Auf einem russischen Helikopter ist die Aufschrift "Nach Berlin" zu lesen.
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Auf einem fliegenden russischen Helikopter steht die Aufschrift "Nach Berlin". Auf dem abgeschossenen Helikopter ist keine solche Aufschrift.

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#Faktenfuchs: Steht auf russischem Helikopter "Nach Berlin"?

#Faktenfuchs: Steht auf russischem Helikopter "Nach Berlin"?

Im Netz verbreitet sich ein Foto, auf dem ein russischer Hubschrauber zu sehen ist. Er trägt den Schriftzug "Nach Berlin". Der #Faktenfuchs klärt, ob das Bild echt ist und welches Narrativ dahinter steckt.

    Das Heck eines zerstörten russischen Militärhelikopters liegt auf einem Feld. Ein Foto des zerstörten Luftfahrzeugs verbreitet sich in den sozialen Netzwerken. Bei dem Helikopter handelt es sich um einen russischen Mil Mi-8, einen Transporthubschrauber, der auch mit Waffen ausgerüstet werden kann. Das Modell kam diversen Laienvideos auf Youtube zufolge im derzeitigen Ukraine-Krieg bereits zahlreich zum Einsatz. Auch das ukrainische Verteidigungsministerium teilte das Foto dieses zerstörten Helikopters. Er soll im März 2022 bei der Verteidigung der Ukraine abgeschossen worden sein.

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Das ukrainische Verteidigungsministerium veröffentlichte die Bilder auf Facebook.

Im Netz wird neben dem Bild des zerstörten Helikopters auch ein anderes Foto gezeigt, auf dem dieser noch flog. Es handelt sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um denselben Helikopter: Das Luftfahrzeugkennzeichen auf dem Heckausleger ist identisch. Große Aufmerksamkeit erregt dabei ein Schriftzug auf dem Heck des fliegenden Helikopters.

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Auf einem russischen Helikopter steht die Aufschrift "Nach Berlin"

In kyrillischer Schrift ist dort auf Russisch zu lesen: “Nach Berlin". Unter anderem auf Twitter und Reddit machen User auf diesen Schriftzug aufmerksam. Es wird suggeriert, dass der Helikopter mit diesem Schriftzug in den Krieg gezogen sei. Viele User sorgen sich, was diese Botschaft für Deutschland bedeuten könnte. Der #Faktenfuchs hat überprüft, ob die Bilder authentisch sind und beantwortet die Frage, was es mit dem Schriftzug auf sich hat.

Auf dem Foto des fliegenden Helikopters ist die Aufschrift "Nach Berlin" sichtbar. Auf dem Bild des abgeschossenen Helikopters ist jedoch nicht erkennbar, ob sich der Schriftzug "Nach Berlin" darauf befindet.

Bild von "Nach Berlin"-Aufschrift ist schon älter

Im Netz wird unter den Tweets der beiden Bilder diskutiert, ob diese im gleichen Zeitraum entstanden sind. Dort finden sich schon einige Hinweise darauf, dass dies nicht der Fall ist. Auch die Recherche des #Faktenfuchs hat ergeben, dass es sich bei den Bildern des fliegenden Helikopters mit hoher Wahrscheinlichkeit um Fotos aus dem Jahr 2017 handelt. Vieles deutet darauf hin, dass die Fotos im Rahmen des militärischen Flugwettbewerbs "Aviadarts" entstanden sind, welcher im Juni 2017 in der russischen Region Woronesch stattfand.

In einem russischen Forum hat ein Nutzer am Tag nach der Militärveranstaltung 2017 zahlreiche Fotos hochgeladen. Darunter auch Fotos des fliegenden Helikopters mit dem Kennzeichen RF-91165 - samt dem "Nach Berlin"-Schriftzug. Sie gleichen den Fotos, die sich nun im Netz verbreiten. Der User schreibt zu seinem Posting am 18.06.2017: “Gestern Voronezh Aviadarts”. Auch ähnliche Fotos von anderen Quellen weisen auf das Aufnahmedatum 2017 hin.

2018 war der Schriftzug “Nach Berlin” verschwunden

Archivierte Versionen der Internetseite "russianplanes.net", auf der sich zahlreiche Fotos und Informationen von russischen Luftfahrzeugen finden, zeigen weitere Fotos des Helikopters mit dem Kennzeichen RF-91165 aus unterschiedlichen Jahren. Das neueste Bild des Helikopters, das sich dort findet, wurde laut den Angaben auf der Webseite 2018 in Sewastopol auf der Halbinsel Krim aufgenommen. Es zeigt den Helikopter aus der gleichen Perspektive wie das im Netz geteilte Bild von 2017, auf dem die Inschrift "Nach Berlin" zu erkennen ist. Doch im Jahr 2018, nur ein Jahr nach der Aufnahme des Bildes auf der militärischen Flugshow, scheint der Schriftzug nicht mehr vorhanden zu sein.

Auf dem Bild von 2018 ist auf dem Helikopter eine neue Abkürzung der russischen Luftkräfte zu erkennen, auch das Luftfahrzeugkennzeichen RF-91165 ist deutlicher sichtbar. Möglicherweise wurde der Hubschrauber in der Zwischenzeit neu lackiert. Für eine komplett neue Lackierung vor dem Abschuss 2022 spricht auch, dass der abgeschossene Helikopter auf dem Foto grünlich lackiert ist. Auf den Fotos des fliegenden Helikopters aus den vorherigen Jahren, ist der Helikopter noch in blaugrau lackiert. Es liegt also nahe, dass sich die Aufschrift "Nach Berlin" während des Einsatzes und Abschusses 2022 in der Ukraine, nicht mehr auf dem Helikopter befand.

"Nach Berlin"-Slogan nicht nur auf Helikopter

Die Aufschrift "Nach Berlin" findet sich indes nicht nur auf diesem Militärhelikopter. Unter anderem hatte die EU-Abgeordnete Viola von Cramon (Grüne) am 21. März auf Facebook Fotos geteilt, auf denen mehrere Autos mit der gleichen Aufschrift versehen sind.

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Europaabgeordnete Cramon teilte diese Fotos auf Facebook

Sie schrieb dazu: "Diese Sticker und Beschriftungen wirken aktuell wie Folklore, tatsächlich aber spiegeln sie nur wider, was Putin mehrmals angekündigt hat. Es geht um die Wiederherstellung des alten russischen Machtbereichs vor 1990 - und das war nicht Kijiw, sondern Berlin."

"Bild" berichtete schon im Jahr 2015 über solche Aufschriften. Damals tauchten auf einer Webseite Bilder einer Militärübung in Kaliningrad auf; auf einigen der Übungsbomben stand damals "Nach Berlin" oder "Für Stalin". Auch die "Washington Post" berichtete. Dem Artikel zufolge bezeichnete das russische Verteidigungsministerium die Bilder danach als "Fotomontage", es sei ein Versuch, anti-russische Sentiments zu wecken. Die Webseite, auf der die Fotos der Militärübung veröffentlicht wurden, hingegen sprach laut "Washington Post" von authentischen Bildern. Auch die Bild-Zeitung wies die Vorwürfe der Fotomontage in einem darauffolgenden Artikel zurück.

"Nach Berlin" stand schon im Zweiten Weltkrieg auf Bomben

Der Slogan "Nach Berlin" ist also nicht erst im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine entstanden, sondern kursiert schon wesentlich länger. Der Osteuropahistoriker Robert Kindler von der Freien Universität Berlin erklärt im Interview mit dem #Faktenfuchs, dass es sich bei dem Spruch um einen Schlachtruf der sowjetischen Armee aus dem Zweiten Weltkrieg handle. Weitere Sprüche seien damals etwa "Für Stalin" oder "Für die Heimat" gewesen. Ab etwa 1943/44 sei der Spruch "Nach Berlin" beispielsweise auf Panzern oder auch Bomben zu sehen gewesen. Es habe damals ein sehr populäres Gedicht gegeben, welches von einem berühmten sowjetischen Unterhaltungssänger vertont wurde mit dem Titel: "Der Weg nach Berlin"/"Straße nach Berlin". "Das ist ab 1944 wirklich ein sehr bekanntes Lied in der Sowjetunion gewesen, was diesen Slogan aufgenommen hat. Das war für die Rote Armee ein wichtiger Punkt. Sozusagen: Das ist das Ziel der Krieges, dahin geht es", erklärt Robert Kindler. Der Bezug auf Berlin als "Ort des ultimativen Sieges" spiele seit dem eine wichtige Rolle.

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Schon im Zweiten Weltkrieg gab es Bomben und Panzer mit der Aufschrift "Nach Berlin".

Der ehemalige Leiter der Heinrich-Böll-Stiftung in Kiew, Sergej Sumlenny, erzählt im Gespräch mit dem #Faktenfuchs, der Slogan könne sowohl mit "nach Berlin" als auch mit "auf Berlin" übersetzt werden. Ungefähr zur Zeit der "Orangenen Revolution", als viele Ukrainer gegen die Präsidentschaftswahl im Jahr 2004 protestierten, sei der Spruch in Russland wieder in Mode gekommen, beispielsweise in Form von Aufklebern:

"Anfang der 2000er wurde es schick, dass die Leute auch freiwillig - es wurde nicht direkt von oben initiiert - mit ihrem eigenen Geld diese Aufkleber kauften. Oder sie malten den Spruch selbst auf ihre Wägen, insbesondere kurz vor dem 9.Mai, dem Tag des Sieges über das Deutsche Reich im Zweiten Weltkrieg." Sergej Sumlenny

Sumlenny zufolge sei der Showkult rund um den Zweiten Weltkrieg unter Russen damals enorm verbreitet gewesen: "Man konnte in den Supermärkten die Uniformen aus dem Zweiten Weltkrieg kaufen, in allen Größen: Von Babys bis zu Erwachsenen. (...) Sie machten das freiwillig, weil sie so den Siegeskult zelebrieren wollten." Es gibt im Internet auch aktuell viele Möglichkeiten, Aufkleber mit der Aufschrift "Nach Berlin" zu kaufen.

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Im Internet gibt es zahlreiche Möglichkeiten, Aufkleber mit der Aufschrift "Nach Berlin" zu kaufen.

Auch der Osteuropahistoriker Robert Kindler erzählt von LKW, Tassen und T-Shirts in Russland, die mit dem Spruch versehen sind. Auch wenn der Slogan nie komplett verschwunden gewesen sei, erkennt er eine größere Popularität ab 2014: "Da haben wir auch den Zusammenhang zur Annexion der Krim, zum Krieg in der Ukraine, der damals schon begonnen hat." Auch 2015, zu den Feierlichkeiten rund um den 70. Jahrestag des Sieges über das Dritte Reich, habe er den Spruch vielerorts wahrgenommen.

"Das ist natürlich nichts, was sich alle Leute auf die Heckscheibe geklebt haben. Das ist ein bestimmter Teil der Bevölkerung, der besonders aktiv seine Unterstützung für Putin und die Politik der russischen Regierung zum Ausdruck bringen wollte." Robert Kindler

Während der Siegeskult um den Zweiten Weltkrieg in Russland sehr verbreitet sei, habe man den Spruch "Nach Berlin" auf Autos seltener gesehen, so Robert Kindler: "Diese Autos gab es, aber es war kein Massenphänomen." Andere Symbole des Sieges seien deutlich verbreiteter gewesen.

Fazit

Die Aufschrift "Nach Berlin" auf einem fliegenden russischen Helikopter ist mit hoher Wahrscheinlichkeit echt. Mehrere Fotos unterschiedlicher Quellen zeigen diesen Spruch auf demselben Hubschrauber. Der Slogan "Nach Berlin" ist in Russland schon seit vielen Jahren beliebt, beispielsweise auch als Autoaufkleber.

Besonders am 9. Mai, am "Tag des Sieges", an dem die Sowjetunion das Deutsche Reich besiegte, ist er sehr populär. Der Slogan stammt ursprünglich aus dem Zweiten Weltkrieg, damals haben russische Soldaten beispielsweise Bomben und Panzer mit dem Spruch beschriftet. Ob "Nach Berlin" jedoch auf einem vor kurzem in der Ukraine abgeschossenen russischen Helikopter stand, ist fraglich. Auf einem Bild des abgeschossenen Hubschraubers ist die Inschrift nicht zu sehen. Es gibt einige Hinweise darauf, dass das Bild des fliegenden Helikopters mit dem Slogan "Nach Berlin" bereits aus dem Jahr 2017 stammt. Auf einem weiteren Bild aus dem Jahr 2018 ist diese Aufschrift nicht mehr auf dem Helikopter zu sehen.

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