Der Würzburger Künstler Jaroslav Dražil vor einem Gemälde seiner Tiepolo Neuinterpretation.
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Würzburger Künstler interpretiert Tiepolos Deckenfresko neu

Würzburger Künstler interpretiert Tiepolos Deckenfresko neu

Von einer Hotel-Gruppe erhält der Würzburger Künstler Jaroslav Dražil einen großen Auftrag: Überführe das größte zusammenhängende Deckenfresko der Welt in die Neuzeit. Die drei großen Ölgemälde kombinieren Tiepolos sanfte Schwünge mit Pop-Art.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Als Jaroslav Dražil den Anruf von einer großen deutschen Hotel-Gruppe bekommt, muss er sich erst einmal beruhigen. Tiepolo? Residenz? Deckenfresko? Er soll das Meisterwerk des italienischen Barockmalers in die Neuzeit überführen. Sein Kopf stand zunächst "kurz vor der Explosion", wie er sich erinnert.

Dražil weiß genau um die Ausmaße des kolossalen Werks aus dem Treppenhaus der Würzburger Residenz. Es ist bis heute das größte zusammenhängende Deckenfresko der Welt. Seine Fläche erstreckt sich umgerechnet auf über zweieinhalb Tennisplätze. "Aber zum Glück wurde ich beruhigt und es wurde gleich danach erwähnt, dass ich natürlich jetzt kein Deckenfresko malen sollte", sagt Dražil. Stattdessen sollte er das tun, was Dražil schon in einer anderen Reihe eindrucksvoll bewiesen hat: Aus einer historischen Vorlage neue großflächige Ölgemälde schaffen.

Künstler wird durch Zyklus über Neues Testament bekannt

Überregional bekannt wurde Dražil im Frühjahr 2022 mit seiner ersten großen Ausstellung im Würzburger Martin von Wagner Museum. In der Reihe "Factum Est" widmete er sich dem Neuen Testament. Selten hatte das Museum größeren Zulauf als zu Dražils Ölgemälden, auf denen er vor allem junge Menschen aus unserer Zeit in die christliche Ikonografie überführt.

Eine "tiefdringende, künstlerisch ambitionierte Bearbeitung des traditionsreichsten Stoffes der westlichen Bildgeschichte", wie es in dem Katalog zur damaligen Ausstellung heißt. Jesus Christus zeigt Dražil beispielsweise in einem Meer von Blüten liegend – mit Bildmitteln, die an die Pop-Art erinnern. In "Zur Ewigkeit" zeigt er People of Color bei der Grabtragung Christi. "Dieser Zyklus hat anscheinend in einer relativ religionsfernen Zeit, in der wir leben, einen besonderen Nerv getroffen beim Publikum", sagt Damian Dombrowski, Professor für Kunstgeschichte an der Uni Würzburg.

Ein Maskenbildner mit einer Schwäche für Ölgemälde

Dabei lebt der 39-jährige Jaroslav Dražil noch nicht lange von der Kunst allein. Viele Jahre arbeitete er am Würzburger Mainfranken Theater als Maskenbildner. Bilder malte er eher nebenher und hängte fertige Werke in einem Restaurant und Café eines Freundes in Würzburg auf. Dort stieß Damian Dombrowski beiläufig auf Dražils Kunst.

"Factum Est" wird großer Erfolg

"Und dann habe ich da mal ein bisschen näher geguckt, was das eigentlich für ein Künstler ist", sagt Dombrowski. Er habe sich von der Wirkung der Bilder so angesprochen gefühlt, dass er Dražil einlud, einen ganzen Zyklus für eine Einzelausstellung im Martin von Wagner Museum in der Würzburger Residenz zu malen.

Dort ist Dombrowski der Direktor der Gemäldegalerie. "Und die einzige Maßgabe war, dass diese Bilder irgendetwas mit unserer Gemäldegalerie zu tun haben sollten, in welcher Form auch immer", sagt Dombrowski. Im Grunde sei das eine ähnliche Aufgabe, wie sie ihm jetzt mit der Neuinterpretation Tiepolos gestellt wurde.

Tiepolos "Amerika" in weißen Sportsocken

Schon bevor Dražils Interpretation des Deckenfreskos "Apoll und die Kontinente" im neuen Hotel am Paradeplatz hängen, zeigt der Künstler sie dem Kunsthistoriker und Tiepolo-Experten Dombrowski. Die drei Ölgemälde behandeln jeweils einen Kontinent aus dem Deckenfresko. "Amerika" hat bei Dražil einen ähnlichen Kopfschmuck wie bei Tiepolos Vorlage, jedoch ist die Figur keine Kriegerin wie im Original, sondern sitzt tief eingesunken in einem Sessel. "Der kriegt noch schöne weiße, amerikanisch angehauchte Sportsocken", sagt Dražil.

Rokoko-Faltenwürfe vor einem modernen Hintergrund

"Was ich auf jeden Fall mitnehmen wollte, war so ein bisschen die Zeit, in der Tiepolo gemalt hat", so Dražil: das Barocke, die Faltenwürfe des Rokoko und die Körperhaltung der Figuren. "Aber ich wollte das jetzt nicht in etwas Altem verpacken, sondern wollte den modernen Mensch zeigen – vor einem modernen Hintergrund", sagt er.

Im Hintergrund nimmt Dražil zwar Tiepolos Symbolik auf: Jeweils ein Tier steht repräsentativ für den jeweiligen Kontinent. Für Afrika ist es zum Beispiel der Elefant. Dražil malt diesen jedoch nicht flächig, sondern wie eine Strichzeichnung, als sogenannten One-Liner. "Aber dass du den Rüssel nicht nach oben gebogen hast, das finde ich ein bisschen schade", sagt Tiepolo-Experte Dombrowski zu Dražil. So habe es Tiepolo gemacht, aber jedes Bild folge eigenen Gesetzen, fügt Dombrowski milde hinzu.

Bilder inspirieren zu Residenz-Besuch

Seit ein paar Tagen hängen Dražils Gemälde prominent im Eingangsbereich des neuen Hotels am Würzburger Paradeplatz. Jeden Tag werden dort Gäste von nah und fern vorbeigehen. Laut einer BR-Umfrage vor Ort erkennt nicht jede Person sofort, worauf die Bilder anspielen. Trotzdem waren sie "das erste, das ich bemerkt habe, als ich hier hereingekommen bin", sagt Hotelgast Maria Theresia Wirtl, der die Bilder gut gefallen. Beim nächsten Würzburg Besuch will sie auf jeden Fall in die Residenz, um sich das Original anzusehen.

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