Eine Ampel vor der Kuppel des Reichstagsgebäudes in Berlin leuchtet in einer Langzeitbelichtung in allen drei Phasen.
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Ampel-Verhandlungen: Wo die Gemeinsamkeiten liegen

Ampel-Verhandlungen: Wo die Gemeinsamkeiten liegen

Beim Thema "Koalitionsverhandlungen" ist oft von Knackpunkten die Rede. Dabei haben SPD, Grüne und FDP einige Gemeinsamkeiten gefunden. In der Gesellschaftspolitik planen die drei Parteien Neuerungen, die den Alltag von Millionen verändern könnten.

Kapitel 8 des Sondierungspapiers von SPD, Grünen und FDP hat es in sich. Streit gibt es darum aber kaum. Es geht auch nicht ums große Geld. Aber die zwölf Absätze haben für Grünen-Chef Robert Habeck das Zeug, ein Feuer zu entfachen. Die gesellschaftliche Modernisierung ist für ihn der "Glutkern" des sich abzeichnenden Ampel-Bündnisses.

Zu dieser Modernisierung zählt zum Beispiel das Abstammungsrecht. Schwule und lesbische Paare sollen die gleichen Rechte bekommen wie Ehen zwischen Mann und Frau. Das ist vor allem für Adoptionen wichtig. Für Grünen-Politikerin Claudia Roth geht es darum, die Gesetze der "Realität einer bunten, einer queeren, einer vielfältigen Gesellschaft" anzupassen.

Symbole für gesellschaftlichen Wandel

So sind sich die drei Ampel-Partner auch einig, das Transsexuellengesetz zu überarbeiten. Transpersonen könnten dann einfacher ihren Namen und ihren Geschlechtseintrag ändern lassen. Die bisherigen psychologischen Gutachten empfinden viele als entwürdigend.

Mitglieder des Verhandlungsteams weisen darauf hin, dass es dabei nicht nur um die schätzungsweise bis zu 100.000 Transpersonen in Deutschland geht, sondern um ein Symbol für die Gesellschaft insgesamt.

Cannabis-Legalisierung wahrscheinlich

Nicht im Sondierungspapier erwähnt, aber unter den Verhandlungspartnern weitgehend unstrittig: Cannabis soll legalisiert werden und der Paragraf 219a abgeschafft werden. Er verbietet die Werbung für Schwangerschaftsabbrüche.

FDP-Chef Christian Lindner verspricht außerdem, die Fragen des Einwanderungslandes Deutschland würden mit einer Ampel gelöst. SPD, Grüne und FDP wollen unter anderem das Staatsangehörigkeitsrecht ändern.

Schnellere Einbürgerung, Doppelpass, Einwanderung nach Punkten

Im vergangenen Jahr wurden knapp 110.000 Menschen in Deutschland eingebürgert. Bisher müssen Menschen normalerweise acht Jahre hier leben, bevor sie einen deutschen Pass bekommen. Die Ampel-Parteien wollen diese Frist verkürzen. Alle drei sprechen sich für die Mehrstaatigkeit aus – den sogenannten Doppelpass.

Das bestehende Fachkräfteeinwanderungsgesetz soll praktikabler gehandhabt werden. Um qualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland zu gewinnen, soll ein Punktesystem kommen. Die Wirtschaft fordert das schon seit Jahren. Der Wechsel aus dem Asylverfahren in die Einwanderung soll nach dem Willen der Ampel-Partner einfacher werden.

Wählen mit 16 und Demokratieförderung

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil hofft außerdem, beim Wahlalter von 16 Jahren und dem Kampf gegen Rechts voranzukommen. Vereine und Initiativen, die gegen Extremismus und Diskriminierungen eintreten, könnten unter einer Ampel-Regierung auf eine dauerhafte Finanzierung bauen - und nicht wie bisher zeitlich befristet. Es wäre ein Beitrag, um einer gesellschaftlichen Spaltung entgegenzuwirken.

Sinkt das Wahlalter auf 16 Jahre, könnten etwa 1,5 Millionen Menschen mehr bei Bundestagswahlen abstimmen. Juso-Chefin Jessica Rosenthal macht deshalb im gesellschaftspolitischen Teil des Sondierungspapiers eine "Aufbruchsstimmung" aus.

Um das Wahlalter auf 16 zu senken, müsste allerdings das Grundgesetz geändert werden. Ohne die Union ist das nicht zu machen. Denn dafür ist eine Zweidrittelmehrheit nötig.

Umbau der Sicherheitsbehörden

Viele der Ampel-Projekte müssen in den anstehenden Koalitionsverhandlungen noch ausbuchstabiert werden. FDP-Generalsekretär Volker Wissing gibt sich zuversichtlich, dass alles zeitnah und zügig geklärt werden kann. So sei zumindest der Plan.

Die Pläne umzusetzen, dürfte dann aber dauern. SPD, Grüne und FDP wollen beispielsweise auch die Regeln für Polizei, Sicherheitsbehörden und Geheimdienste überprüfen und neu ordnen. Eine Mammutaufgabe für Jahre – und vermutlich alles andere als zeitnah und zügig.

  • Zum Artikel "Straffer Zeitplan - Neuer Kanzler schon in zweiter Dezemberwoche?"

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