In Ehen, Partnerschaften und im familiären Umfeld steigt die Zahl der Gewalttaten
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In Ehen, Partnerschaften und im familiären Umfeld steigt die Zahl der Gewalttaten

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Häusliche Gewalt: Der tägliche Horror im engsten Umfeld

Häusliche Gewalt: Der tägliche Horror im engsten Umfeld

Von Stalking und Bedrohung bis Körperverletzung und Mord: In Ehen, Partnerschaften und im familiären Umfeld steigt die Zahl der Gewalttaten. Besonders Frauen und Kinder sind betroffen. Wie kann die Gewaltspirale gestoppt werden?

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Die Zahlen sind erschreckend. Zum zweiten Mal veröffentlicht die Bundesregierung einen Bericht zur sogenannten häuslichen Gewalt. Schon vor einem Jahr waren die Zahlen hoch, inzwischen sind sie weiter gestiegen. Mehr als 256.000 Fälle gab es im vergangenen Jahr – 6,5 Prozent mehr als im Vorjahr. "Jeden Tag werden in Deutschland im Durchschnitt über 700 Menschen Opfer häuslicher Gewalt", sagt Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD).

Von Bedrohung bis Mord: Vor allem Frauen sind betroffen

Zwei Drittel der Opfer sind Frauen. In vielen Fällen handelt es sich um Gewalt in aktuellen oder ehemaligen Partnerschaften. Die Tatverdächtigen sind in drei von vier Fällen Männer. Ministerin Faeser: "Besonders erschreckend ist, dass im vergangenen Jahr 155 Frauen durch ihren Partner oder Ex-Partner umgebracht wurden – bei uns in Deutschland." Die restlichen Opfer sind von Gewalt in Familien betroffen – darunter Kinder, Großeltern und weitere Verwandte.

Es geht um Bedrohung, Stalking, Körperverletzung sowie um sexuellen Missbrauch und sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Jugendliche. "Hinter jedem dieser Fälle verbirgt sich der Horror, im engsten Umfeld angegriffen worden zu sein. Dort, wo man sich eigentlich am sichersten fühlen sollte", so Faeser.

Familienministerin: Ausmaß der Gewalt ist ein Skandal

Die Zahlen zeigen, dass Gewalt gegen Frauen in Deutschland ein alltägliches Phänomen ist. Für Bundesfamilienministerin Lisa Paus ist das ein Skandal. "Für viele Menschen – insbesondere Frauen – ist das Zuhause eben kein Ort, an dem sie sich sicher fühlen können", sagt die Grünen-Ministerin: "Mir gehen diese Zahlen ins Mark."

Gewalt an Kindern: Betroffene leiden oft ihr Leben lang

Kinder seien häufig in verschiedener Hinsicht betroffen. Als Opfer und/oder als Beobachter: "Wenn Kinder erleben, dass ihre Mutter geschlagen wird, dann hat das oft weitreichende Folgen. Kinder haben oft ein Leben lang sehr schwer an den psychischen Folgen des Miterlebens dieser Gewalt zu tragen", so Paus.

Das Bundeskriminalamt (BKA) geht bei den Zahlen von einer hohen Dunkelziffer aus – "und dennoch registrieren wir im Hellfeld seit Jahren eine steigende Tendenz", erklärt BKA-Vizepräsidentin Martina Link. Nicht eindeutig sei, ob der Anstieg der gemeldeten Taten tatsächlich mehr Fälle bedeutet, oder ob diese nur häufiger zur Anzeige gebracht werden. Zu den möglichen Erklärungen, warum die Zahlen steigen, zählen laut Link die gesellschaftlichen Krisen, die sich insgesamt in einem Anstieg der Gewaltkriminalität niederschlagen. Mehr Klarheit soll eine Studie im kommenden Jahr bringen.

Was unternimmt die Politik?

Die Bundesregierung will den Schutz der Betroffenen verbessern. Das wollte sie bereits vor einem Jahr, als der erste Bericht zur häuslichen Gewalt veröffentlicht wurde. Bei den Zahlen zeigt das bisher aber keine Wirkung.

Innenministerin Faeser will nun bestehende Regeln verschärfen. Denn: "Die Täter müssen ihr aggressives Verhalten beenden und sich selbst tatsächlich verändern", sagt die SPD-Politikerin. Neben einer konsequenteren Strafverfolgung müssten Kontaktverbote strikter durchgesetzt werden. Österreich sei hier schon weiter: "Wer dort das Verbot erhält, die Wohnung zu betreten oder sich der betroffenen Frau zu nähern, der muss verpflichtend an Anti-Gewalt-Trainings teilnehmen." Solche verpflichtenden Trainings sollen auch hierzulande kommen. Gespräche mit Justizminister Buschmann (FDP) liefen bereits, so Faeser.

Beratungsangebote der Bundespolizei

Ein weiterer Vorschlag: "Wenn Täter mit einer elektronischen Fußfessel überwacht werden, kann die Polizei im Ernstfall schneller einschreiten und erneute Gewalt gegen Frauen besser verhindern." Und: "Wir müssen die Hemmschwelle für Betroffene, Hilfe zu suchen und Anzeige zu erstatten, weiter senken."

Die Innenministerin will ein Pilotprojekt starten, bei dem es an Standorten der Bundespolizei – vor allem an Bahnhöfen – rund um die Uhr "Polizei-Schalter" für von Gewalt betroffen Frauen geben soll. Bei den Anlaufstellen sollen geschulte Beamtinnen Betroffenen helfen und die Anzeige aufnehmen.

Neues Gesetz soll Schutz der Betroffenen verbessern

Auf mehr Schutz- und Beratungsangebote setzt auch Familienministerin Paus. Sie will ein "verlässliches Hilfesystem" auf Bundesebene etablieren und verspricht, noch in dieser Wahlperiode ein Gewalthilfegesetz zu verabschieden. Mit dem neuen Gesetz sollen Betroffene das Recht auf Schutz und Beratung bekommen, so die Ministerin.

Konkret sollen künftig mehr Plätze in Frauenhäusern sowie Anlaufstellen zur Verfügung stehen. Die bisher vorhandenen 350 Frauenhäuser, 100 Schutzwohnungen und 600 Beratungsstellen reichten nicht aus, sagt Paus: "Notwendig ist ein flächendeckendes und niedrigschwelliges Unterstützungsangebot in der Stadt und auf dem Land." Sie kämpfe dafür, die Lücken zu schließen. Derzeit müssen Frauen oft abgewiesen werden, weil die Plätze in den Anlaufstellen belegt sind.

Scheitert das Vorhaben am Geld?

In der kommenden Woche will Paus bei der Gleichstellungsministerkonferenz über die Pläne beraten. Das Vorhaben kostet – damit es klappt, muss die Ministerin mit den Ländern und Kommunen verhandeln, die eigentlich für die Finanzierung zuständig sind. Die Bundesregierung will sich an der Finanzierung beteiligen – so steht es zumindest im Koalitionsvertrag.

Um den Bundeshaushalt wird aktuell gerungen. Nicole Bauer, FDP-Bundestagsabgeordnete und Familienpolitikerin aus Bayern, meint daher zum Gesetzesvorhaben: "Deutschland hat ein Ausgabenproblem – die Hauptaufgabe jedes Ministeriums ist es, Prioritäten zu setzen und die Mittel entsprechend zuzuweisen. Der Schutz vor Gewalt an Frauen sollte für Paus eine Priorität sein."

Häusliche Gewalt: nicht nur ein Problem der Politik

Ob diese und weitere Maßnahmen wirken, wird sich zeigen. Am Ende ist es auch eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die Gewaltspirale zu stoppen. Das betont auch Innenministerin Faeser: "Wir müssen sehr deutlich machen, dass wir hinschauen, eingreifen und Gewalt keineswegs akzeptierten." Je öffentlicher und präsenter das Thema "Häusliche Gewalt" sei, desto mehr werden Betroffene ermutigt, Gewalttaten zu melden.

Hilfetelefon und weitere Angebote

Zu den bekannten Beratungsangeboten zählen das Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen" mit der Nummer 116016. Für Kinder und Jugendliche gibt es beispielsweise das Angebot der "Jugendnotmail". In jeder Lebensnotlage können sich dort junge Menschen kostenlos und vertraulich online beraten lassen. Auch die "Nummer gegen Kummer" steht zur Verfügung: 116111.

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