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Yogaverein: Ermittlungen in Deutschland eingestellt

Yogaverein: Ermittlungen in Deutschland eingestellt

In Frankreich wird weiter gegen Personen aus der Yogabewegung "Atman" ermittelt. Die Staatsanwaltschaft Berlin hat ein Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit der "Deutschen Akademie für traditionelles Yoga" eingestellt.

14 Aussteigerinnen aus der internationalen Yoga-Bewegung "Atman" haben BR-Reporterinnen davon berichtet, wie sie von ihren Yogalehrerinnen oder -lehrern an einen geheimen Ort in Frankreich eingeladen wurden, um dort an einer "tantrischen Initiation" mit dem spirituellen Lehrer der Yogabewegung, Gregorian Bivolaru, teilzunehmen. Den Frauen wurde so spirituelle Erweiterung versprochen.

In Wahrheit war die "Initiation" sehr langer Tantra-Sex mit einem Mann, der mittlerweile über 70 Jahre alt ist. Das Treffen mit ihm empfinden einige im Nachhinein als Missbrauch. Viele schämen sich. "Ich bin doch jeden Schritt mitgegangen", sagt eine Aussteigerin aus München im Interview. "Ich habe erst hinterher verstanden, wie ich da rein manipuliert wurde."

Ermittlungen in Frankreich dauern weiter an

Nachdem mehrere Frauen 2022 Anzeige in Frankreich erstattet hatten, wurde Gregorian Bivolaru im November 2023 in der Nähe von Paris festgenommen. Die französischen Behörden ermitteln nach wie vor unter anderem wegen Vergewaltigung, Entführung in einer organisierten Bande und Menschenhandel gegen ihn und weitere Beschuldigte. Es gilt die Unschuldsvermutung. Auf Anfrage bei seinem Anwalt äußert sich Bivolaru, der weiterhin in U-Haft sitzt, nicht. Die internationale Yogabewegung Atman weist viele der Vorwürfe zurück.

Eigenständiges Verfahren in Deutschland eingestellt

Die Ermittlungen in Frankreich wurden auch auf Deutschland ausgeweitet: Die Staatsanwaltschaft Berlin ist auf ein Rechtshilfeersuchen aus Frankreich bei den Ermittlungen "unterstützend tätig" gewesen, teilte sie dem BR mit. Außerdem hat die Staatsanwaltschaft Berlin ein eigenständiges Ermittlungsverfahren geführt. Dieses wurde im Oktober 2025 mangels hinreichendem Tatverdacht eingestellt. Mehrere Frauen hatten Anzeige in Deutschland gegen insgesamt sechs Beschuldigte gestellt.

Die Staatsanwaltschaft Berlin teilt dem BR dazu schriftlich mit: "Insbesondere war nach der Vernehmung mehrerer Zeugen den Beschuldigten kein strafrechtliches Verhalten im Geltungsbereich der Strafprozessordnung zu entnehmen." Auch seien im Ermittlungsverfahren "keine Betroffenen bekannt geworden bzw. identifiziert worden", die Gregorian Bivolaru "in Frankreich zum Zwecke der Durchführung sexueller Handlungen gegen ihren Willen aus Deutschland zugeführt wurden oder gegen ihren Willen an Video-/Sex-Chats mitgewirkt haben".

Freiwillige Handlungen versus Manipulation

Die betroffenen Frauen, mit denen die BR-Reporterinnen für den Podcast "Seelenfänger" und das Sachbuch "Toxic Tantra" gesprochen haben, sagen selbst, sie hätten nicht offen gegen ihren Willen gehandelt – sie haben freiwillig Fotos von sich im Bikini oder in Unterwäsche ihrem "Guru" Gregorian Bivolaru zukommen und sich freiwillig zu ihm bringen lassen. Sie hatten auch freiwillig Sex mit ihm. Zumindest auf den ersten Blick. Die Frauen sagen aber auch, ihnen sei durch Yogalehrerinnen und –Lehrer weisgemacht worden, sie könnten sich auf diese Weise spirituell weiterentwickeln, glücklicher, gesünder, erfolgreicher sein. Viele fühlen sich im Nachhinein manipuliert.

Manipulation ist in Deutschland kein eigener Straftatbestand – anders als in Frankreich, wo "psychologische Unterwerfung" mit einer Freiheitsstrafe von drei Jahren bestraft werden kann.

Eigenständig organisierte Schulen

Zum Dachverband der Yogabewegung "Atman" gehören derzeit Mitgliedsschulen in 29 Ländern, die eigenständig organisiert sind. Eine davon ist die Deutsche Akademie für traditionelles Yoga (DAtY). Die Schilderungen der ehemaligen Kursteilnehmerinnen ähneln sich, sogar in Details. Sie berichten von Meditationen mit Bildern ihres Gurus; davon, wie sie Fotos von sich im Bikini abgegeben haben, damit Gregorian Bivolaru ihre Aura lesen könne. Und von Frauengruppen, die im Nachhinein als "Sex-Training" empfunden wurden.

Yogaschule weist viele Vorwürfe zurück

Die "Deutsche Akademie für traditionelles Yoga" hat dem BR auf Anfrage im Frühjahr 2024 geschrieben, es sei ihnen nicht bekannt, dass Yogaschülerinnen von ihnen nach Paris zur sogenannten Initiation gefahren sind. Und: In Aktivitäten, die die Ermittler Gregorian Bivolaru vorwerfen, sei der Verein nicht involviert. Auf der Webseite des Vereins steht, dass einige Kursleiter und Teilnehmer Gregorian Bivolaru als spirituellen Lehrer gewählt haben. Dies sei jedoch eine freie Entscheidung, daher sei die DAtY auch keine sektenhafte Organisation.

Außerdem schrieb die Deutsche Akademie für traditionelles Yoga dem Bayerischen Rundfunk: Ihr sei keine Gehirnwäsche, Manipulation und kein Machtmissbrauch in ihrem Verein bekannt. Dass Bikinifotos verlangt und mit Fotos von Bivolaru meditiert wird, streitet der Verein ebenso ab.

Standort-Schließungen in Bayern

Nach Recherchen der Nürnberger Nachrichten und des Bayerischen Rundfunks scheint seit Kurzem der Standort der DAtY in Erlangen geschlossen. Die Schule war dort mehr als 20 Jahre aktiv. Zuvor wurde der Standort in Nürnberg geschlossen. Eine Anfrage der Nürnberger Nachrichten an die DAtY zu den Standortschließungen blieb unbeantwortet.

Hinweise?

Wir bleiben dran: Wer Hinweise an die beiden Reporterinnen hat, kann sich melden unter Christiane.Hawranek@br.de und Katja.Paysen-Petersen@br.de

Die komplette Recherche hören Sie im BR-Podcast "Seelenfänger - Toxic Tantra" in der ARD Audiothek und überall, wo es Podcasts gibt. Die Reporterinnen haben ihre Recherche im Sachbuch "Toxic Tantra" vertieft und fortgesetzt (erscheint am 30. Oktober in den Ullstein Buchverlagen).

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