Für die angestrebte Bewerbung Münchens als Olympiagastgeber sind die ersten Schritte von Seiten der bayerischen Landeshauptstadt gemacht. "Du brauchst ein richtiges, gutes und durchdachtes Konzept, mit dem du auch die Bevölkerung abholen kannst. Es muss einen Mehrwert für die Bevölkerung haben", sagt der ehemalige Ski-Profi Felix Neureuther im BR24Sport-Podcast "Pizza & Pommes".
Die soziale Komponente und der Mehrwert für die Bevölkerung
Den Mehrwert sieht der 41-Jährige, der in Turin 2006, Vancouver 2010 und Sotschi 2014 selbst beim Großereignis am Start war, auch in der sozialen Komponente: "Ich glaube, dass wir in unserer Gesellschaft dringend solche Ereignisse brauchen, die Vorbilder hervorbringt. Die Werte, die der Sport mit sich bringt, diese Grundwerte, was Olympische Spiele auch groß gemacht hat."
Sein revolutionärer Ansatz: "Wenn ich ein Konzept machen würde, würde ich die Paralympischen Spiele vor den Olympischen Spielen ansetzen. Dann geht die Begeisterung nach oben", sagt er. "Durch die Paralympischen Spiele kann eine Stadt barrierefrei gestaltet werden, was dringend notwendig ist. Und es ist egal, um welche Stadt es geht, egal, ob München, Hamburg, Berlin, Köln oder sonst wo."
Spiele 1972 haben Infrastruktur nachhaltig verändert
In der bayerischen Landeshauptstadt beschleunigte der Zuschlag für die Olympischen Spiele '72 durch das Internationale Olympische Komitee einige große Infrastrukturvorhaben. Pläne für das U-Bahn- und das S-Bahnnetz waren 1966 zwar schon beschlossene Sache, auch ein Stadion auf dem damaligen Oberwiesenfeld war bereits angedacht, doch mit Blick auf Olympia ging es deutlich schneller voran.
Diese Infrastruktur steht auch jetzt noch zur Verfügung. "Ich glaube, es sind knapp 90 %, auf das wir zurückgreifen können - rein was die Sportstätten betrifft." Dadurch müssten kaum neue Sportstätten gebaut werden, was die Spiele zu den "nachhaltigsten Olympischen Spielen machen könnte."
Zudem wären auch temporäre Veranstaltungsorte möglich. Paris hat "auch gezeigt, dass man auch Sportstätten schafft, die danach wieder abgebaut werden, die eben nicht Milliarden von Euros kosten", so Neureuther.
Moderne und sanierte Wettkampfstätten
Darauf, dass bei einem solchen Projekt auch Gelder fließen, die sonst nicht zur Verfügung stehen würden, hoffen auch die Münchner Stadtplaner. Für mögliche Olympische und Paralympische Spiele 2036, 2040 oder 2044 würde das Olympische Dorf mit tausenden neuen Wohnungen am Stadtrand im Nordosten angesiedelt. Geplante U-Bahn und S-Bahn-Projekte könnten so gefördert werden.
Und den immer noch genutzten 72er-Sportstätten würde durch Sanierung und Modernisierung neuer Glanz verliehen. "Du brauchst ein Großereignis, dass Gelder freigegeben werden, dass dann tatsächlich wieder richtig und gut investiert wird, sonst passiert nichts", glaubt Neureuther.
Neureuther: "Wenn du Olympiasieger bist, dann bedeutet das etwas"
Wie groß das Interesse in der Gesellschaft an großen Sportevents ist, hat man zuletzt bei den Spielen in Paris gesehen. Die Sportler und ihre Wettbewerbe wurden weltweit gefeiert. "Olympia hat schon noch einen massiven Stellenwert, in der Gesellschaft. Wenn du Olympiasieger bist, dann bedeutet das etwas", unterstreicht Neureuther, der sich wünscht, "dass wir auch mal wieder als Land hinter einer Sache stehen und einfach Spaß und Freude haben".
"Wir müssen doch endlich mal wieder vorwärts gehen und mal wieder ein positives Zeichen setzen in unserem Land. Und sagen so: ‚Jetzt packen wir's an! Nicht labern, sondern machen.‘“ Felix Neureuther
Für den Oberbayern, der aus dem Ski-Weltcup-Ort Garmisch-Partenkirchen kommt, ist es aber nicht vorrangig, dass Olympia nach München kommt: "Wenn das Konzept stimmt, dann Hauptsache Olympia in Deutschland."
Bewerbungskosten: "Das Risiko definitiv wert"
Laut Oberbürgermeister Dieter Reiter sollen sich zunächst die Bewerbungskosten auf sechs oder sieben Millionen Euro belaufen. Wie groß die finanzielle Belastung im Falle eines Zuschlags sein wird, sei dagegen seriös nicht zu beantworten. Paris 2024 habe neun Milliarden gekostet, der Mehrwert für die französische Metropole liege lt. einer Studie bei sieben bis elf Milliarden Euro. Nicht messbar sind dagegen der Imagegewinn und die weitere Nutzung der Sportstätten.
Für Neureuther ist dennoch klar: "Wer nichts riskiert, der nichts gewinnt, also mit dem richtigen Konzept, das durchdacht ist, das die Menschen abholt, das für ein Land gemacht wird, für die Menschen gemacht wird, das auch für den Sport, für die Athleten, für die Athleten gemacht wird. Ist es das Risiko definitiv wert".
Bis zur Bewerbung ist noch ein Weg
Der Münchner Stadtrat hat nun am Mittwoch grünes Licht gegeben. Daher wird am 26. Oktober in München ein Bürgerentscheid stattfinden. Ende 2026 entscheidet der DOSB dann, mit welcher deutschen Bewerbung er sich die größten Erfolgschancen ausrechnet. Danach liegt es am IOC.
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