Der US-Präsident mit einem Handy am Schreibtisch
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Immer dran: Donald Trump

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"Er will nichts verpassen": Aufregung um Trumps Handy-Nutzung

"Er will nichts verpassen": Aufregung um Trumps Handy-Nutzung

Unterdrückte und unbekannte Nummern findet der US-Präsident "aufregend", heißt es im US-Magazin "The Atlantic". Trump telefoniere so eifrig wie kein anderer Amtsinhaber vor ihm - und so ungeschützt. Das sorgt für Wirbel, auch in Russland.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

"Im Fernsehen heißt es immer, Menschen über 70 seien für Telefon-Betrüger ein Geschenk des Himmels", so ein russischer Zeitungsleser (externer Link) zur Diskussion über Donald Trumps ungewöhnlich unbekümmerte Telefongewohnheiten. Geheimdienstmitarbeiter aller Länder hätten vermutlich gar keine Lust, den überaus zugänglichen US-Präsidenten abzuhören, vermutete ein weiterer Kommentator, weil sie damit nur ihre "geistige Gesundheit riskierten".

Andere fragten sich, wann Trump angesichts seiner Arglosigkeit wohl ein Opfer der russischen Telefon-Scherz-Komödianten Vovan und Lexus werde, woraufhin Politologe Konstantin Kalaschew spottete: "Die haben einfach nur Mitleid mit dem alten Mann."

"Wie eine Münze im Kaugummiautomaten"

Grund für den Spott: Im US-Magazin "The Atlantic" war zu lesen (externer Link), wie lässig Trump seine angeblich drei Handys nutzt: "Der Reiz des Telefons ist einfach erklärt: Trump ruft gerne an. Er lässt sich gerne anrufen. Unbekannte Nummern sind für ihn aufregend, ähnlich wie eine Münze in einen Kaugummiautomaten zu werfen und zu warten, welche Sorte herauskommt. Das Telefon abzugeben wäre für ihn unbequem und einschränkend, also behält er es."

Weit mehr als 100 Personen hätten Trumps Privatnummer (Klingelton "Reflection") und würden sie auch immer wieder gern spontan anwählen: Abgeordnete, Freunde, Familienmitglieder, Konzerngrößen, Prominente, Staatschefs und Journalisten. Nach seinem Wahlsieg sei Trump amüsiert gewesen, dass ihm zwanzig Staatschefs am Telefon "in den Hintern kriechen" wollten.

"Könnte ein ausländischer Staatschef sein"

Warnungen vor chinesischen und russischen Hackern nimmt Trump demnach ebenso wenig ernst wie andere Risiken, etwa auf Fakes reinzufallen: "Er weiß nicht einmal, aus welchem ​​Land [jemand anruft]. Er sieht nur die Nummer und denkt: Das könnte ein ausländischer Staatschef sein, mit dem ich sprechen möchte." Er wolle halt nichts "verpassen", werden Trumps Weggefährten im Weißen Haus zitiert. Ein Berater behauptete, der Präsident habe in seiner ersten Amtszeit niemandem in seinem Stab vertraut - außer seinem Handy.

"Chatten Sie nicht ohne Wissen des Genossen Major"

Diese bemerkenswert lockere Handy-Handhabung amüsiert und befremdet russische Blogger auch deshalb ganz besonders, weil das dortige Telekommunikations-Ministerium soeben vorschlug [externer Link], Anrufe von ausländischen SIM-Karten gesetzlich zu unterbinden, vordergründig, um Telefonbetrug in den Griff zu bekommen.

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Politologe Andrei Nikulin schrieb (externer Link): "Angesichts der Tatsache, dass fast alle Anrufe von verdächtigen Nummern zumindest formal von russischen Teilnehmern stammen, scheint diese Maßnahme in erster Linie darauf abzuzielen, die Isolation unserer Landsleute zu verstärken." Diese Meinung teilte auch Politikwissenschaftler Georgi Bovt.

"Später muss Genosse Major jeden Anruf protokollieren"

Ähnlich ironisch äußerte sich ein weiterer tonangebender russischer Blogger (externer Link): "Telefonbetrug ist in den letzten Jahren natürlich zu einem massiven Problem geworden. Aus irgendeinem Grund scheint es jedoch so, als würden die Methoden, die die Behörden zur Bekämpfung einsetzen, nicht weniger Schaden anrichten."

An solchen bitteren Kommentaren herrscht kein Mangel (externer Link): "Müssen Russen künftig um Erlaubnis fragen, um mit ausländischen Teilnehmern zu telefonieren? Sollte der Gesetzentwurf angenommen werden, müssen Russen jedes Mal, wenn sie beispielsweise mit Verwandten im Ausland telefonieren möchten, dies im Voraus anmelden. Vorerst muss das ihr Provider tun, und später, davon können Sie ausgehen, muss sogar Genosse Major jeden Anruf protokollieren."

TV-Propagandist Sergei Mardan dagegen empfahl seinen Landsleuten (externer Link), nur noch russische Kommunikationsdienste. Begründung: Dort seien sie sicher vor Künstlicher Intelligenz.

Telefon als Machtinstrument

In der deutschen Politik hat Trump übrigens in Kanzler Helmut Kohl (1930 - 2017) einen würdigen Vorgänger, was die intensive (und unbekümmerte) Nutzung des Telefons als Machtmittel betrifft.

So erinnert sich Kohls Mitarbeiter Michael Mertes (externer Link): "Er dürfte jeden Kreisvorsitzenden der CDU persönlich gekannt haben, nicht unbedingt näher, doch konnte jeder damit rechnen, mal einen Anruf aus dem Kanzleramt zu bekommen. Man kann schon bei Machiavelli nachlesen, dass ein oberster Kriegsherr nicht nur zu den Generälen den Kontakt pflegen sollte, sondern auch zu den Hauptleuten." Putin sieht es russischen Medien zufolge angeblich genauso.

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