Ein Vater fährt mit seinen Töchtern Fahrrad.
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Familie mit Lastenrad unterwegs

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Neue Formen der Mobilität – "Mehr probieren, experimentieren"

Neue Formen der Mobilität – "Mehr probieren, experimentieren"

Kommunen testen den Einsatz von Lastenrädern, sind mit den Ergebnissen zufrieden – trotzdem ist die Debatte über alternative Verkehrsmittel groß. Dabei täte Experimentieren gut, sagen Experten. Mehr Bereitschaft brauche das Land.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

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Mal eben ein Lastenrad mieten, um den Einkauf nach Hause zu transportieren – das machen die wenigsten. Die Zahl zugelassener Autos steigt in Deutschland Jahr für Jahr. Lange Staus und nervenaufreibende Parkplatzsuchen ändern daran nichts. "Wir Menschen sind Gewohnheitstiere", sagt Maximilian Pfertner vom Lehrstuhl für Siedlungsstruktur und Verkehrsplanung an der TU München: Jahrelange Routinen führten oft zu einer gehörigen Skepsis neuen Ideen gegenüber.

Verkehrsexperte: Lastenfahrrad ideologisch aufgeladen

Gut abzulesen sei das beispielsweise an der öffentlichen Diskussion rund um Lastenfahrräder. Ein Modellversuch mit Leih-Lastenrädern in sieben bayerischen Kommunen verlief zwar positiv. Trotzdem findet sich in den Kommentarspalten dazu viel Häme und wenig Experimentierfreude. "Das Lastenfahrrad ist ideologisch aufgeladen", so Pfertner. "Viele sehen darin die Lastenrad-Mama am Prenzlauer Berg in Berlin, die alle Autos verbieten will, und glaubt, alle müssten nur noch Lastenrad fahren." Dabei wolle aber weder jemand etwas verbieten noch für alle vorschreiben.

Das Verkehrsmittel muss zum Alltag passen. Wer im ländlichen Raum wohnt, weiß, dass das nicht immer der Fall ist. Trotzdem sieht der Verkehrsexperte auch hier Chancen. Maßnahmen, die in der Stadt funktionieren, können an ländliche Bedürfnisse angepasst werden. Nicht alle Menschen, die ein Lastenrad nutzen, schaffen ihre Autos ab und das müssen sie auch gar nicht. "Aber man kommt vielleicht als Familie mit nur noch einem Auto klar, weil man die Erledigungen bei sich im Ort mit dem Lastenrad machen kann."

Abwehrhaltung durch falsches Verständnis

In Kommentarspalten zu alternativen Fortbewegungsmitteln fällt Maximilian Pfertner oft die "Ich kann nicht, weil …"-Abwehr auf. "So heißt es da zum Beispiel: Ich muss meine pflegebedürftigen Eltern dreimal in der Woche zur Dialyse bringen. Deswegen kann ich nicht Lastenrad fahren. Aus dieser Grundhaltung lehnt man dann die Förderung von Lastenrädern oder das Lastenrad an sich komplett ab." Dahinter steckt für Pfertner ein falsches Verständnis: "Niemand muss etwas nutzen. Es kann trotzdem gut sein, es anzubieten, weil es andere Teile der Bevölkerung gibt, die das Lastenrad gerne nutzen wollen."

Er wünscht sich mehr Bereitschaft, anderen Verkehrsmitteln eine Chance zu geben. Die Antwort dürfe dann auch "nein" sein, "das ist nichts für mich", aber vielleicht auch ein "ab und zu". "Vielleicht ist es ja was Schönes, zweimal im Jahr mit einem geliehenen Lastenrad an den See zu radeln, was aber nicht heißt, dass ich ab sofort jeden Morgen mit einem geliehenen Rad in die Arbeit fahren muss."

Die klassischen Autofahrer sollten dabei nicht vergessen, dass jeder, der nicht im Auto sitzt, sondern auf dem Rad, auf dem Lastenrad, im Bus oder in der S-Bahn, gleichzeitig jemand ist, der nicht in einem Auto vor ihm im Stau steht. "Wenn wir es schaffen, Alternativen attraktiv zu machen, profitieren auch Menschen davon, die nicht auf ihr Auto verzichten können oder wollen", so Pfertner.

Neue Gedanken, neue Verkehrsmittel

Aber wie geht das, dieses "attraktiv machen"? "Es tut sich jetzt endlich was", sagt Andreas Knie, Leiter der Forschungsgruppe Digitale Mobilität und gesellschaftliche Differenzierung am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung.

Er beschäftigt sich seit über 30 Jahren mit diesem Thema: "Zum ersten Mal können wir ganz offen über die Zahl der Autos reden. Das war vorher ein Tabu. Jetzt wird darüber nachgedacht, diese Zahl zu begrenzen, vielleicht eine Autobahn nicht neu zu bauen und die vorhandenen Straßen anders aufzuteilen." Mit diesen neuen Gedanken kommen dann auch andere Verkehrsmittel ins Spiel, wie E-Scooter oder Leih-Lastenräder.

Knie: Deutschland darf nicht auf Bremse treten

Während Car-Sharing oder Lastenräder früher nur Randthemen waren, sei das Umdenken inzwischen in der Mitte der Gesellschaft angekommen. "Die Pandemie hat uns gezeigt, es geht auch anders – ich muss nicht jeden Tag ins Büro fahren können. Jetzt kommt sehr viel in Schwung." Der Mobilitätsexperte sieht darin einen Trend, der nicht aufzuhalten ist. "Deutschland wäre gut beraten, nicht immer auf die Bremse zu treten, sondern aktiv mitzumachen."

Den Anschluss zu verlieren wäre keine gute Idee für den Wirtschaftsstandort Deutschland. International sehe man eindeutig, dass sich die Innenstädte neu erfinden, klimaresistent werden und nachhaltige Verkehrsformen entwickeln, um wieder vital zu werden. Um ein Innenstadtsterben aufzuhalten, braucht es neue Wege, neue Ideen – und damit auch neue Geschäfte. "Wenn wir nur das Alte behalten, gehen wir mit den alten Industrien baden."

Neue Wege zu gehen, lässt sich in den Augen des Experten nur schaffen, indem die Rad-Infrastruktur in den Innenstädten gefördert und das Auto möglichst aus der Stadt herausgehalten wird. Dass das auf Widerstände stößt, ist auch dem Verkehrsexperten klar, aber "die Autos haben unglaublich viel Platz im öffentlichen Raum, den wir verschenkt haben. Das Auto gehört wieder auf die privaten Flächen – Sie stellen ja auch Ihre Kommode nicht auf die Straße. Der öffentliche Raum ist für alle da."

"Mehr probieren, mehr experimentieren"

Wer, wie die niederländischen Städte, schon in den 1970er Jahren auf das Fahrrad als Hauptverkehrsmittel gesetzt hat, ist da laut Knie schon einen entscheidenden Schritt weiter. Vorbildcharakter haben für ihn außerdem belgische Städte wie Gent, Antwerpen oder Brüssel, aber auch Paris, London, Breslau oder Krakau. "Um uns herum tut sich viel – nur bei uns leider noch viel zu wenig."

Nichts davon geht von heute auf morgen. Als die Stadt Stockholm 2007 eine City-Maut eingeführt und die Zufahrten zur Innenstadt mit einer Gebühr belegt hat, war der Widerstand riesig. Doch nachdem sich der Stau in der Stadt verringert hatte, Kosten und Aufwand sich aber in Grenzen hielten, schlug die Stimmung in der Bevölkerung ins Positive um. 

Auf die Kraft der neuen Ideen baut Mobilitätsexperte Knie auch für Veränderungen hierzulande: "Am Anfang wird immer gewettert. Wir brauchen mehr Trial-and-Error, also Versuch und Irrtum. Wir müssen mehr probieren und experimentieren – und dann werden wir merken, dass uns das guttut, dass wir auch Spaß daran haben und dass am Ende auch alles besser wird."

Im Video (Archiv): Positive Bilanz nach Leih-Lastenrad-Test

Leih-Lastenrad
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Leih-Lastenfahrrad

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