"Korallenriffe sind das biodiverseste Ökosystem der Welt", sagt Katharina Fabricius. Die gebürtige Münchnerin kam 1988 als Studentin erstmals in den nordostaustralischen Bundesstaat Queensland. Vor dessen Küste erstreckt sich das größte Korallenriff der Welt: das Great Barrier Reef – in seiner Gesamtlänge so groß wie Italien und sogar vom Weltall aus zu sehen.
"Im Riff leben mehr als eine Million Arten an Organismen und ich finde diese Komplexität total faszinierend. Außerdem sind Riffe natürlich total schön", sagt die Meeresbiologin, deren Forschung für das Australian Institute of Marine Science dazu beitragen will, dass die rund 3.000 Einzelriffe des Great Barrier Reefs auch in Zukunft noch so schön bleiben.
Wärmeres Wasser veranlasst Korallen, ihre Algen abzustoßen
Denn die Schönheit des Riffs und die Korallen selbst sind durch den Klimawandel in Gefahr. "Weil Korallen unheimlich hitzeempfindlich sind. Bloß ein paar Grad Temperaturerhöhung reicht schon, dass sie bleichen und in der Folge leicht absterben", erklärt Fabricius.
Wärmt sich der Ozean auf, produzieren die Algen, die in Korallen leben und ihnen Nährstoffe sowie die bunte Farbe geben, Giftstoffe. Als Reaktion darauf stoßen Korallen die Algen ab, verlieren also ihre Energiequelle und bleiben als weiße Skelette zurück. Wenn sie alsbald keine Algen wiederaufnehmen können, weil das Wasser zu warm bleibt, sterben die Korallen ab.
Erst vor einem Jahr bestätigte die für das Great Barrier Reef zuständige Nationalparkbehörde die fünfte Massenbleiche in nur acht Jahren. "Außerdem sind Korallen sehr empfindlich gegenüber Stürmen und der Klimawandel erhöht auch die Intensität der tropischen Wirbelstürme", sagt Fabricius.
Riff aus geretteten Korallen-Splittern
Deshalb wird am Great Barrier Reef viel geforscht und ausprobiert, um die Korallenwelt zu erhalten. Ein Beispiel findet sich gut 45 Kilometer vor der Küste der Hafenstadt Cairns – auf dem Meeresboden. Nach indonesischem Vorbild haben dort Meeresbiologen von "GBR Biology" vor drei Jahren erstmals Stahlträger mit noch lebenden Korallen-Splittern, die im Zuge heftiger Stürme vom Riff abgebrochen sind, puzzleartig auf den Grund aneinandergereiht. Von den Stahlträgern ist heute nichts mehr zu sehen, die Korallen-Splitter sind zu einem bunten Riff aufgewachsen.
Auf dem Stahlgitter angebracht können abgebrochene, aber noch lebende Korallen-Fragmente im Meer zu einem gesunden Riff aufwachsen.
Auch Anbieter von Riff-Touren werden involviert
Erfolge mit Korallen-Splittern verzeichnet auch das Coral Nurture Program ("Korallenpflegeprogramm"): Dabei beteiligen sich Riff-Touren-Anbieter, die bei ihren Schnorchel- und Tauchausflügen zu bestimmten Riffabschnitten abgebrochene Korallen-Splitter einsammeln und sie mit einer Art Federklammer aus Eisenstahl am Riff befestigen, sodass sie dort wieder aufblühen können.
Auf diese Weise können Touren-Anbieter die Riffe, die sie anfahren, pflegen – und tun das mitunter auch deshalb, weil unbeholfene Touristen mit ihren Schwimmflossen zuweilen auch Korallenteile vom Riff abtreten.
Great Barrier Reef für UN-Umweltpreis nominiert
Die Nationalparkbehörde verlangt inzwischen umgerechnet rund 4,50 Euro pro Person, die Touren-Anbieter zum Schnorcheln oder Tauchen ans Riff bringen. Der Beitrag fließt in die Forschungs- und Erhaltungsmaßnahmen rund ums Great Barrier Reef. Angesichts der Bemühungen rund um den Schutz des Riffs war die Behörde selbstbewusst genug, das Great Barrier Reef ins Rennen zu schicken für den höchsten Umweltpreis der Vereinten Nationen, den "Champions of the Earth"-Award (externer Link).
Bei all den Bemühungen, die unternommen werden, um möglichst viele Korallen am Riff zu erhalten, dreht sich die Forschung von Katharina Fabricius derweil um die – ihrer Expertise nach – entscheidende Frage, wie sich Korallen schnell genug an den Klimawandel anpassen können. "Das Klima verändert sich dermaßen schnell inzwischen, dass die natürliche Rate der Anpassung mit Sicherheit nicht genug ist", sagt Fabricius. "Wir versuchen in unserer Reef Reforestation-Forschung, dem Riff dabei zu helfen, sich schneller und besser an die rasante Klimaveränderung anzupassen. Ob es uns gelingt, wissen wir natürlich nicht."
Fest steht für die Meeresbiologion jedenfalls schon jetzt: "Wir können auf keinen Fall was erreichen, wenn nicht gleichzeitig auch die Klimaveränderungen sehr massiv und aggressiv angegangen wird."
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