Kardinal Rainer Maria Woelki sei eine "enorme Belastung". Der Erzbischof von Köln müsse "weg": So heißt es in einer Petition an Papst Leo XIV., die der Münchner Priester Wolfgang Rothe aufgesetzt hat – gemeinsam mit anderen engagierten Katholiken, unter ihnen Theologen, Verbandsvertreter, Laien. Das Erzbistum äußerte sich auf Anfrage nicht zu dieser Forderung. Laut Staatsanwaltschaft hat Woelki fahrlässig eine falsche eidesstattliche Versicherung und einen fahrlässigen Falscheid abgelegt.
Vorwurf: Woelki soll unter Eid falsch ausgesagt haben
Grund für die Petition sind die Ergebnisse der staatsanwaltschaftlichen Ermittlung gegen den Kölner Erzbischof im Zusammenhang mit dem Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche. Die Frage: Wann und was wusste der Kardinal über zwei wegen sexuellen Missbrauchs beschuldigte Priester aus seinem Erzbistum. Womöglich früher als er angab: Zu diesem Schluss kommt jedenfalls die Staatsanwaltschaft Köln. In einem Fall ermittelte sie laut Mitteilung vom 6. Mai 2025, dass Woelki "spätestens im Jahr 2019" von Missbrauchsvorwürfen gegen einen Pfarrer erfahren habe. In seiner eidesstattlichen Erklärung hatte Woelki dagegen angegeben, erst im Juni 2022 damit befasst worden zu sein. Laut Staatsanwaltschaft sei das "objektiv unzutreffend" gewesen, auch wenn ihm kein vorsätzliches Handeln bewiesen werden konnte.
Ähnlich der Vorwurf in einem weiteren Fall, bei dem Woelki ebenfalls unter Eid ausgesagt hatte: Er, so der Kardinal, habe weder schriftlich noch auf andere Weise von Berichten sexueller Übergriffe durch den Priester erfahren. Von der Staatsanwaltschaft Köln heißt es, auch diese Darstellung sei "als objektiv unwahr anzusehen". Ein Dokument, in dem der Fall "eingehend dargestellt" sei, habe Woelki sogar selbst unterschrieben. Dass er das Schreiben zwar unterzeichnet, aber nicht gelesen habe, wie Woelki angab, ist für die Staatsanwaltschaft "aufgrund zahlreicher Indizien widerlegt".
Kirchenrechtler hält Ansehen des Kardinals für beschädigt
Für Wolfgang Rothe ist damit eine neue Dimension erreicht in der seit Jahren schwelenden Causa Woelki. "Hier geht es nicht darum, das Versagen eines Bischofs überhaupt erst mal zu verifizieren", so der Initiator der Petition. Sondern "einzig und allein darum, die von der Staatsanwaltschaft amtlich festgestellten Fakten wahrzunehmen und dementsprechend zu handeln". Für Rothe heißt das: Woelki ist als Chef des Erzbistums nicht mehr tragbar.
Der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller hat die Petition ebenfalls unterzeichnet. Er sagt: "Wenn ein Bischof eines der Zehn Gebote nicht beachtet, wie es Woelki nachweislich durch die Staatsanwaltschaft getan hat, dann ist jegliches Ansehen diskreditiert."
Woelki zahlte 26.000 Euro: Verfahren eingestellt
Derweil hat Kardinal Woelki eine ihm auferlegte Geldzahlung in Höhe von 26.000 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung geleistet. Das Geld sei inzwischen eingegangen, hieß es Anfang der Woche. Die Staatsanwaltschaft hat das Ermittlungsverfahren wegen der Geldzahlung inzwischen eingestellt und begründete das Vorgehen bereits Anfang Mai damit, dass Woelki "bislang strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten" sei.
Erzbistum Köln: Kardinal Woelki ist "unschuldig"
Das Erzbistum Köln bleibt auf BR-Anfrage dabei: "Kardinal Woelki ist unschuldig und hat nicht gelogen." Seine Verteidiger seien überzeugt: Wäre es zum Prozess gekommen, hätte dieser mit einem Freispruch geendet. Die Geldzahlung von 26.000 Euro sei man deshalb eingegangen, weil sich Gerichte dann – alternativ, in einem Prozess – "an vielen Verhandlungstagen" mit etwas beschäftigt hätten, was "strafrechtlich nicht relevant" gewesen wäre und "großen Zeitaufwand für den Kardinal" mit sich gebracht hätte.
Staatsanwaltschaft: Verurteilung wäre "wahrscheinlich" gewesen
Die Staatsanwaltschaft Köln argumentiert anders. Anfang der Woche erklärte sie, dass "nach vorläufiger Bewertung der Beweislage" Woelkis strafrechtliche Verurteilung (...) in einem gerichtlichen Verfahren "wahrscheinlich" gewesen wäre. Die Geldauflage habe sich an einem möglichen Strafmaß orientiert, so die Staatsanwaltschaft.
Die Petition von Pfarrer Rothe, die neben dem Kirchenrechtler Schüller auch zahlreiche in Laiengremien engagierten Katholikinnen und Katholiken unterzeichnet haben, ist nicht das erste Rücktrittsgesuch in der Causa Woelki. Der Kardinal selbst hatte einst auf Drängen von Papst Franziskus schon einmal seinen Rücktritt angeboten. Eine Antwort aus Rom blieb damals aus.
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