Lügen - die Wahrheit über Schwindeln, Flunkern & Co.: Frau kreuzt Finger hinter dem Rücken
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Nicht nur beim Aprilscherz: Warum lügen wir? Die Wahrheit über Schwindeln, Flunkern & Co.

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Kein Aprilscherz: Darum lügen wir

Kein Aprilscherz: Darum lügen wir

Am 1. April dürfen Menschen in den April geschickt werden. Sie fallen auf frei erfundene Geschichten, den Aprilscherz, herein. An diesem Tag ist Lügen erlaubt, weil es anschließend aufgedeckt wird. Aber wir lügen auch an anderen Tagen. Warum?

Über dieses Thema berichtet: Zwischen Spessart und Karwendel am .

Gelogen wird nicht nur am 1. April. Schwindeleien, Notlügen, verlogene Schmeicheleien - damit müssen wir das ganze Jahr umgehen. Manchmal lügen uns die Liebsten ins Gesicht, vielleicht, um uns mit der Wahrheit nicht zu verletzen: "Dein neuer Haarschnitt sieht aber toll aus." Manchmal wird uns aber auch von Chefs oder Politikern augenscheinlich die Unwahrheit gesagt. Wir ahnen es, sind aber machtlos. Warum lügen Menschen? Sind Lügen immer verwerflich und gibt es einen geschlechterspezifischen Unterschied beim Lügen?

Aprilscherze unterscheiden sich von Lügen

Am 1. April haben wir die offizielle Erlaubnis, Unwahrheiten zu verbreiten, um andere auf den Arm zu nehmen. Wir reagieren schadenfroh, wollen dem anderen aber nicht wirklich schaden.

Die Herkunft des Aprilscherzes

Wo der Aprilscherz herkommt, ist leider nicht ganz klar. Im Christentum war der 1. April eigentlich ein Unglückstag. Die Redensart, jemanden "in den April schicken" ist in Bayern angeblich erstmals 1618 schriftlich erwähnt, doch das Grimmsche Wörterbuch aus dem 19. Jahrhundert kennt noch keinen "Aprilscherz". Vom angeblich ersten Aprilscherz überhaupt erzählen viele verschiedene Anekdoten, unter anderem diejenige, dass der französische König Heinrich IV. zu einem romantischen Treffen mit einer jungen Frau aus dem Volke anrückte, stattdessen aber im Lustschlösschen von seiner Gemahlin empfangen wurde. Andere Ursprungsgeschichten stellen eine Verbindung zur Kalenderreform von 1564 her, bei der der französische König Karl IX. den Neujahrstag vom 1. April auf den 1. Januar verlegte, oder zu Judas Ischariot, der Jesus verriet und dessen Geburtstag an einem 1. April gewesen sein soll.

Aprilscherze sind gesellschaftlich akzeptiert und dienen nicht dem persönlichen Vorteil. Man behält seinen guten Ruf, wenn man am 1. April jemanden hereinlegt. Der Grund: Aprilscherze werden vom Lügner selbst aufgelöst: "April, April."

Warum lügen Menschen?

Beim bewussten Lügen ist das nicht so. Bewusste Lügen werden nicht vom Lügner selbst und eher unfreiwillig aufgedeckt. Es gibt Lügen, die dem persönlichen Nutzen dienen, sie werden schwarze Lügen genannt. Der Lügner profitiert persönlich in Form von Geld, sozialer Anerkennung oder auch mehr Wählerstimmen. Kurzfristig kann man bei einer schwarzen Lüge der Versuchung vielleicht einfach nicht widerstehen. Langfristig zahlen sich schwarze Lügen, wie beispielsweise falsche Angaben bei der Steuererklärung, meist nicht aus, weil man seinen guten Ruf als ehrlicher Mensch aufs Spiel setzt.

Gibt es gerechtfertigte Lügen?

Neben Aprilscherzen und schwarzen Lügen gibt es auch weiße Lügen, bei denen beide Seiten von der Unwahrheit profitieren. Beispiel: Sie hatten einen überaus miesen Tag und werden gefragt, wie es Ihnen geht. Die lapidare Antwort "Ach, ganz gut" erspart Ihnen lästiges Nachfragen. Hier handelt es sich zwar um eine Lüge, aber um eine gesellschaftlich akzeptierte - im Gegensatz zu den schwarzen Lügen. Diese Art von Notlüge tut niemandem weh und hilft beiden Seiten.

Wer einmal lügt, lügt immer?

Das lässt sich so pauschal natürlich nicht sagen. Aber: Forscher um Neil Garrett vom University College London haben in einer Studie herausgefunden, dass erfolgreiche Lügner immer dreister werden beim Lügen und der Grad der Lüge daher immer weiter eskaliert. Das wiederum lernt das Gehirn und stumpft gegenüber den eigenen Lügen immer mehr ab. Ein bestimmtes Hirnareal, die Amygdala, mahnt anfangs schon bei kleineren Schummeleien zum eigenen Vorteil. Je dreister aber die Lügen werden, desto schwächer wird diese mahnende Stimme im Kopf. Und desto unverfrorener geht die nächste Lüge über die Lippen.

Männer lügen mehr als Frauen

In 565 Experimenten mit über 44.000 Teilnehmern hat das Team um den Psychologen Philipp Gerlach von der Hochschule Fresenius in Hamburg festgestellt, dass Männer mehr schwarze Lügen erzählen als Frauen. Der Unterschied war in vielen Experimenten recht eindeutig, aber der Grund blieb unklar. Einige Studien zeigen, dass Männer risikofreudiger als Frauen sind. Die Risikobereitschaft könnte erklären, warum Männer eher bereit sind, schwarze Lügen zu erzählen. Eine zweite Erklärung könnte auch sein, dass Frauen unehrliches Verhalten scheuen. Vor allem dann, wenn andere unter den Folgen der Lügen leiden. Doch gesichert sind diese Erklärungen in der Lügenforschung nicht. Sonst müsste man lügen.

Der Pinocchio-Effekt: Nase wird kalt beim Lügen

Spanische Forscher haben vor einigen Jahren in einer Studie festgestellt, dass man uns das Lügen sehr wohl an der Nase ansehen kann. Allerdings nur mit einer Wärmebildkamera, denn unsere Nase wächst nicht wie bei der Holzmarionette Pinocchio, doch sie wird kälter. Die Stirn dagegen wurde bei den Lügen-Probanden wärmer.

Nase und Stirn wiesen bis zu ein Grad Temperaturunterschied auf. Die spanischen Forscher erklären sich das Phänomen so, dass es mühsam ist, sich eine unwahre Geschichte auszudenken. Deshalb läuft das Gehirn auf Hochtouren und wird warm. Die Nase dagegen wird kühler, weil Lügen Stress auslösen, wodurch sich Gefäße an exponierten Stellen wie der Nase verengen und weniger durchblutet werden.

Dieser Artikel ist erstmals am 30.03.2021 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel aktualisiert und erneut publiziert.

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