Abgeordnete der Länder nehmen im Bundesrat an Abstimmungen teil.
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"Verschiebebahnhof" Bundesrat - Droht eine Dauerblockade?

"Verschiebebahnhof" Bundesrat - Droht eine Dauerblockade?

Die Union hat den Bundesrat beim Bürgergeld als mächtigen Hebel eingesetzt. Die Ampel-Regierung muss sich mehr mit der diverser gewordenen Länderkammer abstimmen als die frühere Große Koalition. Droht jetzt eine Dauerblockade?

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Die Union ist in Deutschland nicht in der Regierung. Trotzdem war sie in der Lage, der Ampel-Koalition deutliche Zugeständnisse beim Bürgergeld abzuringen. Der Grund: Die Zusammensetzung des Bundesrats gibt der Union einen mächtigen Hebel. CDU und CSU regieren in acht von 16 Bundesländern mit.

  • Zum Artikel: Das Ende von Hartz IV – wie viel SPD steckt im Bürgergeld?

Union hat Blockade-Macht im Bundesrat

Diese acht Länder haben im Bundesrat zusammen 39 Stimmen und damit mehr als die Mehrheit von 35. Sie könnten also theoretisch alle Vorhaben blockieren, denen der Bundesrat zustimmen muss – wie zum Beispiel beim Bürgergeld.

Dass es zu einer Dauerblockade kommt, hält der Politologe Knut Bergmann allerdings für unwahrscheinlich. Der Leiter des Hauptstadtbüros des "Instituts der deutschen Wirtschaft" sagt, bei Corona habe es im Krisenmodus eine "All-Parteien-Koalition" im Bundesrat gegeben. "Und diese Krisenhaftigkeit hält ja an."

Die Ampel kann nicht einfach durchregieren

Beim Bürgergeld wurde ein Vermittlungsausschuss angerufen, mittlerweile hat der Bundesrat dem neuen Kompromiss der Ampel zugestimmt. Doch der Fall zeigt: Die Bundesregierung kann nicht einfach so durchregieren.

"Wir haben momentan zwölf verschiedene Kombinationen in den Ländern", sagt Bergmann. Die häufigste ist Schwarz-Grün – so etwa in Nordrhein-Westfalen, Hessen oder Baden-Württemberg. "Insofern ist der Koordinierungs- und Abstimmungsaufwand einfach höher."

Enthaltung bei Zustimmungsgesetzen wie Ablehnung

Wichtig dabei: Wenn Ampel-Parteien in Bundesländern in verschiedenen Konstellationen mit der Union koalieren, spricht man von "neutralen Ländern". Denn bei Meinungsverschiedenheit innerhalb der Länderregierung enthält sich diese im Bundesrat.

Und eine Enthaltung gilt im Bundesrat bei sogenannten "Zustimmungsgesetzen" wie eine Ablehnung. Denn bei diesen Gesetzen braucht es genug Ja-Stimmen. Dazu zählen vor allem Gesetze, die Länder-Finanzen oder die Verwaltungshoheit der Länder auf bestimmte Weise berühren. Zustimmungspflichtig wäre zum Beispiel eine größere Steuerreform oder die Absenkung des Wahlalters auf 16.

Nur Rheinland-Pfalz wird von einer Ampel regiert

In Zeiten der Großen Koalition hatte der Vermittlungsausschuss wenig zu tun. Doch nun wird die Ampel nur ein einziges Mal in den Ländern gespiegelt, nämlich in Rheinland-Pfalz. Aus der Zeit gefallen wirkt das Saarland: Als einziges Bundesland wird es noch mit einer absoluten Mehrheit regiert – und zwar von der SPD.

Die neue föderale Diversität kann Einigungen zwischen Bundestag und Bundesrat kompliziert machen. Zumal sich Länder- und Parteiinteressen nicht immer überschneiden: Immer mal wieder haben Länderregierungen konträr zu ihrer Partei-Fraktion im Bundestag votiert.

Linkes Thüringen nickt CSU-Projekt ab

Ein markantes Beispiel dafür ist etwa, wie das von der Linken regierte Thüringen 2017 die Pkw-Maut – ein CSU-Projekt – nicht wie erwartet im Bundesrat ablehnte. Kurz zuvor hatte Thüringen die Zusage für ein Bahnprojekt bekommen – vom damaligen Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU).

Der Politologe Bergmann spricht von einem großen "Verschiebebahnhof", bei dem Interessen und Taktiken verschwimmen. Nicht immer sei transparent, was passiere, und ohnehin erhielten Bundesratssitzungen oft keine große Aufmerksamkeit. "Aber die Macht ist schon groß. Es kann zumindest viel blockiert werden."

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