Archivbild: Finanzminister Lindner (l) und Bundeskanzler Scholz
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SPD-Fraktionsflügel fordern Ausnahmeregeln von Schuldenbremse

SPD-Fraktionsflügel fordern Ausnahmeregeln von Schuldenbremse

Im Haushaltsstreit hat Kanzler Scholz gerade Einsparungen verteidigt, da kommt neuer Widerspruch aus den eigenen Reihen. Mehrere Flügel der SPD-Bundestagsfraktion fordern ein Aussetzen der Schuldenbremse. Auch der SPD-Vize Post macht Vorschläge.

Kurz vor der von der Ampel-Regierung angestrebten Einigung über den Bundeshaushalt 2025 fordern mehrere Flügel der SPD-Bundestagsfraktion gemeinsam ein Aussetzen der Schuldenbremse. "Das Dogma der Schwarzen Null bedeutet Stillstand und wirtschaftliche Unvernunft", so der Seeheimer Kreis, die Parlamentarische Linke (PL) und das Netzwerk Berlin zur Nachrichtenagentur Reuters.

"Angesichts der außergewöhnlichen Notsituationen in der Ukraine und den deutschen Flutgebieten sollten wir auch in diesem Jahr die Ausnahmeregelung der Schuldenbremse nutzen", fordern Dorothee Martin (Netzwerk Berlin), Matthias Miersch (PL) und Dirk Wiese (Seeheimer Kreis) gemeinsam. Die schwache Konjunktur erfordere zudem eine Reform der Konjunkturkomponente in der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse, damit der Wirtschaft "nicht die Luft zum Atmen" genommen werde.

Einigung auf Haushalt im Juli

In Deutschland darf der Bund laut Schuldenbremse nur neue Schulden in Höhe von 0,35 Prozent der Wirtschaftsleistung aufnehmen. Die Ampel-Regierung aus SPD, Grünen und FDP wollte sich eigentlich bis zum 3. Juli auf einen Entwurf für den Bundeshaushalt 2025 verständigen, der dann im Bundestag beraten und beschlossen werden muss. Es könnte aber auch länger dauern – Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach am Sonntag nur von einer Einigung im Juli. Finanzminister Christian Lindner (FDP) lehnt Ausnahmen von der Schuldenregel bisher kategorisch ab und pocht darauf, die Lücken im Haushalt 2025 durch Kürzungen in den Ressort-Etats zu schließen.

Man sei nicht allein mit der Forderung nach einer Ausnahme von der Schuldenbremse, betonen die SPD-Politiker. Auch Gewerkschaften und Industrie forderten Sonderinvestitionen in die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. Man kämpfe für Unternehmen und Arbeitnehmer, "damit der Standort Deutschland auch in Zukunft wirtschaftlichen Erfolg, aktiven Klimaschutz und sozialen Zusammenhalt garantieren kann". Die drei SPD-Gruppierungen warnen davor, dass Kürzungen bei Sozialausgaben die Unterstützung der Bevölkerung für die nötigen Ukraine-Hilfen gefährdeten. Sie bekräftigen, dass die Kanzlerpartei die "arbeitende Mitte" stärker in den Fokus der Politik stellen wolle. Deshalb seien "ordentliche Löhne, bezahlbare Mieten und stabile Renten" wichtig.

SPD-Vize hält Aussetzung der Schuldenbremse weiter für möglich

Auch aus Sicht des stellvertretenden SPD-Partei- und -Fraktionsvorsitzenden Achim Post sollte die Möglichkeit einer erneuten Aussetzung der Schuldenbremse nicht vorschnell aufgegeben werden. Angesichts der akuten Herausforderungen müssten zusätzliche Finanzierungsmittel mobilisiert werden, sagte Post dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Externer Link, möglicherweise Bezahl-Inhalt). "Dabei sollten wir keine Option vorschnell vom Tisch nehmen. Das betrifft auch die Möglichkeit, die Schuldenbremse erneut auszusetzen – vor allem mit Blick auf Russlands Krieg gegen die Ukraine und dessen Folgen", betonte Post.

Der SPD-Politiker sprach sich zugleich dafür aus, die Forderung des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) nach einem kreditfinanzierten Sondervermögen für wichtige Investitionen nicht vorschnell zu verwerfen. "Ich würde mir wünschen, dass Ideen und Instrumente wie diese nicht reflexhaft verworfen, sondern offen und ernsthaft geprüft werden", sagte Post. 

Post: Private Sparguthaben für Investitionen gewinnen

Auch warb er dafür, für Investitionen private Sparguthaben zu gewinnen. "Auf deutschen Sparbüchern lagern Hunderte Milliarden Euro – für einen Zinssatz gen Null", gab Post zu bedenken. "Diesen Sparern kann man ein Angebot machen, das Sicherheit und Rendite verbindet." Zwar könne der Staat nicht acht oder neun Prozent Zinsen zahlen. "Aber ein staatlich abgesicherter Investitionsfonds kann realistischerweise schon eine anständige Rendite erwirtschaften."

Kritik aus der FDP: "Ohne Schuldenbremse, ohne uns"

Die FDP kritisierte die SPD für das Infragestellen der Schuldenbremse. Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Johannes Vogel, betonte: "Allen Parteien muss klar sein, dass es keine Zumutung für eine Regierung ist, einen verfassungskonformen Haushalt vorzulegen", sagte er dem "Spiegel". Mehrere jüngere Abgeordnete der FDP-Bundestagsfraktion drohen der SPD mit einem Koalitionsbruch. "Die Schuldenbremse ist keine 'Wäre-schön-wenn'-Option, sondern im Grundgesetz verbriefte Generationengerechtigkeit", sagte der Vorsitzende der Jungen Gruppe in der FDP-Fraktion, Jens Teutrine, der "Bild"-Zeitung (Externer Link, möglicherweise Bezahl-Inhalt). "Allen muss klar sein: Ohne Schuldenbremse, ohne uns."

Mit Informationen von Reuters und dpa

Zum Audio: Scholz nennt Ausgaben für Ukraine Herausforderung für den Haushalt

23.6.2023: Kanzler Scholz beim Sommerinterview
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