Ein marodes geschlossenes Freibad. In Zeiten der angespannten Finanzlage belasten die Einrichtungen die Haushalte der Kommunen.
Ein marodes geschlossenes Freibad. In Zeiten der angespannten Finanzlage belasten die Einrichtungen die Haushalte der Kommunen.
Bild
Die Finanzlage von Bayerns Kommunen hat sich deutlich verschlechtert.
Bildrechte: picture alliance / onw-images | Philipp André
Schlagwörter
Bildrechte: picture alliance / onw-images | Philipp André
Audiobeitrag

Die Finanzlage von Bayerns Kommunen hat sich deutlich verschlechtert.

Audiobeitrag
> Wirtschaft >

Bayerns Kommunen geben mehr Geld aus, als sie einnehmen

Bayerns Kommunen geben mehr Geld aus, als sie einnehmen

Städte und Gemeinden in Bayern machen mehr Schulden als die Kommunen anderer Bundesländer. Das hat die KfW ausgerechnet. Gleichzeitig fehle das Geld für dringende Investitionen. Welche das sind und was Bayerns Finanzminister dazu sagt.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Infoblock am .

In Bayern wachsen die kommunalen Schulden schneller als im Rest Deutschlands. Nach Berechnungen der bundeseigenen Förderbank KfW stiegen die Ausgaben von Städten, Kreisen und Gemeinden im Freistaat fast doppelt so schnell wie die Einnahmen. Die Ausgaben stiegen um 9,2 Prozent, die Einnahmen dagegen nur um 5 Prozent.

Bayerns Pro-Kopf-Verschuldung steigt auf 1.564 Euro

Laut KfW lag das Defizit in Bayern im vergangenen Jahr pro Einwohner bei 396 Euro. Das war deutlich schlechter als im gesamtdeutschen Schnitt, den die KfW in der neuen Ausgabe ihres Kommunalpanels auf ein Minus von 321 Euro pro Einwohner beziffert. Insgesamt beläuft sich die Pro-Kopf-Verschuldung in Bayern damit auf eine Gesamtsumme von 1.564 Euro.

Da Bayerns Kommunen finanziell über Jahrzehnte vergleichsweise gut dastanden, ist der Verschuldungsgrad je Einwohner trotz des überdurchschnittlichen Anstiegs nach wie vor weniger hoch als im Bundesschnitt, der bei 1.780 Euro Schulden je Einwohner liegt.

Füracker: Kommunale Haushalte "massiv belastet"

Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) sieht als Hauptgrund für das hohe Pro-Kopf-Defizit die hohe Investitionsquote der Kommunen im Freistaat. Diese Investitionsquote sei "mit 23,1 Prozent spitze in Deutschland", sagte Füracker auf BR24-Anfrage. "Hätten unsere Kommunen die durchschnittliche Investitionsquote der Flächenländer West von 15,5 Prozent, läge das Finanzierungsdefizit bei nur rund 100 Euro pro Einwohner – ein Drittel des Bundesdurchschnitts."

Füracker betonte: "Die kommunalen Haushalte sind insbesondere durch soziale Ausgaben, zum Beispiel im Bereich Migration, massiv belastet. Hier ist der Bund in der Verantwortung – er muss die Kommunen angemessen unterstützen, damit sie ihren Aufgaben zuverlässig nachkommen können."

Größtes Minus seit der Wiedervereinigung

Deutschlandweit summierte sich das bundesweite kommunale Finanzierungsdefizit laut KfW auf die Rekordsumme von 24,8 Milliarden Euro, das größte Minus seit der Wiedervereinigung. Großen Spielraum zum Sparen haben die Kommunen in ganz Deutschland nicht. 90 bis 95 Prozent ihrer Ausgaben seien an Pflichtaufgaben gebunden, die Bund und Länder den Kommunen auferlegen. 

Folge sind einerseits mangelnde Investitionen in Schulen, Straßen oder Bibliotheken – und andererseits ein rascher Anstieg der Verschuldung, der laut KfW in Bayern überdurchschnittlich ausfiel. Den größten Investitionsrückstand sehen die Kommunen bei Schulgebäuden. Fast ein Drittel (31 Prozent) des gesamten Investitionsrückstands entfällt auf diesen Bereich: gut 67,8 Milliarden Euro. Mehr als jede zweite Kommune (56 Prozent) berichtet über nennenswerte oder gravierende Mängel an Schulgebäuden.

Marode Infrastruktur frisst Milliarden-Löcher in Haushalte

Laut der KfW-Auflistung müssten die Städte und Gemeinden in Straßen rund 53,4 Milliarden Euro investieren, in Brand- und Katastrophenschutz gut 19,9 Milliarden Euro, in Verwaltungsgebäude 19,5 Milliarden Euro, in Sporthallen und Schwimmbäder rund 15,6 Milliarden Euro.

Und das Problem wird eher größer: Im vergangenen Jahr ist nach KfW-Angaben der Anteil jener Gemeinden, Städte und Kreise merklich angestiegen, denen der Unterhalt ihrer Infrastruktur in den zurückliegenden fünf Jahren nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr gelungen ist: im Bereich Schulgebäude von 11 auf 17 Prozent, bei Straßen und Verkehrsinfrastruktur von 26 auf 32 Prozent. "Damit steigt vielerorts der Verschleiß der bestehenden Infrastruktur und damit das Risiko der Notwendigkeit größerer Instandsetzungsmaßnahmen", hält die Förderbank fest.

Sondervermögen für Infrastruktur nur "Teil der Lösung"

Ob die staatlichen Milliarden aus dem Sondervermögen "Infrastruktur" der Bundesregierung den Kommunen helfen, zweifelt die KfW an. Diese Gelder müssten "zwar zielgerichtet, aber möglichst unbürokratisch" verteilt werden, sagte KfW-Chefvolkswirt Dirk Schumacher der dpa. Ausreichen wird dieses Geld nach Schumachers Einschätzung aber nicht: "Es ist Teil der Lösung, aber es ist noch nicht die Lösung."

Auch der Präsident des Deutschen Städtetags, der Leipziger Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD), mahnt, die für die Kommunen reservierten Gelder aus dem Sondervermögen müssten "schnell und unkompliziert vor Ort in den Städten und Gemeinden ankommen und dürfen nicht in den Länderhaushalten versickern". Denn: "Wir leben immer mehr von der Substanz", sagt Jung.

Mit Informationen von dpa

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!