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Putin verhängt Kriegsrecht in vier annektierten Gebieten

Putin verhängt Kriegsrecht in vier annektierten Gebieten

Russlands Präsident Putin verhängt in den vier völkerrechtswidrig annektierten ukrainischen Gebieten das Kriegsrecht. Das ermöglicht auch offiziell eine Verstärkung der Streitkräfte, Ausgangssperren, Zensur und die Internierung ausländischer Bürger.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Infoblock am .

Der russische Präsident Wladimir Putin hat in den illegal von Russland annektierten Regionen der Ukraine das Kriegsrecht ausgerufen. Ein entsprechendes Dekret habe er bereits unterschrieben, sagte Putin bei einer im Staatsfernsehen übertragenen Ansprache im nationalen Sicherheitsrat.

Ausgangssperren und Reiseverbote auch offiziell möglich

Mit dem Kriegsrecht einher gehen erweiterte Machtbefugnisse für die russischen Besatzungsverwaltungen in den Gebieten Luhansk, Donezk, Cherson und Saporischschja. Unter anderem können die Streitkräfte weiter und leichter verstärkt werden. Außerdem können Bewohner zur Arbeit in der Rüstungsindustrie gezwungen oder an Reisen gehindert werden.

Ermöglicht werden auch Ausgangssperren und die Internierung ausländischer Staatsbürger. Allerdings weisen manche Beobachter darauf hin, dass das in den vergangenen Monaten schon passierte. Zudem gilt jetzt offiziell eine Militärzensur, Eigentum kann beschlagnahmt und private Telefongespräche abgehört werden. Wie aus dem vom Kreml veröffentlichten Dekret hervorgeht, tritt der Beschluss ab Donnerstag in Kraft. Menschenrechtler befürchten, dass sich die schwierige Lage in den betroffenen ukrainischen Regionen weiter verschärft.

"Das Kiewer Regime hat sich geweigert, den Willen der Bevölkerung anzuerkennen, es lehnt jeden Verhandlungsvorschlag ab, das Geschützfeuer geht weiter, Zivilisten sterben", sagte der 70 Jahre alte russische Staatschef. "Sie schicken Sabotage-Gruppen auf unser Gebiet", erklärte Putin. Moskau habe nach dem Angriff auf die Krim-Brücke weitere Attacken, unter anderem "auf unsere Atomkraftwerke", vereitelt.

Kiew: Offiziell verhängtes Kriegsrecht ändert nichts

Ungeachtet des von Putin verhängten Kriegszustands in den vier kürzlich annektierten Gebieten will Kiew die Rückeroberungsversuche zur Befreiung besetzter ukrainischer Gebiete fortsetzen. Der Schritt aus Moskau ändere nichts, twitterte der Berater des ukrainischen Präsidentenbüros, Mychajlo Podoljak. Die Einführung des Kriegsrechts in den besetzten Gebieten sollte laut ihm nur als "Pseudolegitimierung der Plünderung des Eigentums" der Ukrainer betrachtet werden.

Russland hat die Ukraine vor knapp acht Monaten am 24. Februar überfallen. Putin hatte Luhansk, Donezk, Cherson und Saporischschja Ende September nach mehreren Scheinreferenden völkerrechtswidrig annektieren lassen. International wird der Schritt nicht anerkannt. Vor wenigen Tagen hatte die UN-Vollversammlung in einer Resolution mit großer Mehrheit Russland aufgefordert, den Anschluss der teils besetzten Regionen rückgängig zu machen. Der UN-Beschluss ist völkerrechtlich allerdings nicht bindend.

Russische Truppen in Cherson unter Druck

Putins Ankündigung erfolgt vor dem Hintergrund des Vorrückens der ukrainischen Truppen in von Moskau kontrollierten Gebieten der Ukraine. Dort war das russische Militär zuletzt unter Druck geraten und stellt sich jetzt auf eine ukrainische Großoffensive in Cherson ein. Der Oberbefehlshaber der russischen Truppen in der Ukraine sagte, die Lage sei schwierig.

Zugleich forderten die russischen Behörden die Bevölkerung in Cherson auf, sich in Sicherheit zu bringen. Lokale pro-russische Behörden gaben an, über einen Zeitraum von sechs Tagen bis zu 60.000 Zivilisten aus Cherson evakuieren zu wollen. Kiew warf Russland vor, den Einwohnern Chersons mit der Evakuierung Angst machen zu wollen. Die Stadt Cherson mit ihren einstmals 280.000 Einwohnern liegt in der Nähe der von Moskau annektierten Halbinsel Krim und war die erste größere ukrainische Stadt, die nach dem Beginn des Angriffskriegs am 24. Februar besetzt wurde.

Evakuierungen aus Cherson – Ukraine: "Propagandashow"

Hatten in den vergangenen Tage nur wenige Einwohner Cherson verlassen, waren es an diesem Mittwoch viele. Das russische Staatsfernsehen zeigte große Menschenmengen am Dnipro, darunter viele kleine Kinder, die in Booten zum Ostufer übersetzen und von dort tiefer in russisch kontrolliertes Gebiet gebracht werden sollten. Moskautreue Behörden erklärten, die Evakuierungen seien freiwillig.

Der Leiter des Kiewer Präsidialamts, Andrij Jermak, bezeichnete die Evakuierung als "Propagandashow". Russische Behauptungen, ukrainische Streitkräfte könnten die in Friedenszeiten 250.000 Einwohner zählende Stadt beschießen, seien "eine ziemlich primitive Taktik, da die ukrainischen Streitkräfte nicht auf ukrainische Städte schießen".

Mit Informationen von dpa, AFP, AP, Reuters

Karte: Die militärische Lage in der Ukraine

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