US-Präsident Donald Trump hat nach Angaben aus Regierungskreisen am Donnerstag per Dekret Sanktionen gegen den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag angeordnet.
Das Staatsoberhaupt habe ein entsprechendes Dekret unterzeichnet, teilte die US-Regierung mit. Demnach werden gegen IStGH-Mitglieder, die an Ermittlungen gegen US-Bürger oder gegen Verbündete der USA beteiligt sind, Einreiseverbote verhängt. Betroffen von dem Visa-Embargo sind auch deren Familienmitglieder. Zudem drohen finanzielle Sanktionen. Der IStGH ermittelt unter anderem gegen Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und Russlands Präsidenten Wladimir Putin.
Putin im März 2023 zur Fahndung ausgeschrieben
Der IStGH hat im November 2024 Haftbefehl gegen Netanjahu wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen erlassen. Auch der frühere israelische Verteidigungsminister Joaw Gallant und das führende Hamas-Mitglied Mohammed Diab Ibrahim Al-Masri wurden zur Fahndung von dem Gericht mit Sitz in Den Haag ausgeschrieben.
Bereits im März 2023 hatte der IStGH einen Haftbefehl gegen Putin verhängt. Der Gerichtshof beschuldigt ihn, verantwortlich für die Deportation ukrainischer Kinder und die erzwungene Überführung von Ukrainern in die Russische Föderation zu sein.
Israel begrüßt Sanktionen
Der israelische Außenminister Gideon Saar hat die Sanktionen von US-Präsident Donald Trump gegen den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) begrüßt. Im Onlinedienst X erklärte Saar am Freitag, die Maßnahmen des IStGH seien "unmoralisch" und hätten "keine rechtliche Grundlage". Der IStGH verfolge "aggressiv die gewählten Anführer Israels, der einzigen Demokratie im Nahen Osten" und untergrabe dadurch das Völkerrecht. Die USA und Israel seien "blühende Demokratien, deren Armeen sich streng an das Völkerrecht halten", erklärte Saar.
Strafgerichtshof verurteilt Vorgehen Trumps
Der IStGH forderte seine Mitgliedsstaaten hingegen auf, gegen die Sanktionen aufzustehen und verurteilte das Vorgehen des US-Präsidenten. Es handele sich um einen Versuch, der unabhängigen und unparteiischen juristischen Arbeit zu schaden. "Der Gerichtshof steht fest zu seinem Personal und verspricht, Millionen unschuldigen Opfern von Gräueltaten auf der ganzen Welt weiterhin Gerechtigkeit und Hoffnung zu bieten", hieß es: "Wir rufen unsere 125 Vertragsstaaten, die Zivilgesellschaft und alle Nationen der Welt auf, vereint für Gerechtigkeit und grundlegende Menschenrechte einzutreten."
79 Staaten kritisieren Angriff Unabhängigkeit des IStGH
Inzwischen folgten 79 Staaten dieser Aufforderung. Die Sanktionen der USA erhöhten "das Risiko einer "Straflosigkeit für die schwersten Verbrechen und drohen, das Völkerrecht auszuhöhlen", hieß es in einer am Sitz der Vereinten Nationen in New York veröffentlichten Erklärung der 79 Länder. Als "leidenschaftliche Unterstützer des IStGH" bedauere man "jeden Versuch, die Unabhängigkeit des Gerichtshofs zu untergraben".
Initiiert worden war die Erklärung von Slowenien, Luxemburg, Mexiko, Sierra Leone und Vanuatu. Zu den Unterzeichnern gehören neben Deutschland und Frankreich auch Großbritannien, Südafrika, die Palästinenser, Kanada, Chile und Panama.
EU sichert Gerichtshof Unterstützung zu
Auch die Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, sicherte dem Gericht Unterstützung zu. Der Gerichtshof müsse weiter in der Lage sein, "den Kampf gegen weltweite Straflosigkeit zu führen", schrieb sie auf X: "Europa wird immer für Gerechtigkeit und den Respekt des internationalen Rechts eintreten." Auch EU-Ratspräsident António Costa kritisierte die Entscheidung Trumps. Die Sanktionen gefährdeten die Unabhängigkeit des Gerichtshofs und würden "das internationale Strafrechtssystem als Ganzes" untergraben.
Bundesregierung stellt sich hinter Strafgerichtshof
Bundeskanzler Olaf Scholz kritisierte Trumps Vorgehensweise: "Ich halte es nicht für richtig, den Internationalen Strafgerichtshof mit Sanktionen zu belegen", sagte der SPD-Politiker am Rande eines Wahlkampfauftritts. Es sei völlig in Ordnung, sich über Dinge zu ärgern und zu streiten - "aber Sanktionen sind das falsche Mittel", sagte Scholz. "Sie gefährden eine Institution, die dafür Sorge tragen soll, dass die Diktatoren dieser Welt nicht einfach Menschen verfolgen und Kriege anzetteln können."
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hob die Bedeutung des Gerichts hervor. "Der internationale Strafgerichtshof ist eine der größten Errungenschaften des Völkerstrafrechts", erklärte Baerbock. Die Durchsetzung des Völkerstrafrechts und die Unabhängigkeit der internationalen Gerichte seien "Prinzipien, die Sicherheit für alle bedeuten", betonte sie. Sollte der IStGH "seine Arbeit jetzt nicht weiterführen" können, "wäre das doch eine der größten Freuden" für den russischen Präsidenten Wladimir Putin, so die Außenministerin.
Bereits Sanktionen gegen Strafgerichtshof in Trumps erster Amtszeit
Die USA zählen wie Israel und Russland nicht zu den 125 Staaten, die den Internationalen Gerichtshof tragen. Das seit 2002 tätige Gericht ist zuständig für Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Verbrechen der Aggression und Kriegsverbrechen. Zu den Vertragsstaaten des Internationalen Strafgerichtshofs zählt auch Deutschland, das theoretisch den Haftbefehl gegen Netanjahu umsetzen müsste, sollte der israelische Ministerpräsident die Bundesrepublik besuchen.
Während Trumps erster Amtszeit hatte seine damalige Regierung bereits Sanktionen gegen das Haager Gericht wegen Ermittlungen zu mutmaßlichen US-Kriegsverbrechen in Afghanistan erlassen, sein Nachfolger Joe Biden hob diese wieder auf.
Mit Informationen von AFP und Reuters.
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