Eine Frau trauert an einem Gedenkplatz für nicht beerdigte Kinder um ihr verstorbenes Kind
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"Kein richtiges Baby"? Petition für Mutterschutz bei Fehlgeburt

"Kein richtiges Baby"? Petition für Mutterschutz bei Fehlgeburt

Ein Kind zu verlieren, schmerzt Eltern tief. Auch jene, die ihr Baby schon während der Schwangerschaft verlieren. Sie brauchen Zeit zum Trauern. Doch nach einer frühen Fehlgeburt greift kein Mutterschutz. Eine Petition will das jetzt ändern.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Fast jeden Tag geht Anna Pielock aus Anzing bei München zum Friedhof. Im Grab der Familie liegt ihr Sohn Samuel. Gestorben ist er in der 21. Schwangerschaftswoche. Der Verlust des Kindes vor zwei Jahren, das Trauma der Fehlgeburt - die 30-jährige Mutter sucht nach einem Weg, damit umzugehen: "Der Schmerz wird mit den Jahren nicht besser. Man lernt damit umzugehen, aber es ist schwer, es tut weh. Mit meinem Sohn ist ein Teil von mir gegangen."

Bisher Mutterschutz erst ab der 24. Woche

Nach aktuell gültiger Rechtslage hat eine Frau nur Anspruch auf Mutterschutz, wenn sie ihr Kind in der 24. Schwangerschaftswoche oder später verliert, oder wenn ihr tot geborenes Kind mehr als 500 Gramm wiegt. Dann gilt es als Totgeburt. Für Fehlgeburten vor der 24. Woche existiert kein Mutterschutz. Betroffene Frauen müssen sich also selbst um ihre Krankmeldung kümmern, wenn sie Zeit brauchen, um den Verlust zu verarbeiten.

Jede dritte Schwangere betroffen

Anna Pielock hat sich alleingelassen gefühlt und trifft sich deshalb mit Frauen, die ebenfalls Fehlgeburten hatten. Mit Sabrina Jacob und Sonja Gros sitzt Pielock im Gemeindecafé in Anzing, sie sprechen über ihre Erlebnisse und über die teils erschreckenden Reaktionen von Freunden und Verwandten. Nach ihrer Fehlgeburt in der 17. Woche war Sabrina Jacob tief verletzt, als sie sich Reaktionen anhören musste wie "Es hat nicht sollen sein" oder "Du hast schon zwei gesunde Kinder, sei doch froh drum."

Reaktion: "Es war ja noch kein richtiges Baby"

Sonja Gros, die ihr Kind in der zwölften Woche verlor, hat das Gefühl, man dürfe desto weniger trauern, je früher die Fehlgeburt sei. Einmal habe ihr sogar jemand über das gerade verlorene Kind gesagt: "Es war noch gar kein richtiges Baby". Gegenüber betroffenen Frauen fallen auch immer wieder Sätze wie "Dann können Sie ja morgen wieder arbeiten gehen."

Viele Mütter sind traumatisiert

Anna Pielock hat grauenhafte Erinnerungen an ihre Fehlgeburt, mit der für sie eine Welt zusammenbricht. Im September 2020 ist sie in der 21. Schwangerschaftswoche und geht zum Vorsorgetermin zu ihrer Gynäkologin. Die Ärztin stellt fest, dass das Herz des Kindes nicht mehr schlägt. Kurze Zeit später liegt Pielock in der Klinik, das verstorbene Kind wird per Kaiserschnitt geholt. Furchtbar der Moment, als sie aus der Narkose aufwacht und ihr Partner ihr das tote Kind auf die Brust legt.

Kein Schutz bei frühen Fehlgeburten

Als sie wieder nach Hause kommt, merkt Pielock: In ihrer Trauer um den verlorenen Sohn kann sie mit Unterstützung nicht rechnen. Der gesetzliche Mutterschutz gilt bei ihr nicht. Sie erreicht schließlich, dass sie für sechs Wochen krankgeschrieben wird. Doch sie braucht mehr Zeit und erkämpft sich schließlich weitere fünf Monate. Pielock und viele andere Frauen kritisieren, die Krankschreibung liege allein im Ermessen des betreuenden Arztes. Die Betroffenen müssten regelrecht darum bitten.

Anna Pielocks gesetzliche Krankenkasse weigert sich zunächst, die Kosten für den Rückbildungskurs "Leere Wiege" zu übernehmen, den es speziell für Frauen nach Fehlgeburten gibt. Später erklärt sich die Krankenversicherung bereit, die Hälfte der Kosten zu übernehmen. Pielock: "Keine Frau sollte sich nach so einem Verlust in einen Rückbildungskurs mit frischgebackenen Müttern und ihren Babys setzen müssen."

Bisher 50.000 Unterschriften für Petition

Mit einer Petition verlangen jetzt Frauen wie Anna Pielock von der Bundesregierung einen gestaffelten Mutterschutz, der wesentlich früher einsetzt als bisher. Die Petition "Gestaffelter Mutterschutz nach Fehlgeburten", initiiert von Natascha Sagorski, wurde inzwischen über 50.000 Mal unterzeichnet. Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung ist angekündigt, dass der Mutterschutz bei Fehlgeburten in Zukunft schon ab der 20. Woche gelten soll, doch damit wollen sich die Betroffenen nicht zufriedengeben.

Anna Pielock und ihr Partner haben nach der Fehlgeburt des kleinen Samuel eine Tochter bekommen. Wenn die kleine Paulina groß ist, soll sie bei einer Fehlgeburt besser geschützt sein als ihre Mutter heute, findet Anna Pielock.

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