzfristig verbessern kann", sagt Chronobiologe Spitschan. Durch die frühen, hellen Stunden steige außerdem morgens das Energielevel und durch die frühe Dunkelheit werde man durch den Ausstoß von dem Schlafhormon Melatonin früher müde. Das wirkt sich positiv auf den Biorhythmus aus. Aber künstliches Licht kann diesen Effekt stören: Laut Spitschan wird dadurch der Melatonin-Ausstoß unterdrückt, was sich dann negativ auf den Schlafrhythmus auswirken kann.
Wie man die besten mit der Zeitumstellung umgeht
Um die Umweltzeit mit der inneren Uhr am besten zu synchronisieren, empfiehlt der Chronobiologe Manuel Spitschan, am Abend das künstliche Licht zu minimieren – also zum Beispiel das Handylicht und die Raumbeleuchtung. Auch Abendroutinen wie Atemübungen, ein warmes Bad und ein beruhigender Tee helfen, besser zur Ruhe zu kommen.
Der Zeit-Experte, Autor und Coach Jonas Geißler rät dazu, die innere Uhr am besten bei Tageslicht zu synchronisieren – und die Zeit einfach mal verstreichen lassen. "Man ist in Kontakt mit seinem Körper, geht zum Beispiel spazieren, vielleicht wandern, verbringt die Zeit mit Freunden oder spielt mit seinen Kindern", sagt Geißler. "Also das, was einem guttut und was man tut, wenn man nicht auf die Uhr schaut: Nämlich die Zeit genießen."
Auf die innere Uhr hören
Auf dem Steber-Hof können sich zumindest die erwachsenen Milchkühe nach ihrer inneren Uhr richten. Bei ihnen sind die Fütterungs- und Melkzeiten mittlerweile automatisiert, sodass sie fressen, wenn sie Hunger haben und auch selbstständig zum Melken gehen. Ihnen ist die Zeitumstellung egal, weil sie sich nach ihrem natürlichen Rhythmus richten können.
Im gesellschaftlichen, durchgetakteten Alltag ist das weniger einfach. Zeit-Experte Jonas Geißler rät, die Zeitumstellung auch zum Anlass zu nehmen, bewusst über sie nachzudenken: "Die Zeit können wir nicht umstellen. Wir können die Zeit auch nicht sparen. Wir können sie nicht managen, sie können sich auch nicht in den Griff kriegen. Wir können sie auch nicht totschlagen", so Geißler. "Wir können mit der Zeit nur eine Sache machen, und das ist sie leben."
Im Video: BR24live zur Zeitumstellung: Was macht sie mit dem Körper? Wie wirkt sie sich auf Tiere aus und was sagt die EU dazu?
Dieser Artikel ist erstmals am 24. Oktober 2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.
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