13.03.2025, Berlin: Friedrich Merz, Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, spricht in der 213. Plenarsitzung der 20. Legislaturperiode im Deutschen Bundestag.
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Bernd von Jutrczenka
Videobeitrag

Bundestag - Sondersitzung zur Grundgesetzänderung

Videobeitrag
>

Der Ungeschickte – Friedrich Merz auf Kanzlerschlingerkurs

Der Ungeschickte – Friedrich Merz auf Kanzlerschlingerkurs

Union und SPD wollen die Schuldenbremse reformieren, um danach zusammen regieren zu können. Dafür brauchen sie im Bundestag aber die Stimmen der Grünen. Dass Friedrich Merz nicht der geborene Dealmaker ist, kommt erschwerend hinzu. Eine Analyse.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Der giftigste Ratschlag an den möglichen Kanzler kommt von AfD-Chefin Alice Weidel: "Herr Merz, erweisen Sie Ihrem Land einen großen Dienst, geben Sie es auf, Kanzler werden zu wollen, Sie können es nicht, weil Sie keine Prinzipien haben und keine Werte." Die Breitseite ist der letzte Satz in einer beispiellosen Abrechnung mit Friedrich Merz.

Wer ist dieser Friedrich Merz? - fragt Christian Lindner

Auch die FDP, bis vor der Wahl noch ein potenzieller Koalitionspartner der Union, lässt kein gutes Haar an Merz. FDP-Chef Christian Lindner etwa, der einst Merz zu seiner Hochzeit auf Sylt eingeladen hatte, will ihn gar nicht mehr wiedererkennen: "Wer sind Sie und was haben Sie mit Friedrich Merz gemacht?". Die Merz-Union habe nicht einmal zwei Wochen durchgehalten, Merz habe seine Überzeugung, eben keine Schulden zu machen, für seine Ämter geopfert.

Merz sagt, er habe eine Reform der Schuldenbremse nie kategorisch ausgeschlossen, die Weltlage sei dramatisch zugespitzt, daher müsse man handeln, es dulde keinen Aufschub. Nun aber braucht Merz für die Reform der Schuldenbremse die Grünen, und das wird nicht leicht. Merz bietet zwar ein Entgegenkommen an, 50 Milliarden aus dem Sondervermögen in den "Klima- und Transformationsfonds" (KTF) etwa, aber das reicht nicht. Dass er sich dazu hinreißen lässt, den Grünen entgegenzurufen "Was wollen Sie denn noch?", macht die Sache nicht einfacher.

Merz und die Grünen – wenig Liebe, viel Misstrauen

Die Lage ist bereits vor der Debatte maximal verfahren. Dass Friedrich Merz Fraktionschefin Britta Haßelmann (Grüne) auf dem Anrufbeantworter ihres Handys angeboten hatte, Klimaschutz in die Präambel seines Gesetzesentwurfes zu nehmen, war den Grünen sauer aufgestoßen. Und dass Merz erst während der Debatte auf die Wünsche der Grünen eingeht und ihnen quasi im Parlament die Änderungen unterbreitet, kommt ebenfalls sehr schlecht an. Zitat aus der SPD, die sich das Schauspiel Grüne versus Merz genüsslich anschaut: "Merz ist zu ungeschickt."

Das ungeschickte Werben um die Grünen spießt Katharina Dröge, Co-Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, in einer beifallumrauschten Rede auf. Sie fordert, dass das 500-Milliarden-Sondervermögen "zusätzlich" zum Haushalt kommen und im Gesetz stehen muss – auf das Wort von Merz will sie sich nicht verlassen. Nahezu totenstill wird es, als Dröge Merz vorhält, dass er vor der Bundestagswahl mehr Investitionen mit Grünen und SPD hätte haben können, das aber abgelehnt habe. "Warum haben Sie nicht früher gehandelt?", schleudert Dröge Merz entgegen und fragt dann rhetorisch: "Alles nur aus Parteitaktik, Herr Merz?".

Wenig Unterstützung aus der SPD

Von der SPD, immerhin dem künftigen möglichen Koalitionspartner einer schwarz-roten Regierung, bekommt Merz nur wenig Rückhalt. Zwar verweist der neue Fraktionschef Lars Klingbeil (SPD) darauf, dass man sehr schnell Beschlüsse brauche, angesichts der großen Krisen, aber eben auch nicht nur in puncto Verteidigung und Sicherheit. Die Sozialdemokraten beharren weiterhin darauf, dass über die großen Summen für Verteidigung und Infrastruktur nur im Paket abgestimmt werden dürfe, und zwar in dieser Legislaturperiode. In der kommenden sind die Mehrheitsverhältnisse so verändert, dass Union und SPD mit den Grünen zusammen keine Zweidrittelmehrheit haben und eine Reform der Schuldenbremse nur mit den Stimmen der Linken oder der AfD zu machen wäre.

CSU wirbt um Zustimmung der politischen Mitte

Anders als sonst verkneift sich CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt in seiner Rede jeglichen Seitenhieb gegen die Grünen. Man werbe "um die Zustimmung in der Mitte des Parlaments", das Wort "Grüne" kommt nicht einmal in diesem Zusammenhang explizit vor. Dass es beim Werben um die notwendige Grünen-Zustimmung noch sehr viel mehr an Engagement und vor allem an Fingerspitzengefühl bedarf, dürfte dem möglichen künftigen Kanzler Merz nach dieser Debatte mehr als schmerzlich bewusst geworden sein.

Im Video: Söder appelliert an die Grünen

CSU-Chef Markus Söder hat zum Auftakt der Koalitionsverhandlungen für eine Einigung im Streit um das milliardenschwere Finanzpaket geworben.
Bildrechte: BR 2025
Videobeitrag

CSU-Chef Markus Söder hat zum Auftakt der Koalitionsverhandlungen für eine Einigung im Streit um das milliardenschwere Finanzpaket geworben.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht's zur Anmeldung!