Bewaffneter Mann und im Hintergrund Frauen.
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Vor zwei Jahren übernahmen die Taliban die Macht in Afghanistan. Seitdem hat sich die Situation für Mädchen und Frauen massiv verschlechtert.

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Zwei Jahre Taliban: Situation für Frauen immer schlechter

Zwei Jahre Taliban: Situation für Frauen immer schlechter

Zainab Amarkhail ist seit Anfang des Jahres in Deutschland. Geflohen ist sie vor den Taliban. In Afghanistan hatte sie als Juristin Angst um ihr Leben. Mittlerweile lebt die junge Frau in Eichstätt und möchte sich hier eine Zukunft aufbauen.

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Die schrecklichen Bilder vom Kabuler Flughafen sind bei vielen noch präsent. Tausende verzweifelte Menschen wollten das Land verlassen. Teilweise versuchten sie, sich an Flugzeuge zu hängen. So groß war ihre Angst vor den Taliban, die die Macht in Afghanistan wieder übernommen hatten. Das ist nun zwei Jahre her. Seitdem hat sich die Lage im Land massiv verschlechtert. Vor allem Mädchen und Frauen haben kaum noch Rechte. Noch immer wollen viele ins Ausland. Auch nach Deutschland. Seit einigen Monaten lebt eine junge Afghanin, Zainab Amarkhail, im oberbayerischen Eichstätt und will sich in Deutschland eine Zukunft aufbauen.

"Angst um mein Leben"

Sie ist schmal, trägt schwarze Jeans und ein T-Shirt. Dazu einen beigefarbenen Blazer. Die schwarzen Haare hat sie zu einem Pferdeschwanz gebunden. Über den Iran, die Türkei und Ungarn ist die 24-Jährige nach Deutschland gekommen – ganz alleine. Ihre Eltern, bei denen sie bis dahin lebte, sind noch in Afghanistan. Wenn sie von ihnen spricht, hat sie Tränen in den Augen: "Ich bin nichts ohne meinen Vater und Mutter. Sie haben mich immer unterstützt. Und jetzt leben sie in großer Angst. Momentan können sie das Land nicht verlassen. Aber ich sage meinem Vater immer: Eines Tages sind wir wieder zusammen."

Für Zainab wurde die Lage vor Ort immer schwieriger. Denn vor der Machtübernahme arbeitete die junge Frau als Juristin für die damalige Regierung. Deshalb entschied sie sich zu fliehen. "Die Taliban durchsuchten mein Haus. Sie fanden meinen Ausweis und dass ich für die Regierung gearbeitet habe. Wir alle hatten große Angst und ich bin mir sicher, wenn sie mich gefunden hätten, hätten sie mich getötet."

Mädchen und Frauen haben kaum noch Rechte

Mit der Machtübernahme durch die Taliban hörte sie auf zu arbeiten. "Wir haben mit unserem Leben aufgehört", meint Zainab. Früher ging sie zur Arbeit, verdiente Geld, traf sich mit Freunden in Restaurants, machte Sport. Damit sei es vorbei, bestätigt Alema Alema von Pro Asyl. Die promovierte Beraterin stammt selbst ebenfalls aus Afghanistan und schätzt die Situation als sehr schwierig ein. "Unterdrückung, Terror und Gewalt bestimmen das Leben der Menschen in Afghanistan - insbesondere das Leben von Mädchen und Frauen", berichtet sie.

In den vergangenen zwei Jahren habe es 51 Verordnungen, Dekrete und Richtlinien gegeben, die die Rechte von Frauen und Mädchen massiv einschränkten. "Beispielsweise dürfen sie nur bis zur sechsten Klasse die Schule besuchen." Eine weitere Bildung sei nicht möglich. Auch die wirtschaftliche Situation werde zunehmend schlechter. Ohne männliche Begleitung dürfen Frauen das Haus nicht verlassen, teilweise nicht mal, um einkaufen zu gehen. Auch die Schönheitssalons mussten schließen - laut Pro Asyl seien dort rund 60.000 Frauen beschäftigt gewesen und hätten damit ihren Lebensunterhalt verdient. Alema Alema fordert, das Taliban-Regiment massiv zu sanktionieren, um Veränderungen zu erreichen.

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Zainab Amarkhail im Gespräch mit Angela Müller von der Flüchtlingsberatung der Caritas.

Hilfe von der Caritas

Laut bayerischem Innenministerium leben derzeit knapp 18.000 afghanische Menschen in bayerischen Asylunterkünften. Außerdem fast 5.000 Ortskräfte und besonders gefährdete Afghanen. Sie müssen in Deutschland ganz von vorn anfangen. Dabei brauchen sie Unterstützung. In Eichstätt bekommt Zainab Hilfe von der Caritas. Angela Müller hilft bei den ersten organisatorischen Schritten. Bildung spiele für die allermeisten Afghaninnen eine ganz wichtige Rolle, berichtet sie. Dafür wollen sie möglichst schnell und möglichst gut Deutsch lernen.

Viele Frauen erzählten ihr, dass je nach familiärer Entscheidung Mädchen und junge Frauen einen guten Zugang zur Bildung in Afghanistan hatten. Gesellschaftlich und rechtlich war das erlaubt. "Die Entwicklungen seien für sie bis 2021 sehr positiv gewesen - das höre ich immer wieder", erzählt Angela Müller. Umso schlimmer war für sie der Machtwechsel 2021. "Wir können versuchen, ihnen die ersten Schritte hier zu erleichtern. Das Schwierige ist eigentlich, auszuhalten, für die Angehörigen in Afghanistan, vor allem für die gefährdeten Mädchen und Frauen nichts tun zu können", meint Angela Müller.

Neues Leben in Deutschland

Zainab will vor allem Deutsch lernen und dann weiterstudieren, eine eigene Wohnung finden. Sie weiß, dass ihr Weg in dem neuen Land nicht leicht werden wird. Doch sie ist optimistisch: "Ich sehe mein Leben in Deutschland so glänzend. Weil Frauen und Männer gleich sind. Alle sind gleich. Für mich ist das unglaublich gut. Ich habe ganz viele Träume für meine Zukunft."

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