Sanierung der Riedbahn in Gernsheim, Foto vom 14.09.2024: Bauarbeiter arbeiten an einer neu verlegten Bahnweiche auf Betonschwellen.
Sanierung der Riedbahn in Gernsheim, Foto vom 14.09.2024: Bauarbeiter arbeiten an einer neu verlegten Bahnweiche auf Betonschwellen.
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Die Bahn will sich mehr Zeit für die Sanierungen ihres Schienennetzes lassen und weniger Generalsanierungen pro Jahr durchführen als bisher.
Bildrechte: picture alliance / Ulrich Baumgarten | Ulrich Baumgarten
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Die Bahn will sich mehr Zeit für die Sanierungen ihres Schienennetzes lassen und weniger Generalsanierungen pro Jahr durchführen als bisher.

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Marodes Schienennetz: Sanierungen bei Bahn könnten länger dauern

Marodes Schienennetz: Sanierungen bei Bahn könnten länger dauern

Die Bahn will sich mehr Zeit für die Sanierungen ihres Schienennetzes lassen und die Zahl der Generalsanierungen auf vier bis fünf pro Jahr senken. Die 42 Generalsanierungen sollen demnach fast doppelt so lange dauern wie bisher geplant.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Die Belastungen für Fahrgäste infolge der Sanierungen von mehr als 40 hochbelasteten Bahnstrecken könnten sich nach den neuen Plänen der Deutschen Bahn länger hinziehen als bisher vorgesehen. Demnach wäre die letzte Generalsanierung erst Mitte der 2030er Jahre abgeschlossen, nicht schon im Jahr 2030. Die Zahl der jährlichen Korridorsanierungen will die Bahn dafür reduzieren. Das geht aus einem Schreiben der für die Infrastruktur zuständigen Tochter DB InfraGo an andere Verkehrsunternehmen hervor, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Allerdings sollen noch Gespräche mit dem Bund geführt werden, dem die finale Entscheidung obliege. Ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums sagte: "Wie im Koalitionsvertrag vereinbart, schauen wir uns das Korridorsanierungskonzept genau an und schärfen wo nötig nach." Das Ministerium werde sich zu dem Vorschlag der Bahn positionieren, sobald dieser zwischen der InfraGo und der Branche abgestimmt sei.

Monatelange Streckensperrungen

Die vorgesehenen insgesamt 42 Generalsanierungen sind ein Projekt der alten Bundesregierung. Mit der umfassenden Modernisierung der vielbefahrenen Strecken soll ein wichtiger Teil des maroden und überlasteten Schienennetzes nach und nach wieder fit gemacht werden. Die Bahn hofft im Anschluss an die Arbeiten auf eine jahrelange Baufreiheit auf den Abschnitten. Das soll dazu beitragen, dass Züge wieder pünktlicher an ihr Ziel kommen.

Im vergangenen Jahr wurde die Riedbahn zwischen Frankfurt und Mannheim saniert. In diesem Jahr ist die Strecke zwischen Hamburg und Berlin an der Reihe. Doch was langfristig eine Verbesserung für die Fahrgäste bringen soll, bedeutet zunächst erhebliche Belastungen für Reisende. Die Strecken werden für die Bauzeit jeweils über Monate voll gesperrt. Fern- und Güterverkehr werden mit deutlich längeren Fahrzeiten umgeleitet. Im Regionalverkehr fahren Ersatzbusse, die ebenfalls erheblich mehr Zeit brauchen.

Kritik am Zeitplan

Auf Kritik stieß immer wieder der Zeitplan, der vielen von Anfang an als zu ambitioniert vorkam. "Die ursprüngliche Zielmarke 2030 war politisch motiviert, nicht fachlich – und ist an den Realitäten des Systems vorbeigeplant worden", sagt etwa Neele Wesseln, Geschäftsführerin des Verbands Die Güterbahnen. Bis zu neun Korridore gleichzeitig pro Jahr sollten nach den bisherigen Planungen bis Anfang der 2030er Jahre modernisiert werden. Nicht alle davon sind so komplex und lang wie die Riedbahn oder Hamburg-Berlin. Doch für den Güterverkehr bedeuten die zahlreichen parallelen Projekte eine große Belastung.

Insbesondere die Union hat die bestehenden Zweifel am bisherigen Generalsanierungskonzept schon vor längerer Zeit aufgegriffen. Im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung ist vereinbart, das Konzept zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen.

Bundesverkehrsminister: Halten am Grundkonzept fest

"Wir halten am Grundkonzept fest, denn gerade auf überlasteten Strecken besteht einfach Handlungsbedarf", sagte der neue Bundesverkehrsminister, Patrick Schnieder (CDU), dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND), "aber wir schauen genau hin, welche Auswirkungen es hat". Die Bahnkunden dürften nicht überfordert werden. "Auch stelle ich mir die Frage, ob bis zu neun Streckensanierungen in einem Jahr realistisch und sinnvoll sind", betonte Schnieder. 

Fahrgäste dürften gleichwohl Interesse daran haben, dass die Bahn bei der Sanierung des Netzes schnell vorankommt. Ein Großteil der hohen Verspätungsquote liegt an dem umfangreichen Baugeschehen auf dem maroden Netz. Mit jeder sanierten Strecke hofft die Bahn auf eine sukzessive Verbesserung. Schon bis 2027 will die Bahn im Fernverkehr wieder eine Pünktlichkeit von 75 bis 80 Prozent erreichen. Der Fahrgastverband Pro Bahn ist jedoch skeptisch: "Auch das ist ein ambitioniertes Ziel, bei dem ich den Realismus dahinter durchaus anzweifle", sagte der Bundesvorsitzende Detlef Neuß.

Aus der Opposition im Bundestag kam Kritik an den Plänen. "Der Bundestag gibt ein Sondervermögen Infrastruktur frei, damit in Deutschland schneller saniert werden kann und Merz und Klingbeil haben nichts Dreisteres zu tun, als mit mehr Geld weniger zu sanieren? Wollen sie ganz Deutschland für dumm verkaufen?", teilte die Grünen-Abgeordnete Paula Piechotta mit.

Mit Informationen von dpa

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