Windanlage in Brandenburg
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Brandenburg, Sieversdorf: Farbenprächtig leuchtet der Sonnenuntergang hinter einer Gewitterzelle mit dunklen Regenwolken über der Landschaft.

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#Faktenfuchs: Wie effizient ist Windenergie?

#Faktenfuchs: Wie effizient ist Windenergie?

Kritiker der Windenergie bezweifeln, dass sich diese Energieform rentiert. Im Netz wird behauptet, Windräder verbrauchten bei der Herstellung mehr CO2, als sie später einsparen. Und die Windkraft lohne sich auch finanziell nicht. Ein #Faktenfuchs.

Dieser Artikel ist der vierte Teil einer #Faktenfuchs-Serie zur Windkraft. Kommende Woche wird ein weiterer Faktencheck zu Behauptungen rund um die Windkraft erscheinen. Die bisherigen finden Sie hier:

Teil eins: Wie lange bleiben Windräder am Netz?

Teil zwei: Nein, Windräder sind keine besondere Gefahr für das Grundwasser

Teil drei: Sterben Vögel durch Windräder?

Windräder sind riesige Bauwerke – zusammen mit dem Rotor meist über 200 Meter hoch. Sie brauchen ein tiefes Fundament aus Stahlbeton. Außerdem Wege, um die Anlage zu bauen und zu warten. Immer wieder wird in Frage gestellt, ob ein Windrad angesichts dieses Aufwands unter dem Strich überhaupt etwas für den Klimaschutz bringt. In einem Internetforum zum Thema Energie und Klima behauptet etwa ein User:

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Behauptung aus einem Internetforum zum Thema "Energie und Klima"

Mit der Frage der CO2-Bilanz eines Windrads befasst sich eine Studie des Umweltbundesamts (UBA) von 2021. In dieser Ökobilanz werden die Umweltauswirkungen von modernen Windrädern untersucht. Die Autoren haben festgestellt, dass sich die Ergebnisse im Vergleich zu älteren Studien noch einmal verändert haben, und zwar zugunsten der Windräder.

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Windräder immer effizienter und damit umweltfreundlicher

Die Ökobilanz von Windenergieanlagen wird kontinuierlich besser, weil neuere Anlagentypen effizienter sind. Die Bandbreite ist relativ groß: Bei Standorten mit viel Wind fällt die Bilanz der Windräder deutlich besser aus als an windschwächeren Orten im Binnenland. Aber unter dem Strich sind alle Anlagen laut der Studie sehr effizient bei der Energieausbeute. Die sogenannte "Energy Payback Time", also die energetische Amortisationszeit der Windräder, liegt in jedem Fall unter einem Jahr. Die besten Anlagen haben schon nach zweieinhalb Monaten die Energie wieder eingespielt, die zu ihrer Herstellung nötig war, die schlechtesten brauchen dazu elf Monate. Die übliche Lebensdauer von Windrädern liegt demgegenüber bei mindestens 20 Jahren.

Recycling von Metallen – Rotorblätter werden verbrannt

Die mit Abstand größten Umweltauswirkungen hat nach der UBA-Studie die Herstellung der Windenergieanlagen mit Fundament, Turm, Gondel, Nabe, und Rotorblättern. Das liegt an der Menge und der Herstellungsweise der eingesetzten Materialien wie Beton und Metalle. Die Installationsarbeiten und der Rückbau der Anlagen haben nach den Ergebnissen der Forscher nur einen geringen Anteil am ökologischen Fußabdruck der Windräder. Vor allem die Metalle werden nach dem Abriss eines Windrads wieder recycelt. Am schwierigsten ist die Wiederverwertung bei den faserverstärkten Kunststoffen der Rotorblätter. Dieses Material wird lediglich "thermisch verwertet", also verbrannt. Als sogenannter Ersatzbrennstoff für Schweröl in der Zementindustrie.

Wie teuer ist der Strom?

Eine weitere Dimension der Frage, ob sich Windkraft lohnt: Der Preis, zu dem sie Strom für die Versorgung des Landes zur Verfügung stellen. Unter anderem CDU-Chef Friedrich Merz hat bezweifelt, dass der Windstrom wirklich preiswert hergestellt wird.

Zu dieser Frage gibt es eine Studie des Fraunhofer ISE Institut für Solare Energiesysteme. Die Wissenschaftler haben darin nachgerechnet, welcher Energieträger in Deutschland den Strom zu welchem Erzeuger-Preis liefert. Dabei werden die jeweiligen Herstellungskosten und die Betriebskosten der Kraftwerke einbezogen, die Lebensdauer der Anlagen und die Finanzierungskosten. Außerdem die typischen Standortbedingungen in Deutschland, vor allem das Angebot an Wind und Sonne.

Das Ergebnis: Photovoltaik und Windkraft produzieren den Strom am günstigsten. Den billigsten Strom liefern große Photovoltaik-Freiflächenanlagen. Die Kosten für die Herstellung liegen hier bei vier bis fünf Cent pro Kilowattstunde. Direkt danach folgt Wind an Land mit fünf bis sechs Cent und Wind auf See mit sechs bis acht Cent.

Fossile Kraftwerke und Kernkraft produzieren viel teurer

Fossile Kraftwerke produzieren im Vergleich dazu den Strom deutlich teurer. Das galt bereits im Jahr 2021, aus dem die Studie stammt. Seitdem hat sich der Abstand zu Wind- und Sonnenenergie sogar noch vergrößert, weil die Preise von Kohle und vor allem von Erdgas stark gestiegen sind. 2021 kamen potenzielle neue konventionelle Kraftwerke in Deutschland nach den Berechnungen von Fraunhofer ISE nicht unter Stromherstellungskosten von 7,5 Cent pro Kilowattstunde. Das obere Ende der Preisskala bilden Gaskraftwerke. Dort kostet die Kilowattstunde nach Angaben des Studienleiters Christoph Kost selbst bei Anlagen mit besonders hohem Wirkungsgrad deutlich mehr als zehn Cent. Windkraftanlagen nennt er "sehr wettbewerbsfähig".

Kopf-an-Kopf-Rennen mit Solarparks

Ähnliche Ergebnisse liefert ein Stromkostenvergleich für verschiedene Energieträger, den die US-Investmentbank Lazard seit Jahren regelmäßig veröffentlicht. Diese Untersuchung hat eher einen Fokus auf die USA, strukturell sind die Ergebnisse jedoch vergleichbar. Auch Lazard identifiziert Windkraft und Photovoltaik als die bei Weitem günstigsten Energieträger. Hier haben die günstigsten unter den Windkraftwerken sogar im Vergleich zu Solarparks die Nase vorn. Im Energieträger-Vergleich von Lazard ist – anders als in der Untersuchung von Fraunhofer ISE – auch Atomkraft enthalten. Die Kilowattstunde Atomstrom ist demnach größenordnungsmäßig viermal so teuer wie die gleiche Strommenge aus Wind. Das liegt vor allem an den exorbitant hohen Baukosten für Atomkraftwerke.

Dass Wind und Sonne die günstigsten Stromquellen sind, zeigt auch die Internationale Agentur für Erneuerbare Energien (IRENA) in ihrem jährlichen Bericht über die Kostenentwicklung bei erneuerbaren Energien. Demnach kostet eine Kilowattstunde aus 2021 in Europa installierten Solarparks oder Windkraftanlagen vier bis sechs Mal weniger als die Herstellungskosten für Strom aus fossilen Brennstoffen. Die Kosten für Strom aus Windkraftanlagen sind laut IRENA im Jahr 2021 weltweit um durchschnittlich 15 Prozent gesunken, die aus Solarparks um 13 Prozent. Das liegt vor allem daran, dass die Anlagen immer effizienter und auch größer werden, sie können deshalb jeweils mehr Strom herstellen.

Durch Kriegsauswirkungen sogar noch wettbewerbsfähiger

Die Internationale Energieagentur (IEA) analysiert in einem Bericht vom Mai 2022 auch die Auswirkungen von Corona-Pandemie und Ukrainekrieg auf den Energiemarkt. Die Schlussfolgerung hier: Zwar haben sich durch die höheren Rohstoff- und Frachtpreise die Baukosten für Windkraftanlagen, und auch Photovoltaikanlagen, im Jahr 2021 erhöht. Trotzdem werden die Erneuerbaren derzeit sogar noch wettbewerbsfähiger, weil die Preissprünge bei Erdgas und Kohle noch stärker ausgefallen sind.

Wie sieht es mit der Förderung für Windenergie in Deutschland aus? Werden tatsächlich "gerade für Windenergie in Deutschland immer noch die höchsten Subventionen gezahlt“, wie Friedrich Merz behauptete? Dazu kann man sich die Einspeisevergütungen ansehen, die nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) für Windkraftanlagen bezahlt werden. Sie werden in Ausschreibungen der Bundesnetzagentur ermittelt. Bei der jüngsten Ausschreibung vom Mai 2022 lag der durchschnittliche Zuschlagswert für eine Kilowattstunde Strom aus Windkraftwerken an Land bei 5,85 Cent.

Das kann man in Beziehung setzen zum tatsächlichen Marktwert des Windstroms an der Börse. Dieser wird von den großen Stromnetzbetreibern monatlich ermittelt und veröffentlicht. Dieser Marktwert lag für das Jahr 2021 bei durchschnittlich 7,85 Cent pro Kilowattstunde. Seither ist er durch die Energiekrise deutlich gestiegen: Im Juni 2022 war Windstrom an der Börse sogar 19,69 Cent wert.

Einspeisevergütung für Windstrom geringer als Marktpreis

Die Einspeisevergütung nach EEG liegt also deutlich unter dem Marktpreis des Windstroms. Von einer Subvention, oder gar der "höchsten“ Subvention kann nicht gesprochen werden – Merz‘ Behauptung ist falsch.

In den veröffentlichten Marktwerten für Windstrom ist auch bereits stundengenau berücksichtigt, wann tatsächlich Wind wehte und wieviel für den Strom zu diesem Zeitpunkt am Spotmarkt bezahlt wurde. Das zeigt, dass der Windstrom auch tatsächlich nachgefragt wird, obwohl die Produktion vom Wetter abhängt und damit schwankt. Es wird nicht dauernd "überflüssiger“ Windstrom produziert, der am Markt nichts wert wäre.

Fazit:

Windkraft produziert Strom im Vergleich zu den meisten anderen Energieträgern billiger, lediglich Photovoltaik aus Freiflächenanlagen liefert ähnlich günstigen Strom. Auch was die Energieausbeute angeht, ist der Bau von Windkraftanlagen sehr lohnend. Sie brauchen in allen Fällen weniger als ein Jahr, um die Energie zu produzieren, die für ihren Bau aufgewendet wurde. Die durchschnittliche Lebensdauer von Windrädern liegt bei 20 Jahren und mehr.

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