Graphik Wild Wild Web/Staffel 5/Episode 2
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Wild Wild Web - Episodenbild "Malte und die Tauben"

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Malte und die Tauben: Ein Influencer gegen die Lokalpolitik

Malte und die Tauben: Ein Influencer gegen die Lokalpolitik

Ein deutsches Städtchen will seine Tauben per Genickbruch töten. Tierrechts-Influencer Malte Zierden kämpft mit allen Mitteln gegen den Beschluss. Der Podcast "Wild Wild Web" erzählt, wie aus einem lokalen Streit ein internationaler Shitstorm wurde.

Über dieses Thema berichtet: Bayern 2 Salon am .

Als Malte Zierden im November 2023 auf seinem Handy entlangscrollt, erhält er eine Nachricht, die ihn fassungslos macht: Die Stadt Limburg in Hessen hat beschlossen, ihre rund 700 Stadttauben per Genickbruch zu töten. "Als ich das gehört habe, dachte ich: 'Ey, die ticken doch nicht mehr richtig. Auf was für nem Planeten leben wir hier gerade?'", erinnert sich der Tierschutz-Influencer in der neuesten Folge des Podcasts Wild Wild Web – Geschichten aus dem Internet.

🎧 Der Podcast Wild Wild Web ist endlich zurück mit neuen Stories aus dem Internet! Die vierte Staffel gibt es ab sofort zum Anhören in der ARD Audiothek.

Internet-Aktivismus trifft Lokalpolitik

Mit fast einer Million Followern auf Instagram zählt Zierden zu den bekanntesten Tierschützern im deutschsprachigen Netz. Sein Motto: "Alles für die Tiere, immer." Besonders für Tauben setzt er sich ein. Seine Freundschaft mit einer zahmen Taube namens Oscar, für die er sogar ein miniaturisiertes Wohnzimmer auf seinem Fenstersims gebaut hat, machte ihn in den sozialen Medien bekannt.

Als Zierden vom Limburger Tauben-Beschluss erfährt, stellt er sofort sein Handy auf und dreht ein Video. "Mein Postfach ist explodiert", berichtet er. "Die Menschen waren richtig entsetzt und sauer. In der Sekunde kamen hunderte von Nachrichten rein."

Der Fall der Limburger Tauben wird schnell zu einem viralen Thema. Die lokale Tierschutzgruppe "Stadttaubenprojekt Limburg" sammelt 3.000 Unterschriften für ein Bürgerbegehren. Die Stadt reagiert und lässt ihre Bürger abstimmen – am Tag der Europawahl.

Demokratische Entscheidung gegen die Tauben

Das Ergebnis: Eine knappe Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger spricht sich für die Tötung der Tauben aus. Die Geschichte schafft es in internationale Medien, sogar in die Late Night Show von Stephen Colbert in den USA.

Malte Zierden gibt nicht auf. Im August 2024 fährt er selbst nach Limburg, um dem Bürgermeister Marius Hahn einen alternativen Vorschlag zu unterbreiten: drei betreute Taubenhäuser, in denen die Vögel leben und gefüttert werden können, während ihre Eier gegen Attrappen ausgetauscht werden, um die Population zu kontrollieren. Die Kosten würden Tierschutzvereine übernehmen.

"Wir hatten ein so schönes, tolles Abkommen", erinnert sich Zierden. "Der Stadttaubenverein aus Limburg hat angeboten: 'Stadt Limburg, ihr müsst keinen Cent dafür bezahlen. Wir organisieren das, dass wir dort arbeiten, uns um die Tiere kümmern.' [...] Ihr habt weniger Tauben, ihr habt weniger Probleme. Ende gut, alles gut."

Taubenschläge oder Tötung?

Doch die Stadtverordneten lehnen den Vorschlag ab – obwohl Taubenhäuser anfangs auch ihre eigene Idee waren, bis der Falkner Berthold Geis sie überzeugte, dass diese Methode "Blödsinn hoch drei" sei und nicht funktioniere.

Sind betreute Taubenhäuser wirklich wirkungslos? Die Tierärztin Dr. Doris Quinten, die in München solche Häuser betreut, widerspricht: "Warum sollte das nichts bringen? Wenn wir tausend Eier tauschen, dann sind das tausend Küken weniger, die wiederum zwei Eier alle vier Wochen legen."

Der Konflikt offenbart eine gesellschaftliche Bruchlinie. Ist es gerechtfertigt, Tauben zu töten, um die Population zu kontrollieren? Oder haben wir eine Verantwortung für diese Tiere, die der Mensch überhaupt erst in diese Situation gebracht hat?

"Wir sind verantwortlich dafür", betont Quinten. "Wir haben sie so gezüchtet aus der Felsentaube, und wir haben sie praktisch heimatlos gemacht."

Wendung in letzter Minute

Als es so aussieht, als würde die Tötung der Limburger Tauben bald beginnen, kommt die rettende Nachricht: Das hessische Umweltministerium gibt einer Anwältin der Tierschützer Recht, die Einspruch gegen einen Erlass eingelegt hatte, nach dem die Tauben bisher nicht geschützt waren.

Ob das das Ende der Geschichte ist? Malte Zierden bleibt dran: "Ich habe von meiner Mama einen Grundsatz gelernt, dass sie mir niemals mein Lachen nehmen. Und ich versuche jetzt dranzubleiben, das zu beobachten und alle Mittel zu nutzen, um dagegen vorzugehen. Ich werde niemals aufgeben. Alles für die Tiere, immer."

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