Eine Pistole der Marke Glock, eine am Schaft abgesägte Doppelflinte und ein Jagdmesser. Das war laut Staatsanwaltschaft die Ausrüstung des 21-jährigen Amokläufers von Graz. Waffen, die der junge Mann legal erwerben konnte.
Österreich diskutiert nun eine Verschärfung des Waffenrechts - und Deutschland diskutiert gleich mit. Dabei unterscheidet sich das bundesdeutsche Waffenrecht grundlegend von dem im Nachbarland.
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Was zählt als Grund für einen Waffenerwerb?
Ein Grundrecht auf Waffen wie etwa in den USA gibt es weder in Deutschland noch in Österreich - und doch unterscheidet sich der Waffenkauf in den beiden Ländern insbesondere in einem Punkt: der Begründung. Wer in Deutschland eine Waffe kaufen will, braucht ein begründetes Bedürfnis. Dieses kann die Jagd oder das Sportschießen sein. In Ausnahmefällen besteht auch für gefährdete Personen ein solches Bedürfnis. In Österreich reicht es hingegen aus, ein Bedürfnis nach Selbstverteidigung zu äußern, um den Waffenpass erwerben zu können - so ist das auch mutmaßlich beim Amokläufer von Graz geschehen.
Zudem gelten unterschiedliche Altersbeschränkungen: Die vom Amokläufer benutzte Glock-Pistole hätte dieser in Deutschland erst mit 25 Jahren kaufen können. In Österreich hingegen ist das schon ab 18 möglich, dasselbe gilt für Schrotflinten.
Nach dem erfolgten Kauf gibt es in Deutschland weitere Vorschriften: Wer seine Sportwaffe erworben hat, muss mindestens einmal monatlich oder 18 Mal jährlich nachweisen, dass er diese beim Sportschießen benutzt hat. Das soll verhindern, dass Waffen nur unter dem Vorwand der sportlichen Ausübung gekauft werden.
Branchenkenner: Deutscher Schein schwieriger zu erlangen
Sowohl in Deutschland als auch in Österreich werden Waffenkäufer psychologisch überprüft, nur dann können sie einen Waffenschein (Deutschland) bzw. Waffenpass (Österreich) erwerben. Branchenkenner urteilen jedoch, dass der deutsche Test deutlich strenger sei.
Konkret läuft in Deutschland ein Waffenkauf wie folgt ab: Hat ein Kunde den psychologischen Test bestanden und eine Waffenbesitzkarte erfolgreich erworben, geht er damit ins Geschäft. Die Karte überprüft der Händler im nationalen Register, wo laut dem Verband Deutscher Büchsenmacher und Waffenfachhändler (VBW) etwa 940.000 Personen eingetragen sind. Der Händler gibt für den Kauf eine Meldung im Register ein und der Käufer muss binnen 14 Tagen diese Meldung behördlich bestätigen - in Bayern sind dies die 96 Kreisverwaltungsbehörden, in anderen Bundesländern meist die Polizeibehörden.
Büchsenmacher-Verband wünscht sich weniger Bürokratie
Das sei ein hoher Aufwand, konstatiert VBW-Vizepräsident Frank Satzinger. Er stört sich jedoch vielmehr an der aus seiner Sicht bürokratischen und undurchsichtigen Rechtslage: "Keiner kann mit dem Gesetz gut arbeiten." Er hoffe deshalb auf eine Novelle des Waffengesetzes, bei der etwa einige Schritte digitalisiert werden könnten.
Das Waffengesetz ist auf Bundesebene geregelt, deren Umsetzung erfolgt behördlich jedoch über die Länder. "Bayern setzt dabei eigentlich voll das Bundesrecht um, das schafft mehr Planbarkeit für uns", bewertet Satzinger die Lage im Freistaat.
Strenge Regeln historisch bedingt?
Wie kommen die nationalen Unterschiede im Waffenrecht zustande, trotz ähnlicher Geschichte der beiden Länder? Satzinger vermutet die Ursprünge dafür im Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft: "Das Volk wurde wohl entwaffnet, um zivilgesellschaftlichen und politischen Gegnern den Widerstand zu erschweren." Die strengen Waffengesetze erfolgten in den ersten Jahren der Naziherrschaft, vor dem Anschluss Österreichs.
Eine weitere Verschärfungswelle erlebte Deutschland im Zuge der linksextremen Terrorgruppe RAF: "Bis 1973 war es legal, im Quelle-Katalog ein Gewehr zu bestellen", so Satzinger. Der Terror der RAF habe für ein Umdenken gesorgt, Gewehre wurden dann erlaubnispflichtig.
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