Ein Klassenlehrer erklärt einer Schülerin etwas am Laptop (Symbolbild).
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Der milliardenschwere Digitalpakt zwischen Bund und Ländern läuft aus.

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Ende des "Digitalpakt Schule 1.0": Wie geht es weiter?

Ende des "Digitalpakt Schule 1.0": Wie geht es weiter?

Der milliardenschwere Digitalpakt zwischen Bund und Ländern läuft aus. Das Förderprogramm sollte die Schulen digitaler machen. Bund und Länder ziehen eine positive Bilanz – streiten aber, wie es jetzt weitergehen soll. Kritik kommt auch aus Bayern.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Digitale Klassenzimmer mit WLAN, Lehrer mit Laptops: Das sei bei ihm Standard, meint Schulleiter Stefan Düll in Neusäß im Landkreis Augsburg. Düll ist zudem Vorsitzender des Deutschen Lehrerverbands. Er weiß: Zur Digitalisierung an Schulen hat vor allem der "Digitalpakt Schule 1.0" zwischen Bund und Ländern beigetragen.

Gestartet ist das Förderprogramm im Jahr 2019: Mit dem Pakt wurden 6,5 Milliarden Euro bereitgestellt. 90 Prozent der Gelder wurden vom Bund finanziert, 10 Prozent von den Ländern. Jetzt, am 16. Mai, läuft der Digitalpakt aus. Vom Bundesbildungsministerium heißt es auf Nachfrage: Über 90 Prozent des Geldes ist inzwischen abgerufen worden, also bereits verplant oder ausgegeben (Zahlen des Bundesbildungsministeriums zum Digitalpakt Schule [externer Link]). Eine stichprobenartige BR24-Abfrage bei den Bundesländern ergab zudem: Das Geld wurde größtenteils für die Anschaffung digitaler Geräte verwendet – auch in Bayern.

Digitalpakt 1.0: Schulen mit W-Lan und Tablets ausgestattet

Vom bayerischen Kultusministerium heißt es auf Nachfrage: Die Zahl der digitalen Klassenzimmer ist seit dem Jahr 2019 um mehr als 53.000 auf rund 77.000 gestiegen (Stichtag 31.12.2023) – ebenso die Zahl der mit WLAN angebundenen Unterrichtsräume (um mehr als 60.000 auf 101.000). Auch gibt es mehr Schülerleihgeräte – meist Tablets: gestiegen um mehr als 280.000 auf jetzt rund 336.000. Das Fazit der Länder: Der Pakt hat zum Digitalisierungsschub an Schulen geführt.

Doch die Lage ist je nach Bundesland oder Kommune sehr unterschiedlich. Auch Lehrerpräsident Düll weiß: Immer noch gibt es Schulen, die nicht über WLAN verfügen, wie er im BR24-Interview sagt. Dazu kommt: Die damals angeschafften Geräte seien mittlerweile schon veraltet, müssten ersetzt werden.

Neuer Digitalpakt: Letztmalige Unterstützung vom Bund

Es braucht einen zweiten Digitalpakt und er wird kommen – darin sind sich Bund und Länder einig. Doch seit Monaten wird darüber gestritten, wie er aussehen soll. In einem Entwurf des Bundesbildungsministeriums, der BR24 vorliegt, heißt es: Der Bund will sich nicht mehr wie bisher mit 90 Prozent an der Finanzierung beteiligen, sondern die Kosten zwischen Bund und Ländern zu je 50 Prozent aufteilen. Wie viel Geld für den zweiten Digitalpakt bereitsteht, bleibt offen. Starten soll er 2025. Doch er hat auch ein Enddatum: 2030. Im Entwurf ist die Rede von einer "letztmalige[n] Unterstützung des Bundes".

"Digitalpakt 2.0 darf nicht zu Bestellliste für Endgeräte werden"

Hinzu kommt: Der Bund will den Ländern beim nächsten Digitalpakt mehr Vorgaben machen als bisher. Die digitale Ausstattung der Schulen sei das eine, digitale Kompetenzen von Lehrern das andere. Im Entwurf ist die Rede von 30 verpflichtenden Stunden an Fortbildungen für Lehrer. Stark-Watzinger teilt BR24 mit: "Der Digitalpakt 2.0 darf nicht zu einer reinen Bestellliste für Endgeräte werden. Lehrkräfte sind für gute digitale Bildung zentral und brauchen entsprechende Fortbildung."

Kritik aus Bayern: "Bund überschreitet Grenzen"

Das bedeutet: Der Bund will mehr Mitspracherecht. Zuständig für Schulen sind eigentlich die Länder. Daher sorgt der Entwurf bei ihnen für Unmut – auch in Bayern. In einer Pressemitteilung kritisiert die bayerische Kultusministerin Anna Stolz von den Freien Wählern daher: "Die Bundesbildungsministerin überschreitet hier Grenzen, die in der Verfassung klar geordnet sind. Ich sage deshalb ganz deutlich: Wir werden keine Kompromisse bei der Kultushoheit der Länder machen."

Zudem fordern die Länder genau das Gegenteil, wie vom Bundesbildungsministerium gefordert: Sie wollen unter anderem die bisherige Finanz-Aufteilung (90:10) beibehalten. Dass der Digitalpakt zudem ein Enddatum hat, wollen die Länder nicht hinnehmen.

Das Problem: Bildungsföderalismus

Die weit auseinanderliegenden Vorstellungen von Bund und Ländern verdeutlichen: Das Vertrauensverhältnis bei der Bildung ist tief zerrüttet. Im Kern dreht sich alles um den Bildungsföderalismus: Der Bund will nicht nur als Geldgeber fungieren, mehr Mitspracherecht haben. Die Länder hingegen wehren sich, Kompetenzen abzugeben.

Daher fordert Lehrerpräsident Stefan Düll: Es müsse darüber nachgedacht werden, die Finanzaufteilung generell zu ändern. Wenn der Bund mit seinem Geld immer mehr in Länderaufgaben eingreife, zeige das: Die Länder und Kommunen hätten zu wenig. "Es wäre vielleicht doch vernünftiger, das Geld gleich bei den Kommunen zu belassen und nicht erst an den Bund abzuführen." Denn es sind die Kommunen, die als Schulträger für die Beschaffung digitaler Geräte verantwortlich sind.

Schon jetzt Lücke im Bundeshaushalt

All das wird zu einer Zeit diskutiert, in der wieder neue Haushaltsverhandlungen auf Bundesebene anstehen: Stark-Watzingers Parteikollege und FDP-Finanzminister, Christian Lindner, hat alle Ministerien zum Sparen aufgerufen. Für Ralph Müller-Eiselt, Vorstand des gemeinnützigen Vereins "Forum Bildung Digitalisierung", darf die Digitalisierung an Schulen nicht unter Sparzwängen und dem Bund-Länder-Kampf leiden. Denn in Zeiten digitaler Desinformation sei es wichtig, auf eine digital vernetzte Welt vorbereitet zu sein. "Wenn sich die Lebenswelt verändert, darf Schule kein analoger Kosmos bleiben." Digitale Entwicklungen passierten rasant, die Zukunft sei digital.

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