"Big beautiful mountains" würde Donald Trump vermutlich sagen, ein Golfplatz in unmittelbarer Nähe, möglichst keine kleinteilige Gipfelgestaltung, kein Abschlusskommuniqué. Die kanadischen Gastgeber versuchen so einiges, dass der US-Präsident den G7 gewogen bleibt und nicht etwa vorzeitig abreist. Oder sonst für einen Eklat sorgt.
- Zum Artikel von tagesschau.de: G7-Gipfel in Kanada - Ringen um eine gemeinsame Linie
Kriegen, Krisen, Donald Trump
Das Wetter spielt schon mal mit, in Kananaskis, einem exklusiven Ort in 1.500 Metern Höhe, eingerahmt von der mächtigen Bergwelt der Rocky Mountains. Bundeskanzler Friedrich Merz ist bereits am Vorabend angereist, guter Dinge, auch wenn die Krisen der Welt nicht kleiner und nicht weniger werden.
Die neuesten Entwicklungen im Nahen Osten beunruhigen die Staats- und Regierungschefs der sieben weltwirtschaftlich bedeutendsten Industriestaaten nicht nur wegen der Gefahr eines Flächenbrandes, sondern auch wegen der befürchteten Auswirkungen auf den Welthandel.
Und dann ist da auch noch US-Präsident Donald Trump. An den haben sie in Kanada keine allzu guten Erinnerungen. Vor sieben Jahren, in seiner ersten Amtszeit, nahm Trump schon einmal an einem G7-Gipfel im kanadischen Québec teil. Weil ihm aber eine Pressekonferenz des damaligen Regierungschefs Justin Trudeau nicht gefiel, die er in seiner Präsidentenmaschine auf dem Heimweg verfolgte, ließ er das mühsam erarbeitete Abschlusskommuniqué, also die Abschlusserklärung, quasi aus der Luft per Tweet platzen.
Keine Abschlusserklärung – man will kein Risiko eingehen
Dieses Mal wird es erst gar kein Abschlusskommuniqué geben. Darauf haben sich die Teilnehmer und vor allem Gastgeber Kanada schon vorab verständigt. Zu volatil die Weltlage, zu volatil der amerikanische Präsident, der in seiner zweiten Amtszeit noch viel weniger berechenbar erscheint als noch vor sieben Jahren.
Auch bei der Gestaltung der Tagesordnung und der Themen hat man versucht, möglichst wenig Reibungsflächen mit dem Präsidenten der Weltmacht USA zu bieten: Reizworte wie Klimaschutz etwa werden nicht offensiv, sondern eher verschämt untergebracht. Die kanadischen Gastgeber haben darauf bestanden, dass Waldbrände ein größeres Thema werden, über das gesprochen werden soll. Ein Umweg, um doch über Klimaschutz zu sprechen, ohne das Wort zu verwenden. Bei anderen Themen wie Migration, Welthandel, ökonomischer Sicherheit ist man weniger defensiv unterwegs. Statt einer Abschlusserklärung sind nun einzelne Erklärungen zu oben genannten Themen geplant. Wie weit man kommt? Ausgang offen. Aber man redet immerhin miteinander.
Im Video: BR-Korrespondentin Barbara Kostolnik zu G7-Gipfel
Die BR-Korrespondentin Barbara Kostolnik ist aus Kanada zugeschaltet: Wieso verzichtet man von vornherein auf eine Abschlusserklärung?
Bleibt Trump bis zum Schluss oder sprengt er den Gipfel?
Die große Unbekannte in der komplizierten G7-Gleichung ist und bleibt der US-Präsident. Bis wenige Tage vor Gipfelbeginn war nicht klar, ob Trump überhaupt kommen würde. Er hält nicht unbedingt sehr viel von G7 und ist der Meinung, dass die G7 Russland niemals aus ihrem damaligen G8-Club hätten werfen dürfen. Das machte er auch auf diesem Gipfel wieder klar: "The G7 used to be the G8", sagte er nach einem Gespräch mit dem kanadischen Premierminister Mark Carney, "a very big mistake" sei das gewesen, ein sehr großer Fehler.
Nun ist Trump in Kananaskis, "big beautiful mountains", große wunderschöne Berge überall und praktischerweise ein 36-Loch-Golfplatz ums Eck. Allerdings ist aus der White-House-Press zu hören, dass der US-Präsident in Kanada kein Golf spielen wird. Aber wer weiß das schon ganz genau? Genauso wenig traut man sich in den unterschiedlichen Delegationen der G7-Länder vorherzusagen, ob der US-Präsident bis zum Ende bleiben wird.
Fakt ist: Anders als noch vor sieben Jahren, als Trump als Neuling auf dem G7-Gipfel in Québec wie ein Außenseiter behandelt und belächelt wurde, dreht sich dieses Mal alles um ihn. Aus Delegationskreisen hört man, wie sich die Staats- und Regierungschefs der weltwirtschaftlich bedeutenden Industrienationen um Handshakes und Gesprächsslots mit Trump buchstäblich reißen. Dass der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz noch vor Beginn des offiziellen Gipfel-Teils einen dieser begehrten Gesprächsslots bekommen hat, ist daher ein Zeichen dafür, dass Trump Merz zumindest nicht ignoriert. Bis auf Weiteres, würde Friedrich Merz vermutlich sagen.
Im Video: G7-Gipfel - Krisenmodus in Kanada
Der G7-Gipfel in Kananaskis in den kanadischen Rocky Mountains steht im Zeichen globaler Konflikte wie Nahost, Handelsstreit und Ukraine.
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