Der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Carsten Breuer, spricht im BR24-Interview
Bildrechte: BR
Videobeitrag

Der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Carsten Breuer, spricht im BR24-Interview

Videobeitrag
>

General Breuer: "Noch nie so bedrohlich wie jetzt gerade"

General Breuer: "Noch nie so bedrohlich wie jetzt gerade"

Hybride Angriffe und ein russisches Regime, das aufrüstet und ab 2029 zu einem großen Krieg gegen die Nato fähig sei: Im BR24-Interview fordert der Generalinspekteur der Bundeswehr, Carsten Breuer, die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands zu stärken.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Carsten Breuer, sieht eine "reale Bedrohung" durch Russland und mahnt, die Verteidigungsfähigkeit zu stärken. "Ich glaube, es war in den 40 Jahren, in denen ich Soldat bin, noch nie so bedrohlich wie jetzt gerade", sagte Breuer bei BR24 im BR Fernsehen.

Er verwies auf hybride Angriffe, die gegen Deutschland gerichtet seien, Drohnen über Umspannwerken sowie über Kasernenanlagen, in denen ukrainische Soldaten ausgebildet würden.

Breuer warnt: Russland rüstet auf

Breuer betonte, Russland begreife Krieg anders als wir, nämlich als ein Kontinuum. Es setze kontinuierlich Panzer und militärisches Großgerät instand oder produziere neu, etwa 1.500 Kampfpanzer pro Jahr. In den fünf größten Nato-Nationen hingegen gebe es nur 750 Kampfpanzer.

Darüber hinaus produziere Russland jedes Jahr vier Millionen Schuss Artilleriemunition. Laut Breuer geht dieses Material nicht ausschließlich an die Front in der Ukraine, sondern in Depots und neue Militärstrukturen hinein. Zu einem großen Krieg mit einem Angriff auf Nato-Territorium wäre Russland im Jahr 2029 fähig, erklärte Breuer, das sagten ihm auch die Analysten. Bis dahin hätte Russland ausreichend Material und Personal.

Die Nato stehe derzeit "enger im Schulterschluss" als er es je zuvor gesehen habe, erklärte Breuer. Man sei bereit zur Verteidigung und dass man alles auch dafür in die Waagschale werfen würde. Breuer betonte, dass Deutschland bereits jetzt in der Lage sei, sich zu verteidigen, mit dem, was man derzeit habe. Wenn all das, was mit dem 2022 vom Bundestag zur Verfügung gestellten Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro geliefert worden sei, dann sei die Verteidigungsfähigkeit noch wesentlich besser. Das werde in zwei bis drei Jahren der Fall sein.

Generalinspekteur wirbt für Wehrdienst

Um die Verteidigungsfähigkeit zu stärken, brauche Deutschland mehr Soldaten, erklärte der General. Breuer spricht von einem "Aufwuchspotenzial". Das bedeute, es brauche Soldatinnen und Soldaten, die in der Lage sein müssten, sowohl an der Nato-Ostflanke eingesetzt zu werden, als auch die sogenannte "Drehscheibe Deutschland", also die Verlegung von eigenen und alliierten Kräften durch Deutschland hindurch an die Nato-Ostflanke, sicherzustellen.

In Zahlen sind das laut Breuer 460.000 Soldatinnen und Soldaten einschließlich Reservisten, die dafür gebraucht werden. Derzeit gebe es rund 200.000 Soldatinnen und Soldaten im aktiven Dienst. Die stehende Reserve bestehe aus 60.000 Soldatinnen und Soldaten. Rund 100.000 weitere könnten aus einer langfristigeren Reserve heraus gewonnen werden. "Also fehlen uns 100.000 Soldatinnen und Soldaten, um auf diese 460.000 zu kommen. Die müssen wir über eine Art von Wehrdienst gewinnen", rechnet Breuer vor. Ob das nun eine Pflicht oder freiwillig sei, sei jedoch eigentlich egal.

Anzahl der aktiven Soldatinnen, Soldaten und Reservisten geringer

Tatsächlich liegt die Zahl der aktiven Soldatinnen und Soldaten in Deutschland aktuell mit rund 182.000 deutlich niedriger, als von Breuer vorgerechnet. Auch bei den 60.000 Reservisten handelt es sich um ein Zielgröße. Laut dem Bundesministerium der Verteidigung bildet das gültige Fähigkeitsprofil der Bundeswehr 2023 die Zielgröße der Reserve ab. Dort sind für Reservistinnen und Reservisten 60.000 Dienstposten der Verstärkungsreserve sowie 30.000 Beorderungsmöglichkeiten in der Personalreserve vorgesehen.

Umstrittener Kampfjet F-35 alternativlos

Breuer verteidigte den in die Diskussion geratenen Kampfjet F-35 aus US-Produktion, den Deutschland kauft. Die Maschine verfüge über keine von den USA zu steuernde Abschalteinrichtung. Auch sei der Kampfjet kein reines US-Gerät. Die Landeklappen würden in Belgien gefertigt, auch Norwegen liefere zu.

Der Kampfjet F-35 sei auch deshalb das Mittel der Wahl, weil man angesichts der Bedrohungslage bis 2029 die Maschinen brauche. Europäische Entwicklungen würden erst viel später fertig, seien also keine Alternative.

Schulterschluss mit den Bürgern gesucht

Der Generalinspekteur der Bundeswehr erklärte, die Sicherheit der Ukraine dürfe nicht losgelöst von der Sicherheit Europas betrachtet werden. Dies sei immer im Gesamtzusammenhang zu betrachten. Ein Waffenstillstand würde dafür sorgen, dass Russlands Präsident Wladimir Putin in der Lage wäre, Militärgerät und Soldaten aus der Ukraine abzuziehen und dieses dann wiederum "aufwachsen zu lassen".

Er selbst gehe angesichts der Herausforderungen durchaus demütig an die Arbeit, erklärte Breuer. Da er sehe, worauf es jetzt für die Bundeswehr, ankomme, nämlich, "dass wir schnell einsatzbereit werden. Und dass wir mit dieser Einsatzbereitschaft eine Verteidigungsfähigkeit und damit eine Abschreckung auch mit herstellen können". Das sei das, was ihn selbst jeden Tag antreibe. "Und ich hoffe, dass wir das im gemeinsamen Schulterschluss mit allen Bürgern dann noch hinbekommen werden", betonte der Generalinspekteur der Bundeswehr.

Dieser Artikel ist erstmals am 26. März 2025 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!