Buchcover von Shila Behjats "Söhne großziehen als Feministin"
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Feminismus als Dilemma: Warum Mutterschaft politisch ist

Feminismus als Dilemma: Warum Mutterschaft politisch ist

Shila Behjat ist Mutter von zwei Söhnen und Feministin. Für die Journalistin liegt darin ein Dilemma, über das sie nun ein Buch geschrieben hat. In "Söhne großziehen als Feministin" erkundet sie das politische Potenzial des Mutter-Seins.

Über dieses Thema berichtet: Diwan - Das Büchermagazin am .

Wie kann etwas gut sein und trotzdem Unbehagen auslösen? Shila Behjat ist Mutter von zwei Jungen im schulpflichtigen Alter. Sie freut sich darüber, wie selbstbewusst und ehrgeizig die gleichaltrigen Mädchen auftreten und fragt sich gleichzeitig: Wo bleiben da meine Söhne? Sie ist entsetzt, wenn sich einer der Söhne aggressiv verhält, gleichzeitig ertappt sie sich bei der Vorstellung, dass Jungen doch einen gewissen "Killerinstinkt" bräuchten - in ihrem Buch "Söhne großziehen als Feministin" will Behjat solche Widersprüche aufdecken.

Mutterschaft zwischen Mental Load und Moral Load

"Haben wir uns als Feministinnen genug damit beschäftigt, das System zu verändern? Oder wollen wir nur das Gesicht von Machtstrukturen verändern?", diese Fragen stellt sich Behjat laut im BR-Interview. Fragen, denen auch ihr Essay nachgeht. Wie müsste eine feministische Gesellschaft aussehen – jenseits von Geschlechterklischees? Auf der Suche nach Antworten, hinterfragt Behjat auch die feministischen Konzepte, mit denen sie aufgewachsen ist. Einen "Girl-Power-häng-dich-rein-Feminismus", der sich aber doch immer an einer männlich geprägten Welt orientiert.

Besonders stark ist ihr Essay, wenn sie über sich selbst schreibt, etwa über den "Moral Load", den sie spürt – angelehnt an den Mental Load, die Last, an die vielen kleinen und großen Dinge im Familienalltag zu denken, von Impfterminen über Turnbeutel bis zu Geburtstagsgeschenken. Mit Moral Load meint Behjat demgegenüber eine Art moralische Verantwortung, die vor allem bei Müttern von Söhnen liege.

Keine "Arschlöcher" zu erziehen, das sei ihre Aufgabe, erklärt die Journalistin im Interview. "Da kreuzt sich auch wieder die Erwartungshaltung der Gesellschaft mit dem Persönlichen – und natürlich auch der Individualität jeder Person. Ich habe zwei Söhne, die unglaublich unterschiedlich sind. Aber natürlich verspüre ich genau diesen Druck; dass es an der Zeit ist, dass es diese neuen Männer geben muss. Und ich als Mutter habe diese absolute Verantwortung, dafür zu sorgen. Und gleichzeitig, werde ich überhaupt nicht gesehen in dieser Bemühung."

Die gesellschaftliche Rolle von Müttern wird unterschätzt

Das Wort "Ressource" bereitet Behjat zwar Unbehagen, trotzdem findet sie, dass die politische und gesellschaftliche Rolle von Müttern unterschätzt wird. Mütter seien eine echte Kapazität, weil sie die nachfolgenden Generationen beeinflussten – ganz besonders auch die Söhne. Über Väter als mögliche positive Rollenvorbilder für die neue Männlichkeit schreibt sie nicht. Das ist zwar schade, andererseits spricht diese Leerstelle auch für sich.

Besonders eindrücklich beschreibt Behjat, was für ein Glück es für sie bedeutet, Mutter zu sein. Damit fügt sie dem feministischen Diskurs eine ganz persönliche und doch so wichtige Stimme hinzu. Denn Mutter-Sein wurde zwar aus feministischer Sicht schon oft beleuchtet, aber leider überwiegend negativ, als Zumutung in einem patriarchalen System. Augenzwinkernd erzählt die Autorin davon, wie ihr Sohn sie einmal als Schweinemutter bezeichnet habe.

"Wir haben eine Sau beobachtet, wie sie ihre kleinen Frischlinge gegen den Bauern verteidigt hat, der einen der Frischlinge nehmen wollte. Und dann hat mein Sohn zu mir gesagt: 'Mama, du könntest auch so eine Schweinemutter sein'. Sie sehen in mir jemanden, der stark ist, der sie stützt, der sie schützt – emotional und körperlich. Also viele Qualitäten, die man eigentlich ja im Feminismus sehr versucht zu feiern."

Behjat plädiert für andere Männlichkeit

Die Stärken einer Mutter würden kaum wertgeschätzt, so Behjat. Dabei wäre es begrüßenswert, wenn sie auch auf gesellschaftlicher Ebene eingebracht würden. Für ihre eigenen Söhne wünscht sie sich, dass diese jenseits von problematischen Rollenzuschreibungen aufwachsen können. "Ich versuche als Mutter aus ihnen empathische, offene und auch selbstbewusste Menschen zu machen", erklärt Behjat. "Und ich wünsche ihnen für ihre Zukunft und auch für ihre Gegenwart, dass sie als genau diese Menschen gesehen werden."

Behjats Streitgespräch mit sich selbst lässt sich auch als Aufruf lesen, nicht nur auf die Generation von morgen zu hoffen, sondern auch für die heutigen Männer andere Maßstäbe anzulegen: Einerseits gilt der Spruch "Jungs sind halt so" einfach nicht mehr, andererseits kann auch der tätowierte, stiernackige Typ in der U-Bahn ein empathischer, zärtlicher und fürsorglicher Freund, Partner und Vater sein. Vielleicht ist seine Mutter ja Feministin.

"Söhne großziehen als Feministin" von Shila Behjat ist bei Hanser erschienen.

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