Banknoten von 10, 20 und 50 Euro liegen sortiert auf einem Tisch.
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In Deutschland wird seit Jahrzehnten eine solide Haushaltspolitik verfolgt. Das hängt auch mit dem Wunsch nach einer starken Währung zusammen.

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Stabilitätskultur: Warum die Deutschen eine harte Währung wollen

Stabilitätskultur: Warum die Deutschen eine harte Währung wollen

Anders als andere Länder hat Deutschland in der Verfassung eine Schuldenbremse stehen: Bund und Länder dürfen bei normaler Wirtschaftslage nur wenige neuen Schulden machen. Aber warum legen die Deutschen so viel Wert auf einen sparsamen Haushalt?

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Im Vergleich zu anderen Industrieländern in der EU und vor allem zu den USA ist die Staatsverschuldung bei uns eher niedrig. Der Anstieg der letzten Jahre gibt dennoch zu denken.

Staatsschulden: Deutschland vergleichsweise zurückhaltend

Staatliche Schulden von 2.563 Milliarden Euro, die Statista für Deutschland Ende 2022 ermittelte, erscheinen auf den ersten Blick viel. Es kommt aber auf die Größe des Landes und auf sein jährliches Bruttoinlandsprodukt an. Gemessen an dieser Wirtschaftsleistung rechnet Statista für dieses Jahr in Deutschland Ende 2023 mit einer Bruttostaatsverschuldung von 67 Prozent.

In einigen EU-Ländern und in den USA ist diese erwartete Schuldenquote höher. In Italien ist sie mit über 140 Prozent mehr als doppelt so hoch wie die Wirtschaftsleistung, in Griechenland liegt sie noch höher. Besonders schnell stieg die Belastung seit der Corona-Pandemie in Frankreich, wo die staatliche Verschuldung mit rund drei Billionen Euro inzwischen höher ist als in Italien und auch über dem Bruttoinlandsprodukt liegt.

Weltweit hat die Verschuldung seit Corona und den staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie zugenommen. Das gilt auch für die EU und vor allem für die USA, nicht so stark aber für Deutschland, das immer noch vergleichsweise solide ist.

Dennoch stößt die Haushaltspolitik auch bei uns an Grenzen, wenn die Regierung - anders als in Zeiten von Corona - die Schuldenbremse einhalten soll. Hinzu kommt, dass nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes Mittel in Höhe von 60 Milliarden Euro aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF), der staatliche Investitionen erleichtern soll, nicht mehr zur Verfügung stehen. Auch der mit 200 Milliarden ausgestattete Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) ist mittlerweile gesperrt.

Bundesbürger für Sparen beim Staatshaushalt

Trotz aller Haushaltsprobleme, die sich nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts gezeigt haben, bleibt die Mehrheit der Bundesbürger auf Sparkurs. 57 Prozent sprachen sich in einer Umfrage des ZDF-Politbarometers dafür aus, die 60 Milliarden Euro aus dem Klimafonds KTF, die nach dem Urteil nun fehlen, vor allem mit Ausgabenkürzungen einzusparen.

Doch woher kommt diese "Stabilitätskultur" in Sachen Staatshaushalt, die es in anderen Ländern so nicht zu geben scheint? Es ist eine Tradition, die vor allem die Deutsche Bundesbank in den fünf Jahrzehnten der D-Mark mitbegründet hat.

Tradition der "harten Währung"

Für die Deutsche Bundesbank war eine harte D-Mark mit einem stabilen Geldwert durch geringe Inflation und angemessen hohe Zinsen stets das oberste Ziel. Ungezählt sind auch die ständigen Spar-Appelle der deutschen Notenbank an Bund und Länder, stets einen ausgeglichenen Haushalt zu bewahren. Denn ausufernde Staatsausgaben führen nicht nur an den Finanzmärkten zu einer Abwertung der eigenen Währung gegenüber anderen Währungen.

Mit einer solchen Abwertung steigt auch das Risiko einer Inflation, weil ausländische Waren und Dienstleistungen dann teurer werden. Auf diese ist ein rohstoffarmes Industrieland wie Deutschland immer angewiesen.

Die D-Mark wurde im Laufe der Jahre stattdessen immer wieder international aufgewertet und galt als so hart und solide, dass sie weltweit als sogenannte Ankerwährung genutzt wurde. Das geschah auch wegen der hohen Exportüberschüsse, aufgrund derer die Außenhandelsbilanz gegenüber fast allen Ländern (mit Ausnahme von China) regelmäßig sehr positiv ausfiel.

Die D-Mark wurde also von zwei Seiten gestärkt: im Inland durch Haushaltsdisziplin und sparsamer Verwendung des Staatsvermögens. Und im Ausland durch das deutsche "Wirtschaftswunder", das neben dem Wiederaufbau auch eine starke Exportindustrie hervorbrachte.

Stabile Währung als Staatsräson

Nicht nur die sprichwörtliche "schwäbische Hausfrau", sondern auch ausländischen Investoren legten in der bundesdeutschen Währung beruhigt ihre Sparguthaben an. Ex-Bundesbankpräsident Hans Tietmeyer drückte es zum 50. Geburtstag der D-Mark im Jahr 1998 so aus: "Der Name Deutsche Mark ist inzwischen ebenso untrennbar mit Wiederaufbau und Wohlstand wie mit dem hohen Grad gesellschaftlicher Stabilität dieses Landes verbunden." Hart arbeiten, gutes Geld verdienen und es in einer werthaltigen Währung anlegen, wo es möglichst gut verzinst wird - so lässt sich die damalige deutsche Vorstellung zusammenfassen.

Goldschatz durch Exporterfolge

Mit dem deutschen "Wirtschaftswunder" kam es zu weltweiten Exporterfolgen der deutschen Unternehmen. Außenhandelsgeschäfte über die Landesgrenzen hinweg müssen von den beteiligten Notenbanken entsprechend verbucht werden. Wenn es also zu einem Exportüberschuss Deutschlands in Partnerländern kommt, müssen deren Notenbanken das bei der Bundesbank ausgleichen oder zumindest gutschreiben. Das geschah bis 1971 häufig mit Goldbarren, die für die Bundesbank hinterlegt wurden. In den USA, in Frankreich, Großbritannien häuften sich so sehr hohe deutsche Goldreserven an.

Insgesamt verfügte die Bundesbank zum Stichtag 31.12.2021 über 3.359 Tonnen Gold, das als Barren in Frankfurt, London und New York lagert. Sie dienen inzwischen dem Euro als Reserve, denn sie könnten notfalls eingetauscht werden, um den Wert der europäischen Währung abzusichern. Was entscheidend zur Stabilität der D-Mark und jetzt des Euro beiträgt, ist die Tatsache, dass die Bundesbank diesen Goldschatz zu keiner Zeit angetastet hat.

Deutsche Stabilitätspolitik in Europa umstritten

Entscheidend für die Stabilität der Währung ist auch, welche Geldpolitik die Notenbank betreibt - also ob sie eher locker ist und dabei eher mehr Inflation zulässt oder das Gegenteil. Die Bundesbank stand immer für eine konsequente Bekämpfung der Inflation bereits im Ansatz. Sie leistete mit vergleichsweise hohen Leitzinsen und ihrer straffen Geldpolitik einen Beitrag dazu, dass die D-Mark teurer war als andere europäische Landeswährungen. Die D-Mark ermöglichte preiswerte Importe von Rohstoffen wie Erdöl und sie war attraktiv für Anleger weltweit. Diesen Vorzug hatten andere europäische Währungen nicht im gleichen Maße.

Im Europäischen Währungssystem (EWS), einem Wechselkursmechanismus, der in den 70er-Jahren geschaffen wurde, kam es deshalb immer wieder zu Spannungen. Wenn Notenbanken anderer Staaten in Europa - wie etwa Frankreich und Großbritannien - ihre Zinsen senken wollten, um die Wirtschaft anzukurbeln, und dabei eine höhere Inflation für ihre Währungen in Kauf nahmen, hielt die Bundesbank oft dagegen.

Starke D-Mark half bei Beitritt der DDR zur Bundesrepublik

Der internationale Erfolg und ihre Stabilität waren der D-Mark keineswegs in die Wiege gelegt. Die Ausgangslage nach dem 2. Weltkrieg sei "für die Deutsche Mark bei ihrer Einführung am 20. Juni 1948 denkbar schlecht" gewesen, schrieb Tietmeyer 50 Jahre danach.

Bei der deutschen Wiedervereinigung wurden DDR-Mark in D-Mark umgetauscht. Das geschah mit einem für Westdeutschland ungünstigen offiziellen Umtauschverhältnis von 5:1 und stellte die Bundesbank vor große Herausforderungen. Denn der Umtauschkurs war nach dem Mauerfall noch bei 20:1 gelegen, und auf dem Schwarzmarkt musste man für eine D-Mark nicht fünf, sondern acht DDR-Mark hinblättern.

Lehre aus Hyperinflation von 1923

Was bei diesem Thema immer mitschwingt, ist die Erinnerung an die große Hyperinflation von 1923. Damals sank der Wert der deutschen Währung so schnell, dass Löhne zum Teil täglich ausgezahlt wurden. Mit Taschen voller Geld wurden anschließend die Geschäfte gestürmt, um möglichst schnell damit noch einkaufen zu können. Hintergrund war, dass die deutsche Reichsregierung damals hohe Reparationsforderungen aus dem Ersten Weltkrieg und unbezahlbar hohe Dollar-Schulden "weginflationieren" wollte, indem sie über die Notenpresse immer mehr Geld in Umlauf brachte.

Stabile Geldpolitik als Schutz vor ausufernder Haushaltspolitik

Im Nachhinein war das ein starkes Argument für die Unabhängigkeit der Bundesbank und deren stabilitätsorientierte Geldpolitik. Die Notenbank der Bundesrepublik sollte unabhängig von den Begehrlichkeiten der Regierung und ihrer Haushaltsführung die Stabilität der D-Mark überwachen können.

"Die großen Inflationen dieses Jahrhunderts lehren, dass Geldwertstabilität nicht bewahrt werden kann, wenn den Regierungen nicht der Zugriff auf die Geldversorgung verwehrt wird. (...) Der Leitgedanke dieses Beitrags ist, dass der deutsche Stabilitätserfolg entscheidend durch die de facto weitgehende Unabhängigkeit der Bundesbank bestimmt worden ist." Manfred J. M. Neumann, ehem. Professor an der Uni Bonn

Mit ihrer Unabhängigkeit und Orientierung an der Stabilität des Geldwerts wurde die Bundesbank zum Vorbild für die Ausgestaltung der Europäischen Zentralbank (EZB). Der Euro sollte ähnlich stabil sein wie die D-Mark, die zuvor ja schon faktisch eine europäische Ankerwährung war.

Deutsche haben gute Erfahrungen mit Stabilitätspolitik gemacht

Unterm Strich lässt sich feststellen, dass die Deutschen aufgrund ihrer historischen Erfahrungen eine stabilitätsorientierte Politik schätzen. Deshalb lehnen sie in ihrer Mehrheit bis heute eine Politik des billigen Geldes ebenso ab wie eine staatliche Schuldenpolitik.

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