Auf den sogenannten "Hachinger Weg" sind sie bei der Spielvereinigung Unterhaching besonders stolz. Es ist die DNA der Münchner Vorstädter, auf junge Spieler aus dem eigenen Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) zu setzen und ihnen den Sprung in die Profimannschaft zu ermöglichen. Doch dieses NLZ sieht sich nun Kritik ausgesetzt. Eltern von Jugendspielern hatten in einem anonymen, offenen Brief die Missstände in der Einrichtung angeprangert. Auch dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) ist der Fall bekannt. Nun nimmt der Verein gegenüber BR24Sport Stellung.
Unterhaching kassiert am meisten aus DFB-Nachwuchs-Fördertopf
Im Interview mit BR24Sport ist es Präsident Manfred Schwabl wichtig zu betonen, dass man die Vorwürfe ernst nimmt: "Wir sind der Verein, der mit am meisten auf die Nachwuchsarbeit schaut", so Schwabl. Das NLZ ist das Herzstück des Vereins. Hier wurden spätere Profis wie Karim Adeyemi, Michael Zetterer oder Maurice Krattenmacher ausgebildet. Weil die Hachinger so sehr auf den Nachwuchs setzen, kassierten sie in den vergangenen beiden Saisons den deutschlandweit höchsten Betrag aus dem Fördertopf des DFB - zusammengerechnet mehr als eine Million Euro.
Geld, das der Drittliga-Absteiger dringend benötigt. "Wir haben ungefähr einen Aufwand von anderthalb Millionen jedes Jahr. Auch in der 3. Liga, obwohl es dort freiwillig ist, ein NLZ zu betreiben. In der Regionalliga auch, aber wir müssen dieselben Anforderungen erfüllen wie ein Bundesligist", erklärt Schwabl.
Unterhaching will Spielern nicht "den Arsch pudern"
Doch trotz der unbestreitbar hohen Hachinger Talentdichte prangern Eltern die "unzumutbare Infrastruktur" der Trainingsplätze an der Sternstraße an. Dass es dort keine Toiletten oder Umkleiden gibt und sich die Nachwuchskicker bei jedem Wetter unter freiem Himmel umziehen müssen, ist für die Eltern "nicht nur organisatorisch untragbar, sondern aus pädagogischer und gesundheitlicher Sicht nicht vertretbar". Die Hachinger betonen, die Lizenzierungsauflagen des DFB zu erfüllen, erkennen hier aber auch Nachholbedarf.
Auch das Trainingsequipment bemängeln die Eltern des Hachinger Nachwuches. So müssten die Kinder regelmäßig verloren gegangene Bälle ersetzen. Das käme nicht einmal bei einem Dorfverein vor. NLZ-Leiter Thomas Schmeizl möchte das im Gespräch mit BR24Sport als Erziehungsmaßnahme verstanden wissen. Man stelle immer genügend Utensilien zur Verfügung, wolle den Profis von Morgen aber gleichzeitig vermitteln, "dass, wenn man Sachen verliert, dann dafür auch Konsequenzen tragen muss, weil wir ganz einfach nicht wollen, dass wir den Spielern übermäßig den Arsch pudern."
DFB nimmt Vorwürfe gegen Unterhaching "sehr ernst"
Kritik gibt es auch an der oft fehlenden medizinischen Betreuung bei Heimspielen. In den Junioren-Bundesligen ist nach DFB-Regularien die Anwesenheit eines Physiotherapeuten oder Arztes am Spielfeldrand Pflicht. Hier sei man als kleines NLZ "auf Kante genäht", gibt Schmeizl zu. "Aber wir haben zum Großteil immer auch eine ausreichende medizinische Abteilung und vor allem auch Versorgung."
Auf BR24Sport-Anfrage äußert sich auch der DFB, man nehme diese Themen sehr ernst, sei mit der SpVgg Unterhaching in intensivem Austausch. Ein Besuch vor Ort sei für Herbst geplant, um sich ein aktuelles Bild zu verschaffen und mit den vorliegenden Angaben unter anderem zur Infrastruktur abzugleichen, teilte der Verband mit.
Schwabl: Es ist nicht immer gerecht im Leistungssport
Der letzte Vorwurf des Briefes behandelt den "gravierenden moralischen Missstand im Umgang mit Jugendlichen". Spieler würden erst kurzfristig erfahren, wenn sie das NLZ verlassen müssten. Zudem würden entsprechende Gespräche zur Zukunft auch mal auf den Trainingsplatz verlegt "ohne geschätzten und geschützten Rahmen", kritisieren die Eltern.
Präsident Schwabl erklärt, man versuche die Spieler frühzeitig darauf vorzubereiten, "dass die Ampel vielleicht auf Gelb oder schon auf Rot ist. Andererseits ist es so im Leistungssport, immer gerecht ist es halt auch nicht. Das habe ich in meiner eigenen Karriere ja auch erlebt".
Ab der kommenden Saison muss die SpVgg als Regionalligist ohne das Geld aus dem Nachwuchs-Fördertopf wirtschaften. Auch für das NLZ fällt damit weniger ab. Verbesserungen soll es aber laut dem Verein trotzdem geben. Die Eltern werden die Vereinsverantwortlichen in einigen Monaten an ihren Worten messen.
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Dieser Artikel ist erstmals am 27. Juli 2025 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.
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