Harald Lesch hat ihn schon, auch Christian Drosten, Michael Wolfssohn und Antje Boetius – um nur einige zu nennen. Ein Physiker also, ein Virologe, ein Historiker und eine Meeresbiologin. Und jetzt auch: ein Bratschist. Nils Mönkemeyer, derzeit Professor für Viola an der Hochschule für Musik und Theater München, wird als "Hochschullehrer des Jahres" ausgezeichnet. Der gebürtige Westfale, 1978 in der Nähe von Dortmund geboren, ist der erste Musiker und der erste Künstler überhaupt, der sich mit diesem renommierten Preis schmücken darf.
- Zu ARD alpha: Nils Mönkemeyer, Bratschist
Mönkemeyer sei auf den großen Konzertbühnen der Welt zuhause, wolle hochwertige klassische Live-Musik aber keinesfalls nur einer kleinen Elite vorbehalten wissen. Seine Freude an und Leidenschaft für Musik verbinde er mit vorbildlichem sozialem Engagement, heißt es in der Jurybegründung. Bereits 2016 hat Mönkemeyer gemeinsam mit der Caritas Bonn das Konzert "Klassik für alle" gegründet: eine Veranstaltung mit klassischer Musik für gesellschaftlich Benachteiligte, Wohnungslose, Flüchtlinge oder psychisch Kranke.
Geteiltes emotionales Erlebnis statt Eliteprodukt
"Musik bietet die Möglichkeit, dass wir ohne Sprache kommunizieren", erklärt Mönkemeyer seine Beweggründe im Gespräch mit der Welt am Morgen in Bayern 2. Herkunft, Glaube und politische Positionen seien in so einem Moment unwichtig. Was zähle, sei das geteilte emotionale Erlebnis. "Und so bin ich auf die Idee gekommen, dass ein Konzert eben kein Eliteprodukt sein darf und habe ein ganzes Festivalformat entwickelt, wo sich Menschen begegnen – von den äußeren Bereichen der Gesellschaft bin hin zu denen, bei denen das Portemonnaie vielleicht etwas dicker ist."
Oft verlässt Mönkemeyer auch die Bühne und geht direkt zu den Menschen, besucht sie in sozialen Einrichtungen und spielt für sie auf seiner Bratsche. In den vergangenen Jahren habe er dabei viel gelernt: "Ich hatte das Vorurteil, dass diese Menschen vielleicht gar kein Interesse an Musik haben oder gefühlt sehr weit weg sind von mir. Und in ganz vielen Gesprächen habe ich festgestellt, dass das eben nicht so ist", erzählt der Musiker. Oft sei es nur ein kleiner Knick in der Biografie oder eine Voraussetzung im Elternhaus, die dann dazu führe, dass zum Beispiel Drogen ins Spiel kommen und sich das Leben komplett drehe. "Und das hat mich eben aufgeweckt, ganz offen zu bleiben und auch zu sehen, wie wertvoll und zerbrechlich das ist, was wir haben."
Wacher und aufmerksamer Blick
Der wache und aufmerksame Blick ist auch etwas, das seine Tätigkeit als Lehrer charakterisiert: "Das größte Kompliment ist, wenn ich bei einem jungen Menschen etwas sehe, das ich entwickeln möchte." Und wenn dieser junge Mensch dann plötzlich den Schritt wage, sich befreie, immer besser spiele, freue ihn das besonders. "Dieser Moment, wenn dieses pure Talent anfängt zu strömen: Das ist für mich die größte Belohnung. Weil ich mir denke: Wie schön ist das, wenn sich jemand findet und Selbstvertrauen hat und etwas macht, das ich nicht beigebracht habe, sondern wirklich diesen Schritt in die Eigenständigkeit geht."
Die Auszeichnung "Hochschullehrer des Jahres", die mit Unterstützung des ZEIT-Verlags Gerd Bucerius GmbH & Co. KG vergeben wird, ist mit 10.000 Euro dotiert und wird Nils Mönkemeyer am 31. März 2025 im Rahmen der "Gala der Deutschen Wissenschaft" in Berlin verliehen.
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