Liz Truss
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Britische Wendemanöver: Truss kassiert geplante Steuersenkungen

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Britische Wendemanöver: Truss kassiert geplante Steuersenkungen

Britische Wendemanöver: Truss kassiert geplante Steuersenkungen

Großbritannien kommt politisch nicht zur Ruhe. Erst hat Premierministerin Truss heute Finanzminister Kwarteng entlassen und durch Jeremy Hunt ersetzt. Nun hat sie auch ihre erst kürzlich angekündigten Steuersenkungen teilweise wieder zurückgenommen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Die britische Premierministerin Liz Truss hat nach dem Rauswurf ihres Finanzministers ihre erst kürzlich angekündigte Steuersenkungen teilweise wieder zurückgenommen. Es sei klar, dass Teile ihres sogenannten Mini-Budgets "weitergehend und schneller" waren, als die Märkte erwartet hatten, sagte Truss bei einer Pressekonferenz in London am Freitag. "Wir müssen jetzt handeln, um die Märkte von unserer fiskalen Disziplin zu überzeugen", so Truss weiter. Die Ankündigung massiver Steuersenkungen hatte zuvor zu Verwerfungen an den Finanzmärkten geführt.

Die Unternehmensteuer solle nun - wie von der Vorgängerregierung vorgesehen - doch erhöht werden, sagte Truss. An anderen Steuererleichterungen wollte sie zunächst festhalten.

Turbulenzen in Politik und auf Finanzmärkten

Der heutige Freitag war ein turbulenter Tag für Großbritannien. Erst musste der britische Finanzminister Kwasi Kwarteng nach nur 38 Tagen im Amt zurücktreten. Er habe dies getan, nachdem Premierministerin Liz Truss ihn dazu aufgefordert habe, erklärte Kwarteng. "Sie haben mich aufgefordert, als ihr Finanzminister zurückzutreten. Ich habe akzeptiert." Er werde Truss und seinen Nachfolger unterstützen. Die Vorstellungen von Truss seien die richtigen, schrieb er auf Twitter.

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Gesundheitspolitiker Hunt wird Finanzminister

Kurze Zeit später gab Downing Street bereits die Ernennung des früheren Außen- und Gesundheitsministers Jeremy Hunt zum neuen Finanzminister bekannt. Er wird damit der vierte britische Finanzminister innerhalb eines Jahres. Der bisherige Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im britischen Parlament hatte sich im Sommer selbst um die Spitze der konservativen Partei beworben, war aber nach wenigen Wahlgängen gescheitert. Während der Pandemie war der 55-Jährige einer der schärfsten Kritiker der Regierung.

Liz Truss steht unter großem politischen Druck

Hintergrund der Personalrochade sind die heftigen Reaktionen der Finanzmärkte auf die Ende September ohne Pläne zur Gegenfinanzierung angekündigten Steuersenkungen. Das Pfund fuhr im Verhältnis zum US-Dollar in den Keller. Die Bank of England musste mehrmals intervenieren und Staatsanleihen kaufen, um deren Preisverfall aufzuhalten und den Kollaps von Pensionsfonds zu verhindern. Steigende Zinsen für Immobilienkredite verschärften für viele Hausbesitzer die Krise.

Ist Kwarteng der Sündenbock?

Kwarteng hatte am Donnerstag noch zurückgewiesen, dass die Regierung eine Kehrtwende vollziehen könnte. In einem Interview mit dem "Daily Telegraph" zeigte er sich schließlich weniger entschlossen.

Kwartengs Rücktritt ereignet sich auch vor dem Hintergrund von Gerüchten, führende Konservative planten bereits, Truss als Parteichefin durch ihre zwei ärgsten Rivalen im Rennen um den Parteivorsitz im Sommer zu ersetzen, Rishi Sunak und Penny Mordaunt. Die schwer angeschlagene britische Premierministerin kämpft um ihr eigenes politisches Überleben. Deshalb könnte sich die Lage für Truss womöglich trotz der Entlassung Kwartengs nicht entspannen. Der Sender Sky News zitierte bereits ein früheres Kabinettsmitglied der Konservativen mit der Forderung, Truss müsse ebenfalls gehen. "Sie ist genauso schuldig wie Kwasi Kwarteng", sagte der Tory. Dass Truss ihren Schatzkanzler opfere, reiche nicht aus.

Truss lehnt Rücktritt ab

Truss selbst schließt derzeit einen Rücktritt aus. Sie habe entschieden gehandelt und damit sichergestellt, dass das Land eine finanzielle Stabilität besitze, sagte sie, sie werde immer im nationalen Interesse agieren. "Wir werden diesen Sturm überwinden."

Die Regierungschefin beharrte darauf, dass ihre Politik niedrigerer Steuern und hoher Investitionsanreize grundsätzlich richtig sei. Lediglich der Markt, den die Entscheidungen, die Steuern deutlich zu senken, irritiert hätten, sei der Grund, warum sie eine Kehrtwende einlege, sagte Truss. "Ich bin fest entschlossen, das zu halten, was ich versprochen habe."

Mit Material von AP, Reuters und dpa

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