Für ihr Geld können sich Menschen weniger kaufen, denn vieles ist teurer geworden in den vergangenen Monaten. Die aktuell hohe Inflation belastet viele Haushalte in Bayern. Besonders große Sorgen machen die enorm gestiegenen Energiepreise – für den Strombedarf im Haushalt, Gas in der anstehenden Heizsaison oder die nächste Tankfüllung.
Regionale Preisunterschiede für Benzin, Gas und Strom
Wie viel Sie für Ihre Energieträger bezahlen, hängt dabei nicht nur von Rohölpreisen oder Spekulationen an den Märkten ab, sondern auch davon, wo Sie wohnen. So hat etwa eine Auswertung des Bundeskartellamts im Juni ergeben: Je nach Region kostete der Liter Benzin 13 Cent mehr als anderswo. Zu bestimmten Uhrzeiten ist der Unterschied noch größer.
Auch für Strom und Gas gilt in Bayern: Der Wohnort kann einen Einfluss auf den Preis haben. Mit diesem interaktiven Rechner können Sie herausfinden, wie sich die Energiekosten an Ihrem Wohnort entwickelt haben. Geben Sie dazu Ihre Postleitzahl ein, wie viel Wohnfläche Sie haben und wie viele Personen in Ihrem Haushalt wohnen:
Was bedeutet die hohe Inflationsrate?
Die Daten zeigen: Gas und Strom sind im Vergleich zum Vorjahr überall in Bayern deutlich teurer geworden. Die Teuerung zeigt sich aber auch in vielen anderen Bereichen. Jeden Monat ermittelt das Statistische Bundesamt für Deutschland die Teuerungsrate, die Inflation. Dabei wird ermittelt, wie sich die Preise für "typische" Güter und Dienstleistungen bei privaten Haushalten verändern. In dem "Warenkorb" werden zum Beispiel Ausgaben für Kinobesuche, Nahrungsmittel, Bekleidung, das Tanken und vieles mehr betrachtet.
Die individuelle Inflation, also die Preissteigerungen, die man persönlich hinnehmen muss, kann je nach Lebensumständen davon allerdings deutlich abweichen. Die Inflationsrate wird nicht nur für Deutschland ermittelt, sondern auch für den Euroraum und die gesamte EU. Ein moderater Preisanstieg über Jahresfrist in Höhe von zwei Prozent ist der Zielwert der Europäischen Zentralbank, EZB. Bereits im August dieses Jahres lag die Preissteigerung in der EU aber schon bei über zehn Prozent. Verbraucher müssen also im Schnitt zehn Prozent mehr für Waren und Dienstleistungen ausgeben.
Gaskrise wird durch den Krieg in der Ukraine verschärft
Dennoch ist der Haupttreiber der Inflation derzeit der Preisanstieg bei der Energie, besonders beim Gas. Auch wenn es regionale Unterschiede gibt, sind die Gaspreise insbesondere durch den Überfall Russlands auf die Ukraine und die Entwicklungen danach in die Höhe geschossen. Die folgende Grafik zeigt, wie sich der Durchschnittspreis für Gas in Deutschland und Bayern entwickelt hat:
Grafik: Durchschnittlicher Gaspreis für eine Kilowattstunde
Wie die Daten zeigen, begann der Preisanstieg bereits im Herbst 2021. Kurz nach dem russischen Angriff auf die Ukraine Ende Februar stiegen die Preise ein erstes Mal drastisch. Nach einigen Wochen erholten sie sich, doch dann drosselte Russland die Gaslieferungen über die wichtigste, nach Deutschland führende Gaspipeline Nord Stream 1 und stellte sie schließlich komplett ein. Dadurch kletterte der Gaspreis höher und höher. Seit Anfang September entspannt sich die Lage etwas, die Gaspreise sinken wieder leicht. Ein Grund: Die Gasspeicher sind gut gefüllt.
- Zur Übersicht: Gasversorgung in Deutschland: Wo stehen wir?
Zudem sorgen die Nachrichten über militärische Erfolge der Ukraine im Osten des Landes bei den Investoren für Hoffnung, dass es bald eine Lösung in dem Konflikt geben könnte. Auch das wirkt sich positiv auf den Gaspreis aus. Allerdings sind die Gaspreise weiterhin deutlich über dem Niveau von vor der Krise.
Viele Menschen schauen nun mit Sorge auf die anstehende Heizperiode. In Bayern fürchtet der Verband der Bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft, dass bis zu zehn Prozent der Privat- und Geschäftskunden demnächst ihre Strom- und Gasrechnung nicht mehr zahlen können. Vorstand Detlef Fischer sagte dem BR: "Wir gehen davon aus, dass wir beim Gas eine Verdreifachung der Preise für die Haushaltskunden sehen und beim Strom wohl das Doppelte."
Strompreis hat sich in einem Jahr verdoppelt
Die Verivox-Daten zeigen, dass auch der Strompreis drastisch gestiegen ist: Neukunden zahlen bereits das Doppelte, als noch vor einem Jahr. Und auch für Bestandskunden planen die wichtigsten bayerischen Energieversorger Preiserhöhungen ein.
Die folgende Grafik zeigt, wie sich der Durchschnittspreis für eine Kilowattstunde entwickelt hat:
Grafik: Durchschnittlicher Strompreis für eine Kilowattstunde
Auch in dieser Entwicklung markiert der Kriegsbeginn in der Ukraine einen deutlichen Sprung nach oben. Der Anstieg auf das aktuelle Rekordniveau fand jedoch vor allem über den Sommer statt. Hintergrund: Der Strompreis ist an der Strombörse indirekt an den Gaspreis gekoppelt - über den sogenannten Merit-Order-Effekt.
Das vereinfachte Prinzip dahinter: Wie bei jeder Börse treffen Anbieter und Nachfrager aufeinander. Dabei gibt es Kraftwerksbetreiber, die Strom sehr günstig erzeugen zum Beispiel in einer Müllverbrennungsanlage, ihn entsprechend günstig anbieten können. Gaskraftwerke verursachen dagegen ein Vielfaches an Kosten bei der Stromproduktion, weil das benötigte Gas so teuer ist.
Wer besonders günstig Strom anbietet, findet auf jeden Fall Abnehmer für seine Energie. Weil der günstigste Anbieter aber nicht den kompletten Strombedarf decken kann, wird auch der nächste Anbieter berücksichtigt, der seinen Strom etwas teurer anbietet. Der Reihe nach kommen also die Anbieter von billig bis teuer zum Zug, bis die komplette Nachfrage gedeckt ist.
Wer noch teurer anbietet, kann seinen Strom nicht verkaufen. Das Besondere aber: Der Preis, der für alle gilt, richtet sich nach dem teuersten Angebot, das gerade noch berücksichtigt worden ist. Und das sind im Moment die sehr teuren Gaskraftwerke. Die Folge: Selbst sehr billig produzierter Strom wird sehr teuer an der Börse verkauft. Die Endkunden müssen das bezahlen.
War es früher von Vorteil, den Stromanbieter regelmäßig zu wechseln und Sonderverträge zu vergleichen, weißen Vergleichsportale und Verbraucherschützer aktuell darauf hin, dass die örtlichen Grundversorger, etwa die Stadtwerke, die günstigste Alternative sein können. Diese kaufen den Strom lange im Voraus zu festgelegten Preisen ein und sind daher weniger an die teuren Börsenpreise gebunden.
Benzin und Diesel nach Tankrabatt wieder deutlich über zwei Euro
Kraftstoff für Fahrzeuge ist ebenfalls eine wichtige Komponente der Energiekosten bayerischer Haushalte. Bayern ist eines der Bundesländer, in denen der öffentliche Nahverkehr am schlechtesten funktioniert – viele Menschen sind im Alltag auf ihr privates Auto angewiesen.
Die folgende Grafik zeigt, wie sich hier die Preise seit Jahresbeginn entwickelten:
Grafik: Durchschnittlicher Benzinpreis für einen Liter
Der Krieg in der Ukraine hat auch hier Spuren hinterlassen – besonders der Preis für Benzin stieg schlagartig an. Zwar hat der Tankrabatt zwischenzeitlich ein wenig gegengesteuert – mit dem Auslaufen dieser Förderung ging der Preis aber schlagartig wieder auf das Niveau, auf das er sich kurz nach Kriegsbeginn eingependelt hatte.
- Zum Artikel: Vom Bohrloch zur Tankstelle: Wer verdient am Sprit?
Über die Daten
Das Vergleichsportal Verivox betreibt eine tagesaktuelle, postleitzahlgenaue Datenbank mit Neukundentarifen verschiedener Anbieter für Strom und Gas. Aus diesen berechnet Verivox pro Tag den günstigsten verfügbaren Preis in einem Postleitzahlengebiet für eine vier- bis fünfköpfige Musterfamilie (Stromverbrauch 4.000 Kilowattstunden im Jahr, Gasverbrauch von 20.000 Kilowattstunden im Jahr). Diese Preise enthalten den Arbeitspreis pro kWh, den Grundpreis und eventuelle Boni. Ausgenommen sind Tarife, die nicht bei Verivox verfügbar sind, darunter auch Grundversorgungstarife.
Innerhalb der Verivox-Daten gibt es vereinzelt Fehlwerte, also Tage ohne Dateneintrag. Für die Zeitreihen (Bayern und Deutschland) werden die Werte für diese Tage aus den vorhandenen Daten extrapoliert.
Aus den Verivox-Daten können, entsprechend gewichtet nach Anzahl der belieferten Haushalte einer Postleitzahl, sowohl regionale Durchschnitte, etwa für Bayern und Deutschland, als auch der täglich günstigste Preis pro kWh errechnet werden. Dabei beziehen die Werte sich weiter auf den angegebenen Musterverbrauch. Die gezeigten Werte für andere Konstellationen werden aus diesen Daten hochgerechnet und sind somit eine Annäherung an die Realpreise. Die Mehrkosten für Bestandskunden oder bei einzelnen Stadtwerken können zudem deutlich davon abweichen – sie zahlen aktuell oft weniger.
Die zugrunde liegenden detaillierten Standardverbrauchswerte der unterschiedlichen Haushaltskonstellationen für Gas und Strom stellt der Energieanbieter Eon zur Verfügung.
Die Daten zu den Preisänderungen aller in Deutschland aktiven und gemeldeten Tankstellen stellen von der Markttransparenzstelle des Bundeskartellamtes zugelassene Verbraucher-Informationsdienste bereit. BR24 bekommt daraus berechnete Mittelwerte für Bayern und Deutschland vom datenjournalistischen Team des SWR zur Verfügung gestellt.
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