An der Universität Bayreuth spielt Klimaschutz eine wichtige Rolle. Vom einfachen Fenstertausch mit zeitgemäß isolierten Scheiben bis hin zu großen energieeffizienten Heizungsanlagen. Darauf zu achten sei mittlerweile in Fleisch und Blut übergegangen, sagt Gerald Weber, der die Zentrale Technik der Universität leitet. Und doch wäre eigentlich mehr möglich, um klimaneutral zu werden.
Wirtschaftlichkeit auf Kosten der Nachhaltigkeit
"Im Moment ist es schon so, dass man oft auf das wirtschaftlichste Angebot geht und die ganze Bewirtschaftung, Instandhaltung dann wieder separat betrachtet wird", so der Techniker. Es sind Probleme, mit denen in größerem Rahmen auch Susanne Tittlbach kämpft. Als Vizepräsidentin der Universität Bayreuth ist sie für alle Themen rund um Nachhaltigkeit zuständig. Doch so viel beide auch tun, die Fallstricke liegen aus Sicht der Wissenschaftlerin oft im Detail.
Beispiel E-Ladesäulen, die sie auf dem Campus zur Verfügung stellen wollen: Selbst installieren ist nicht möglich, dafür ist der Energieversorger nötig. Gleichzeitig ist der Campus aber staatlicher Grund und Boden, auf dem dessen Ladesäulen dann stehen. "Das heißt, es muss Verträge zwischen dem Energieversorger und dem Freistaat Bayern geben, damit der Energieversorger dann nicht noch zusätzlich eine Pacht an den Freistaat abführen muss."
Mit aktuellem Rahmen keine klimaneutralen Hochschulen bis 2040
Frustrierend findet Susanne Tittlbach derlei bürokratische Hürden. Symptomatisch für die Hochschullandschaft in Bayern findet das Christoph Helbig, Sprecher der örtlichen Scientists for Future. Der Freistaat soll bis 2040 klimaneutral sein. So steht es im Bayerischen Klimaschutzgesetz. Und die Hochschulen wollen dabei vorangehen. Denn zum einen erforschen sie die wissenschaftlichen Grundlagen des Klimawandels. Zum anderen sieht Helbig die Universitäten in ihrer Funktion als Bildungseinrichtung und als Arbeitgeber auch als wichtiges Vorbild.
Als Hebel für Bayerns Klimaziele sind die Hochschulen nicht unerheblich: Sie sind Arbeitsstätten für rund 400.000 Studierende und etwa 130.000 Mitarbeitende. Insofern machen sie auch einen erheblichen Anteil am Gebäudebestand des Freistaats aus. Doch unter den momentanen Bedingungen sei laut der bayerischen Scientists for Future klimaneutraler Hochschulbetrieb bis 2040 nicht möglich: "Wir sehen, dass klimaneutrales Verhalten nicht belohnt wird, sodass wir auch nicht die Möglichkeit sehen, als Universitäten selbst genug zu tun", sagt Christoph Helbig.
"Scientists for Future" fordern konsequente Richtlinien
Es fehle an klaren Vorgaben, die klimaneutrales Handeln von Hochschulen fördern. In einem offenen Brief an die bayerische Staatsregierung (externer Link) haben bayerische Regionalgruppen der Scientists for Future diese nun eingefordert. Innerhalb von drei Wochen haben mehr als 1.500 Mitarbeitende an bayerischen Hochschulen den Brief unterschrieben.
Konkret möchte die Initiative etwa, dass der Freistaat bei Hochschulgebäuden mehr Altbestand saniert, statt neues zu bauen. Dass Universitäten zum Beispiel besser an Radwege und öffentlichen Nahverkehr angeschlossen werden. Oder auch, dass bei Beschaffung und Ausschreibungen mehr Anreize geschaffen werden, die klimafreundlichsten Angebote zu wählen und nicht etwa die billigsten.
Zwischen Exzellenz und mangelhaft
Anja Schlömerkemper leitet ein Projekt, das zu klimaneutralem Hochschulbetrieb forscht (externer Link). Seit 2022 arbeitet die Vizepräsidentin der Universität Würzburg dazu im Verbund mit den Technischen Hochschulen Würzburg-Schweinfurt und Weihenstephan-Triesdorf. Auch ihr Zwischenfazit ist ernüchternd: Die Universitäten würden tun, was sie können, um bis 2040 klimaneutral zu sein. Doch das Ziel der Staatsregierung sei schon sehr ambitioniert: "Wir brauchen einfach noch sehr viel Ressourcen, um zum Beispiel die ganzen Gebäudesanierungen voranzubringen. Das kostet einfach viel, viel Geld."
Bayerns Wissenschaftsminister Markus Blume indes sieht den bayerischen Hochschulbetrieb auf dem Weg zur Klimaneutralität bis 2040 gut aufgestellt. Auf BR-Anfrage teilt er mit, die existierenden Gesetze und Regelungen seien "in dieser Art beispielgebend für Deutschland und Europa". Die Zeit wird zeigen, ob das für das Ziel Klimaneutralität reicht.
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