Kürbissuppe
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Die Slow-Food-Bewegung war ursprünglich ein Protest gegen McDonald's

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Slow Food: 40 Jahre Protest gegen schlechtes Essen

Slow Food: 40 Jahre Protest gegen schlechtes Essen

Italien gilt als Heimatland guten Essens. Und so ist es kein Zufall, dass dort die Slow-Food-Bewegung vor 40 Jahren ihren Ursprung hatte. Woher sie kommt, was sich hinter dem Begriff verbirgt – und wo sich die Bewegung heute sieht.

Über dieses Thema berichtet: Bayern 2 Die Welt am Morgen am .

Im Restaurant Namo Ristobottega in der Kleinstadt Tarquinia, nördlich von Rom, zeigt die Besitzerin und Küchenchefin Tiziana Favi ihre Koch-Utensilien. Voller Begeisterung erzählt sie, wie sie Zwiebeln in eine Delikatesse verwandelt. Sie werden in Salzkruste gegart, dann das Innere entfernt und mit Marsala-Wein, geräuchertem Käse, Kartoffelstückchen und Majoran vermengt – die Füllung kommt wieder in die Zwiebel-Hülle.

Das dauert. Doch es lohne sich, die Zwiebel – als eigentlich einfaches Gemüse – zu veredeln, sagt die Köchin: "Ein einfaches Lebensmittel aufwerten – das ist so schön. Es ist wie wenn Aschenputtel zur Prinzessin wird. Du machst aus einer Zwiebel etwas Wunderbares, das gibt Befriedigung."

"Neue Art, sich heute zu ernähren"

Die 56-Jährige ist in der Slow-Food-Bewegung aktiv, die vor knapp 40 Jahren in Rom entstanden ist. 1986 hat der Soziologe Carlo Petrini zu einem öffentlichen Pasta-Essen aufgerufen, um gegen die Eröffnung der ersten McDonalds-Filiale in Rom zu protestieren – also gegen Fast Food. Tiziana Favi findet, dass damals aber auch ein Verfall der eigenen Esskultur Italiens begonnen hat, gegen den sich Slow Food ihrer Ansicht nach stemmt. Eben deshalb heiße ihr Restaurant NAMO – eine Abkürzung der Worte "Nuovo modo di alimentarsi oggi" – "Neue Art, sich heute zu ernähren".

"Alle haben das gleiche gemacht, man hat übertrieben viel Tiefkühl-Ware eingesetzt, vorgefertigte Gnocchi, vorbereitetes Gemüse aus Plastik-Packungen", sagt Favi, "deswegen sollte der Name, die Abkürzung, eine Provokation sein, um dem Gast zu zeigen, dass das, was als neu bezeichnet wird, nichts anderes ist als eine Rückbesinnung darauf, wie es unsere Eltern und Großeltern gemacht haben."

Slow Food ist heute nach eigenen Angaben in 160 Ländern aktiv. Mehr als Tausend Köchinnen und Köche weltweit sind dabei und rund 6.000 kleine landwirtschaftliche Betriebe. Und alleine in Deutschland gibt es rund hundert sogenannte Convivien, erklärt Nina Wolf, die Vorsitzende von Slow Food Deutschland. Wo man sich tatsächlich zum gemütlichen Essen trifft und die Ernährung, das gute, saubere, faire Essen, oder gemeinsame Kochrunden.

Ökologische Vision

Slow Food sieht sich auch als politische Bewegung. Bei den internationalen Treffen, die die Bewegung regelmäßig organisiert, wird nicht nur über gutes Essen geredet – sondern auch darüber, wie Lebensmittel so hergestellt werden können, dass es gut für Mensch und Natur ist.

Schon als der Slow-Food-Gründer Carlo Petrini vor knapp zehn Jahren eine Bilanz der ersten drei Jahrzehnte der Bewegung zog, betonte er: Es ging nie nur um gutes Essen – und schon gar nicht um teure Gourmet-Küche: "Zur Gastronomie gehören Landwirtschaft, Tierhaltung, das Wissen um die Verarbeitung, die Biologie, die Genetik. Und inzwischen brauchen wir aus der Perspektive der menschlichen Gesellschaft betrachtet, auch eine ökologische Vision für Nachhaltigkeit und Artenvielfalt."

"Wir können McDonalds nicht abschaffen"

Allerdings konnte der Erfolg von Slow Food den Erfolg von Fast Food nicht bremsen. Vier Jahrzehnte, nachdem die Bewegung in Rom als Protest gegen McDonalds gegründet wurde, hat der US-Konzern alleine in Italiens Hauptstadt mehr als 50 Filialen. Die Vorsitzende von Slow Food Deutschland, Nina Wolff, sieht darin aber keinen Beleg eines Misserfolgs ihrer Bewegung: "Wenn es Slowfood nicht gäbe, dann hätten sich die Menschen noch viel mehr vom Ursprung des Essens und von der Qualität von Lebensmitteln entfernt. Insofern, wir können McDonalds nicht abschaffen, aber wir können zeigen, wie essen zur Lebensqualität beitragen kann. Und das findet bei immer mehr Menschen Anklang."

Und auch bei den Fast Food-Konzernen habe sich etwas verändert, sagt die Köchin Tiziana Favi: So komme das Rindfleisch für italienische McDonalds-Burger heute zu 100 Prozent aus Italien, und werde nicht mehr um den halben Globus gekarrt. Das sei ja schon mal ein Anfang – und viele kleine Schritte können einen Unterschied machen, findet sie.

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