Vier Rauchschwalbenjunge sitzen in ihren Nestern in einem Stall und reißen den Schnabel auf.
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Junge Rauchschwalben im Stall: Traditionell gern gesehene Bewohner.

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Müssen Landwirte illegal Schwalbennester entfernen?

Müssen Landwirte illegal Schwalbennester entfernen?

Das Abschlagen von Schwalbennestern ist verboten. Doch genau dazu sollen Landwirte laut einem Bericht des LBV aufgefordert worden sein – aus Hygienegründen. Das wäre illegal. Aber: Stimmt es überhaupt?

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Viele Schwalben machen sich gerade - so wie viele andere Zugvogelarten - auf den Weg nach Afrika und kündigen so den Herbst an. Für Landwirte sind sie seit Jahrhunderten so etwas wie Wetterpropheten – und Glücksbringer. Denn die Vögel fressen störende Insekten und sind damit auf Bauernhöfen seit Jahrhunderten gern gesehene Bewohner. Vor allem Rauchschwalben bauen ihre Nester mit Vorliebe in offenen Scheunen und Ställen.

Bericht des LBV sorgt für Aufruhr

Allerdings sind die Tiere nicht gerade sauber. Kot, Federn und Speichel der Tiere können vor allem dort zum Problem werden, wo Lebensmittel produziert und gelagert werden.

Nun sorgt ein Bericht des Landesbund für Vogelschutz (LBV) [externer Link] im Netz für Aufsehen. Offenbar seien Landwirte aus dem Obst- und Gemüsebau von Zertifizierungsstellen aus dem Lebensmitteleinzelhandel dazu aufgefordert worden, "alle Nester aus Hallen zu entfernen, auch wenn sich diese nicht direkt über Produkten befinden". Obwohl das Entfernen der Nester eine Ordnungswidrigkeit darstellt. Denn Rauchschwalben gelten als potenziell gefährdet und sind nach dem Naturschutzgesetz geschützt.

Die Rauchschwalben-Beauftragte des LBV, Rieke Wüpping, wirft dem Einzelhandel im Gespräch mit BR24 Scheinheiligkeit vor: Einerseits werbe der Handel damit, Artenschutz zu betreiben, andererseits zeige er, dass "Arten dort keinen Platz" haben. "Aber man kann die Natur nicht einfach aussperren", so Wüpping.

Was ist dran an den Vorwürfen?

Tatsächlich bestätigt der Bayerische Bauernverband im BR24-Interview, dass sich Landwirte hier in einer "rechtlichen Zwickmühle" befinden, so Umweltreferent Maximilian Lutz. Einerseits gelte die EU-Verordnung zur Lebensmittelhygiene, wonach eine "Kontamination durch Tiere und Schädlinge so weit wie möglich vorzubeugen" sei. Außerdem seien die Landwirte auf die Zertifizierungen angewiesen, weil der Lebensmitteleinzelhandel ihre Produkte sonst nicht annehme. Andererseits sei es schlicht verboten, Schwalbennester zu entfernen.

Genau das sollen laut LBV nun Zertifizierungsstellen gefordert haben, die für die weltweit anerkannten Lieferketten-Systeme Global G.A.P und IFS arbeiten.

Zertifizierungsstelle: "Behauptung ist falsch"

Global G.A.P und IFS zertifizieren als privatwirtschaftlich betriebene Systeme landwirtschaftliche Produkte entlang ihrer Lieferkette für den Lebensmitteleinzelhandel. Auf BR24-Anfrage teilt IFS jedoch mit, man zertifiziere keine landwirtschaftlichen Betriebe, die Behauptung sei also falsch.

Damit konfrontiert, räumt der LBV ein, dass ihre Stellungnahme hier nicht "trennscharf" gewesen sei. Nichtsdestotrotz fänden Schwalben auch in den nicht primär landwirtschaftlichen Lagerstätten, die von IFS zertifiziert würden, keinen Platz. Dies sei das eigentliche Problem, auf das der LBV aufmerksam machen wolle.

Global G.A.P., die der LBV in der Stellungnahme ebenfalls ins Visier genommen hat, gilt hingegen als eines der größten Lebensmittel-Zertifizierungssysteme weltweit. Neben sozialen Kriterien prüft man hier auch die Hygiene auf landwirtschaftlichen Betrieben.

Auf BR24-Anfrage bestätigt Global G.A.P., dass Vogelnester in "innenliegenden Bereichen der Produkthandhabung vermieden werden" sollen, da es zu einer Kontamination kommen könne. Jedoch: Ein Abschlagen der Nester verlange man explizit nicht.

Auch TÜV Süd wiegelt ab

Doch für die Zertifizierungen vor Ort, die sogenannten Audits, sind externe Zertifizierungsstellen, also andere Unternehmen, verantwortlich. Sie sind für die Auslegung der Global G.A.P.-Standards letztlich selbst verantwortlich.

Global G.A.P. stellt eine Liste ihrer Partner zur Verfügung, die die Zertifizierungen durchführen. Darunter auch in Bayern. Die erste Spur führt zu TÜV Süd. Auch hier teilt man mit: Der TÜV sei zwar für Global G.A.P. tätig, allerdings nicht im Bereich Landwirtschaft.

Dann gibt der LBV einen Hinweis: Offenbar habe das Esslinger Zertifizierungsunternehmen ABCERT zumindest bestätigt, dass Schwalbennester in landwirtschaftlichen Produktionsstätten unzulässig sind. Eine Nachfrage von BR24 ergibt: An Produktlagerorten auf landwirtschaftlichen Betrieben und außerhalb dürften sich generell aus Hygienegründen keine Tiere aufhalten. Man solle die Tiere am Nisten hindern. Allerdings verlange "kein Auditor", Vogelnester abzuschlagen.

Wie viele Landwirte sind tatsächlich betroffen?

Der LBV spricht im BR24-Interview zunächst von "einer niedrigen zweistelligen Zahl" an Landwirten, die sich als Betroffene gemeldet hätten. Auf Rückfrage bestätigt Rauchschwalben-Beauftragte Rieke Wüpping jedoch, dass die Information zunächst auf der Meldung einer Einzelperson basiert habe. Nach und nach habe der Verband schließlich noch weitere Stimmen von Landwirten zusammengetragen, die Zahl sei allerdings geschätzt und aus unterschiedlichen Landkreisen mündlich zusammengetragen worden.

Gleichwohl schätze der LBV, dass noch mehr Landwirte betroffen seien, die aber schweigen – aus Angst, nicht mehr für den Lebensmitteleinzelhandel zertifiziert zu werden.

Fazit

Dass Landwirte tatsächlich rechtswidrig dazu aufgefordert werden, Rauchschwalbennester zu entfernen, kann BR24 nicht bestätigen. Trotzdem ist es möglich, dass es in Einzelfällen dazu kommt.

Aus rechtlicher Sicht gilt der Konsens, Lebensmittel auf landwirtschaftlichen Betrieben vor Verunreinigungen durch Kot und Speichel zu schützen. In der Regel rechtssicher ist es, ein einfaches Brett unter dem Schwalbennest anzubringen, das Ausscheidungen auffängt.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

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