Wenn Joshua Kimmich am Mittwoch die DFB-Elf im Nations-League-Halbfinale gegen Portugal als Kapitän auf das Feld führt, hat der FC-Bayern-Spieler einen Meilenstein erreicht: Ausgerechnet in der Münchner Arena, seinem "Wohnzimmer", wird Kimmich sein 100. Länderspiel bestreiten - erst 13 Spieler haben das vor ihm geschafft. "Das ist etwas, worauf ich echt stolz bin und, denke ich, auch sein darf", sagte der 30-Jährige im Interview mit dem "Kicker". "Denn diese 100 Länderspiele zeigen, dass ich in den vergangenen neun Jahren auf konstant hohem Niveau unterwegs und auch immer gesund und fit war."
"100 Länderspiele – das ist natürlich ein amtlicher Meilenstein." Joshua Kimmich im "Kicker"
Auf der Pressekonferenz am Montag wurde Kimmich gefragt, welche Prämie er sich zum 100. Länderspiel wünsche: Seine bescheidene Antwort: "Ich will keine Prämie. Es ist etwas ganz Besonderes für Deutschland zu spielen. Jedes Länderspiel ist für sich etwas Besonderes."
Die "goldene Generation" um Kimmich wird zur Verlierer-Generation
Seine DFB-Karriere begann am 29. Mai 2016 in Augsburg mit einer 1:3-Pleite im Testspiel gegen die Slowakei - im Dress der Nationalmannschaft sollten noch weitere schwere Niederlagen für den Bayern-Spieler folgen.
Kimmich gehört wie Leon Goretzka, Niklas Süle und Serge Gnabry zum Jahrgang 1995/96 und wurde damals als "goldene Generation" bezeichnet, insbesondere aufgrund ihrer gemeinsamen Erfolge im DFB-Team und beim FC Bayern. Sie waren U19-Europameister 2014 und Olympia-Silbermedaillengewinner 2016. Nach einem "sehr erfolgreichen" Start mit EM-Halbfinale 2016 und Confed-Cup-Sieg 2017 ging es mit der Nationalmannschaft bergab.
Kimmich: "Diese sechs Jahre waren schlechter als medium"
Bei der WM 2018 und 2022 schied Deutschland jeweils in der Vorrunde aus: "Die Zeit danach war natürlich negativ prägend, angefangen mit der WM 2018 bis zum März im letzten Jahr. Diese sechs Jahre waren eher medium, eigentlich sogar schlechter als medium."
Die "goldene Generation" hatte nun den Makel der "Verlierer-Generation". Vor allem das Aus in Katar wog schwer auf Kimmich - auf ihn drückte die Last des "vergeigten" Turniers, er befürchtete "in ein Loch zu fallen". Die verkorksten Turniere der DFB-Elf seien "nicht so einfach zu verkraften, weil ich persönlich mit dem Misserfolg in Verbindung gebracht werde. Dafür will man nicht stehen", sagte er damals mit den Tränen in den Augen nach dem erneuten WM-Debakel.
Dank Bundestrainer Nagelsmann "gut stabilisiert"
Doch Kimmich überwand die Krise im DFB-Dress. Er macht es vor allem an einer Person aus: Julian Nagelsmann. Seit er die DFB-Auswahl trainiert, "haben wir uns relativ gut stabilisiert. Man merkt in der Mannschaft, dass sich jeder beweisen muss und beweisen möchte. Und jeder will immer dabei sein."
"Er hatte ein paar Negativerlebnisse, was ihn extrem wurmt." Bundestrainer Julian Nagelsmann
Für Kimmich wäre der Gewinn der Nations League ein "gutes Signal – nach außen, aber auch nach innen." Vor allem aber auch im Hinblick auf die Weltmeisterschaft im kommenden Jahr. Kimmich ist im erlauchten Klub der 100er der einzige Spieler ohne WM-Titel. Aber, wie stellte DFB-Sportdirektor Rudi Völler unlängst fest: "Er ist jung genug, um noch Titel zu holen. Lothar Matthäus und ich haben unseren ersten großen Titel erst mit 30 feiern dürfen, er hat also noch Zeit."
Kimmichs nächstes Ziel: Matthäus' Rekord von 150 Länderspielen knacken
Neben dem WM-Titel hat der 30-Jährige ein weiteres großes Ziel, wie er dem "Kicker" verriet: "Ganz früh" schon in seiner DFB-Karriere habe er sich den Rekord von Lothar Matthäus von 150 Einsätzen zum Ziel gesetzt. "Er ging mit 39 in sein letztes Länderspiel, das ist schon eine Hausnummer", sagte Kimmich und betonte: "Es muss vieles optimal laufen, um die 150 zu knacken: Man muss immer gesund sein. Man muss immer auf hohem Niveau liefern. Man braucht einen Trainer, der einen unterstützt."
In Nagelsmann hat er definitiv einen Trainer gefunden, der auf ihn setzt. Kimmich habe eine "Vorbildfunktion" für die Mitspieler, aber auch eine "extrem menschliche Seite" resümierte der Bundestrainer am vergangenen Freitag: "Man kann es nicht besser machen, das Amt mit der Binde." Nagelsmann hat beim DFB noch einen Vertrag bis nach der EM 2028. Zwei gute Möglichkeiten, um die Jagd nach einem großen Titel erfolgreich abzuschließen - und ganz nebenbei dem Rekord von Matthäus ein Stückchen näherzukommen.
Im Video: Nationalmannschaft zwischen Verletztenmisere und Kimmich-Jubiläum
Fußball: Vor dem Final Four der Nations League
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