Nach der Ankündigung einer "Pause" im weltweiten Handelsstreit durch US-Präsident Donald Trump hat die EU-Kommission ihre Gegenzölle im Umfang von 20,9 Milliarden Euro auf US-Produkte vorerst ausgesetzt. Die erst am Mittwoch von den EU-Ländern abgesegneten Vergeltungszölle würden "für 90 Tage auf Eis gelegt", erklärte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im Onlinedienst X.
Von der Leyen: "Wollen Verhandlungen eine Chance geben"
"Wir haben die Ankündigung von Präsident Trump zur Kenntnis genommen. Wir wollen Verhandlungen eine Chance geben", schrieb von der Leyen. "Wenn die Verhandlungen nicht zufriedenstellend verlaufen, werden unsere Gegenmaßnahmen in Kraft treten", fügte die Kommissionspräsidentin hinzu.
Zudem liefen die Vorbereitungen für Gegenmaßnahmen weiter. Auch nach der vorläufigen Aussetzung der Maßnahmen lägen weiterhin "alle Optionen auf dem Tisch", so von der Leyen. Gemeint sind damit Gegenzölle zwischen 10 und 25 Prozent, auf die sich die EU-Staaten als Reaktion auf die von US-Präsident Donald Trump angeordneten Zölle geeinigt hatten.
Trump setzt Strafzölle vorerst aus – nur für China nicht
Trump war mit seiner Ankündigung im internationalen Handelskonflikt zurückgerudert: Er erklärte, dass die von ihm verhängten pauschalen 20-Prozent-Zölle der USA für die meisten betroffenen Länder für drei Monate ausgesetzt werden sollen. Diese 90-tägige Pause gelte ab sofort, erklärte Trump am Mittwoch in Washington. Währenddessen greife ein universeller Zollsatz in Höhe von zehn Prozent.
Im Handelskonflikt zwischen den USA und China hingegen stehen die Zeichen weiter nicht auf Entspannung – im Gegenteil: Die von Präsident Donald Trump auf den Weg gebrachten US-Zölle gegen China belaufen sich nunmehr sogar auf insgesamt 145 Prozent – und nicht 125 Prozent, wie das Weiße Haus zuvor mitgeteilt hatte. Bei den früheren Angaben waren bereits eingeführte Zölle in Höhe von 20 Prozent nicht einberechnet, die Trump wegen Chinas Rolle bei der Herstellung der Droge Fentanyl in den vergangenen Monaten erhoben hatte.
Trump: "Man muss flexibel sein"
Bei Trumps Zoll-Pause handelt es sich aus Sicht von Beobachtern um einen Versuch, den beispiellosen Handelskonflikt, den der Republikaner mit seinen umfassenden Zollmaßnahmen gegen Länder in aller Welt ausgelöst hat, auf China und die USA einzugrenzen. US-Finanzminister Scott Bessent erklärte, die Zollaussetzung solle Zeit für Verhandlungen schaffen. Trump selbst erklärte später noch bei einer Veranstaltung: Die "Leute" seien etwas unruhig und "ein bisschen ängstlich" geworden: "Man muss flexibel sein."
Merz will am liebsten null Zölle
CDU-Chef Friedrich Merz wertete die Zoll-Wende als Erfolg der Europäer. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen habe Trump auch persönlich gesagt: "Wir sind entschlossen, uns zu wehren", sagte Merz dem Sender RTL. Dieses Beispiel zeige, dass Geschlossenheit helfe. "Am besten machen wir alle zusammen im transatlantischen Handel null Zölle. Dann ist das Problem gelöst."
Börsenkurse schießen in die Höhe
Die US-Börsen reagierten umgehend auf die neue Ankündigung Trumps. Der Dow-Jones-Index der Standardwerte, der bei Handelsschluss in Europa noch im Minus lag, stieg im späten Handel deutlich und schloss 7,9 Prozent fester bei 40.608 Punkten. Der breiter gefasste S&P 500 kletterte um 9,5 Prozent 5.456 Zähler, der Index der Tech-Börse Nasdaq um 12,2 Prozent auf 17.124 Stellen.
Auch die Börsen in Europa erholten sich nach dem Zurückrudern Trumps deutlich. Der Deutsche Leitindex Dax sprang zu Handelsbeginn am Donnerstag fast acht Prozent nach oben und notierte um 13.00 Uhr noch um 5,8 Prozent höher bei 20.810 Punkten. Paris legte um knapp 6,5 Prozent zu, London kletterte um fast sechs Prozent. Die asiatischen Börsen schlossen mit einem kräftigen Plus, der japanische Nikkei-Index ging mit einem Plus von 9,12 Prozent aus dem Handel.
Der Effekt von Trumps Ankündigung war sogar in China zu spüren: In Hongkong kletterte der Index Hang Seng um 2,69 Prozent auf 20.810,43 Punkte, der chinesische SSE Composite stieg um 1,29 Prozent auf 3.227,84 Punkte.
Trump: "Eine großartige Zeit zum Kaufen"
Kurz bevor Trump seinen Rückzieher im Handelskonflikt bekanntgab, gab er in den sozialen Medien übrigens noch einen Finanztipp. "Dies ist eine großartige Zeit zum Kaufen!!! DJT", schrieb Trump um 9.37 Uhr (Ortszeit) in den für ihn bekannten Versalien auf seiner Webseite Truth Social.
Zum Hören: Trump rudert im Zoll-Streit zurück
Container (Symbolbild)
Mit Informationen von AP, AFP und dpa
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