Die pure Verzweiflung: Mann steht vor Flammen
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Ist der Kampf gegen Waldbrände in diesem Jahr aussichtslos?

Ist der Kampf gegen Waldbrände in diesem Jahr aussichtslos?

Waldbrände richteten global in diesem Jahr enorme Schäden an. Vom "unbesiegbaren Superfeuer", von einer "biblischen Katastrophe" sprachen Einheimische und Feuerwehrleute vor Ort. Eine der Ursachen: der Klimawandel. Wie können wir uns dagegen wehren?

Über dieses Thema berichtet: Weltspiegel am .

Dieses Jahr war außergewöhnlich: Für die Monate Juli und August stellte der Copernicus-Atmosphärenüberwachungsdienst der EU fest, dass durch die verheerenden Waldbrände in verschiedenen Regionen der Nordhalbkugel so viel Kohlendioxid in die Atmosphäre geriet wie seit 2003 nicht mehr. Damals hatte der Dienst mit seinen Messungen begonnen. Die Zahl der Brände, die Intensität und die Langlebigkeit waren höher als üblich.

Bewusstsein fürs Klima in Griechenland ändert sich

Beispiel Griechenland: Durch die Brände auf der Insel Euböas mussten tausende Menschen evakuiert werden. Das Feuer war laut der örtlichen Behörden die größte Katastrophe auf der Insel seit 50 Jahren. Ursache: Die Hitze. ARD-Korrespondentin Natalie Amiri war zu der Zeit in Griechenland. "Bisher war in Griechenland der Klimawandel kein großes Thema", meint sie. "Nachdem aber dort diese unglaublich hohen Temperaturen geherrscht hatten, die ja selbst nachts nicht unter 30 Grad fielen, ist den Menschen dort aufgefallen: Es muss etwas getan werden."

Schwere Waldbrände in Russland

Beispiel Russland: Auch hier herrschte in diesem Sommer der Ausnahmezustand, verursacht durch die schwersten Waldbrände, die je gesehen wurden. Laut Greenpeace waren die Brände dort größer als alle anderen weltweit. ARD-Korrespondent Demian von Osten war mit den Waldbrand-Bekämpfern unterwegs und musste selbst erfahren, wie schwierig es ist in einem so großen Land, in unbesiedelten Regionen Waldbrände unter Kontrolle zu bringen. In den russischen Medien wurde über die Brände berichtet, aber weniger über den Klimawandel als Ursache. Präsident Wladimir Putin hatte das auch in den letzten Jahren immer wieder verleugnet, sagt Demian von Osten.

Strafe für Umweltvergehen in Russland

Aber: Man erkennt einen Wandel, glaubt der ARD-Korrespondent, zum Beispiel beim Umgang mit einer großen Umweltkatastrophe, die vor wenigen Monaten stattfand. In einem Nickel-verarbeitenden Betrieb in Sibirien war ein Öltank zerbrochen. Es wird geschätzt, dass ca. 20.000 Liter Diesel in einen Fluss gelaufen sind. Die Stelzen des Öltanks hielten das Gewicht nicht mehr, sie waren im Boden verankert, der aus Permafrost bestand. Durch die steigenden Temperaturen ist der Permafrost geschmolzen. Der Betrieb wurde öffentlich brüskiert, auch von Putin, und musste eine hohe Strafe zahlen. Das wäre so vor einigen Jahren kaum vorstellbar gewesen.

Brasilien: Geld aus Deutschland wird nicht angenommen

Beispiel Amazonas: ARD-Korrespondent Matthias Ebert war vor kurzem im Pantanal, einem Feuchtgebiet an der brasilianischen Grenze nach Bolivien und Paraguay. Nur von einem Feuchtgebiet konnte er diesmal nicht viel sehen. Stattdessen: Tümpel voller Kaimane auf der Suche nach Wasser, die zu verenden drohten, Bäume, die aufgrund der Brände in diesem Jahr keine Früchte mehr tragen, Affen auf der Suche nach Nahrung.

Wie denken die Menschen in Brasilien darüber? Viele wollen den Urwald auch wirtschaftlich nutzen. Seit Präsident Jair Bolsonaro im Amt ist, wird immer mehr abgeholzt und die Zahl der Brände ist angestiegen. Bolsonaro hat die Gelder für die Umweltbehörden gekürzt. Dennoch: Bolsonaro stellt sich bei der internationalen Gemeinschaft als Umweltschützer dar, "doch die Realität sieht anders aus", meint ARD-Korrespondent Matthias Ebert.

Ein Beispiel: Länder wie Deutschland und Norwegen zahlen für den "Amazonas-Fonds". Damit wollen Industrieländer unter anderem auch die Brandbekämpfung finanziell unterstützen. Doch unter Bolsonaro liegt dieser Fonds derzeit "auf Eis", sagt Matthias Ebert. Bolsonaro wolle keine Einigung. Das muss nicht immer so bleiben: Im nächsten Jahr wird in Brasilien gewählt und Bolsonaro muss nach den aktuellen Umfragen um seine Wiederwahl fürchten.

Globaler Fonds für soziale Sicherheit

Aber was bedeuten die Waldbrände für Menschen, für die Anwohner, die davon persönlich betroffen sind, die ihre Existenz verlieren? Die Organisation "Entwicklung hilft" hat das in diesem Jahr untersucht und in ihrem Welt-Risiko-Bericht zusammengefasst. "Die meisten Berechnungen schätzen, dass bei einem mittleren Erderwärmungsszenario das weltweite Bruttosozialprodukt um sechs bis sieben Prozent niedriger liegen könnte als ohne menschengemacht Erwärmung", sagt Katrin Radtke, die wissenschaftliche Leiterin des Berichts.

Eine Forderung: den Ländern, die am wahrscheinlichsten betroffen sind von Umweltkatastrophen finanziell zu ermöglichen, soziale Sicherungssysteme aufzubauen – mit einem globalen Fonds und dem Ziel, dass alle Menschen über eine Basissicherheit verfügen. Genauso, wie es auch in der Allgemeinen Menschenrechtserklärung steht.

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