Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat den Affenpocken-Ausbruch in 75 Ländern zu einer "Notlage von internationaler Tragweite" erklärt. WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus rief damit am Samstag in Genf die höchste Alarmstufe aus, die sie bei einer Gesundheitsbedrohung verhängen kann.
Praktische Folgen hat das nicht. Die Einstufung soll die Regierungen der Mitgliedsländer dazu bewegen, Maßnahmen zu ergreifen, um den Ausbruch einzudämmen. Sie sollen Ärzte und Kliniken sensibilisieren, bei Verdachtsfällen Schutzmaßnahmen treffen und die Bevölkerung aufklären, wie sie sich vor einer Ansteckung schützen kann.
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Mehr als 2.000 Affenpocken-Fälle in Deutschland
Die Affenpocken sind eine in der Regel mild verlaufende Virusinfektion. Zu den Symptomen gehören Fieber, Kopfschmerzen und Hautausschläge, die meist im Gesicht beginnen und sich auf den Rest des Körpers ausbreiten. Sie haben sich seit Anfang Mai weltweit ausgebreitet.
Im laufenden Jahr wurden mehr als 16.000 Fälle aus mehr als 75 Ländern gemeldet. In der Vergangenheit trat die Erkrankung hauptsächlich in West- und Zentralafrika auf und nur sehr selten andernorts. Zuletzt wurden die Affenpocken jedoch verstärkt aus Europa gemeldet. In Deutschland registrierte das Robert Koch-Institut bislang rund 2.300 Fälle.
Ob wegen der Affenpocken der Gesundheitsnotstand erklärt werden soll, war in der WHO bis zuletzt umstritten. Generaldirektor Tedros erklärte, er habe die Entscheidung gegen die Mehrheit des beratenden Expertenkomitees getroffen. Lediglich sechs Mitglieder des Gremiums hätten für diese Einstufung und neun dagegen gestimmt.
Ansteckung über engen Körperkontakt
Auch den Ausbruch des Coronavirus Sars-CoV-2 hatte die WHO am 30. Januar 2020 als solche Notlage deklariert. Das bedeutet aber nicht, dass die Menschen sich nun bei Affenpocken auf dieselben Maßnahmen wie bei der Corona-Pandemie einstellen müssen.
Während sich das Coronavirus durch Aerosole mit Virenpartikeln verbreitet, die Infizierte beim Atmen, Sprechen oder Husten ausstoßen, erfolgen Infektionen mit Affenpocken nach derzeitigem Wissensstand in der Regel durch engen Körperkontakt.
Etwa 40.000 Impfdosen stehen zur Verfügung
Eine Impfung zum Schutz vor einer Ansteckung wird insbesondere Männern empfohlen, die Sex mit Männern haben und häufig den Partner wechseln. Auch Menschen, die engen Kontakt zu Infizierten hatten, und Personal von Speziallaboren empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko) die Impfung.
Nach Schätzungen des RKI kommen in Deutschland rund 130.000 Menschen für eine Impfung in Frage - momentan stehen in Deutschland nur 40.000 Dosen des Impfstoffs Jynneos zur Verfügung. Laut Stiko soll zunächst die erste Dosis des Impfstoffes verabreicht werden. Die für die Grundimmunisierung nötige zweite Dosis könne zu einem späteren Zeitpunkt gegeben werden, wenn genügend Impfstoff zur Verfügung steht, hieß es.
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Auch Notlage wegen Polio-Ausbrüchen
Die WHO richtet je nach Krankheit bei Bedarf Notfallausschüsse ein, die mit jeweils anderen Fachleuten besetzt werden. Zurzeit gilt neben der Notlage internationaler Tragweite wegen Corona seit 2020 auch eine Notlage wegen Polio-Ausbrüchen (seit 2014).
Abgeschlossene Notlagen waren der Ausbruch der Schweinegrippe H1N1 (2010), des Zika-Virus (2016) und von Ebola (2014-2016 und 2019). Die WHO hatte seinerzeit auch Notfallausschüsse wegen Mers-CoV (2013-2015) und wegen Gelbfieber (2016) einberufen. Die dazu konsultierten Fachleute kamen aber nicht zu dem Schluss, dass ein weltweiter Gesundheitsnotstand erklärt werden sollte.
Mit Material von dpa und Reuters.
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