Der Wald in den Haßbergen in Nordbayern ist einer von vielen Orten weltweit, an denen Wissenschaftler derzeit nach Wasserstoff suchen. Dort, tief im unscheinbaren Waldboden, sind Forscher der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg fündig geworden.
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Der Wald in Nordbayern ist nur eine von vielen Stellen, an denen Wissenschaftler derzeit nach Wasserstoff suchen. In den Pyrenäen hat ein Team des deutschen Geoforschungszentrums GFZ rund um den Geowissenschaftler Frank Zwaan Wasserproben genommen – und wurden ebenfalls fündig. "Wir haben herausgefunden, dass es entlang großer Störungen in den Pyrenäen manchmal große Konzentrationen von Wasserstoff gibt", sagt der Niederländer, der derzeit an der Universität von Lausanne forscht. Störungen, das sind Brüche im Gestein, wo sich der Untergrund verschiebt und es zu großen Spannungen kommt.
Wasserstoffmoleküle sind oft gebunden
Die Pyrenäen als junges Gebirge sind der ideale Ort für die Entstehung - oder besser gesagt die Freisetzung - von Wasserstoff: Entstanden ist er bereits kurz nach dem Urknall. Aber oft liegen die Wasserstoffmoleküle gebunden vor, zum Beispiel gemeinsam mit Sauerstoff im Wasser, in Gesteinen, in Öl, Kohle und Erdgas. Bisher wird Wasserstoff zur Nutzung als Energieträger auch aus diesen Rohstoffen gewonnen. Besonders nachhaltig ist das nicht.
Bei Bildung eines Gebirges kann Wasserstoff freigesetzt werden
Bei der Bildung eines Gebirges wie den Pyrenäen oder den Alpen gelangt Gestein aus dem Erdmantel an die Oberfläche. Statt in mehreren Dutzend Kilometern Tiefe, findet man es nur wenige Kilometer tief im Untergrund. Dort reagiert es unter hohem Druck und bei hohen Temperaturen mit Wasser. Die Minerale verändern sich. Serpentinisierung heißt dieser Vorgang. Dabei wird Wasserstoff freigesetzt.
Zwaan vermutet, dass der Wasserstoff in den Pyrenäen durch diesen Prozess entstanden ist. Sicher sind sich die Wissenschaftler nicht: "Wir haben an verschiedenen Orten höhere Konzentrationen an Wasserstoff gefunden. Aber wir konnten nicht zeigen, dass es wirklich vom Erdmantel kommt." Mit Isotopenanalysen versuchen die Wissenschaftler herauszufinden, woher der Wasserstoff stammt. Neben der Serpentinisierung gibt es noch weitere Vorgänge, bei denen das brennbare Gas freigesetzt werden kann.
Hoffnungen auf Ur-Wasserstoff aus der Erde
Und schließlich gibt es noch den Ur-Wasserstoff, in den der Geologe Jürgen Grötsch aus Erlangen große Hoffnung setzt. Der sogenannte primordiale Wasserstoff ist seit der Entstehung der Erde im Untergrund gefangen. Grötsch vermutet eine quasi unendliche Energiequelle im Inneren der Erde bis hinunter zum Erdkern. "Wir stehen etwa da, wo wir im Öl- und Gasgeschäft vor 150 Jahren waren", sagt Grötsch. Damals war wenig über die Öl- und Gasreserven im Untergrund bekannt. Beim Wasserstoff ist das heute ähnlich.
"Es gibt Berechnungen, wie viel Wasserstoff die Erde pro Jahr produziert", sagt auch Frank Zwaan. "Aber es ist schwierig zu sagen, weil wir gerade erst am Anfang stehen." Von dieser Frage hängt ab, ob wir im Wasserstoffzeitalter einmal mehr eine endliche Energiequelle anzapfen, wie bereits bei Öl, Gas und Uran. Im Labor gehe die Serpentinisierung sehr schnell, sagt Zwaan. Würde sie auch in der Natur so schnell gehen, wären wohl die meisten Steine schon umgewandelt und es würde kaum neuer Wasserstoff entstehen. Die Realität, vermutet er, sei komplexer.
Wasserstoff aus der Natur - für Forscher Ressource mit Zukunft
Während die Grundlagenforschung weitergeht, denken Jürgen Grötsch und seine Kollegen schon an die Nutzung der Ressource, die im fränkischen Untergrund von den Haßbergen bis Bayreuth in hohen Mengen vorhanden ist. Mit einer Ausgründung aus der Universität wollen sie eine Förderanlage errichten. Die zweite weltweit, betont der Geologe, bisher gebe es nur eine Anlage in Mali: "Das war Zufall. Dort hatte man nach Wasser gebohrt und jemand hat eine Zigarette in das Bohrloch geworfen." Die Explosion war ein eindeutiges Zeichen: Hier gibt es Wasserstoff. Inzwischen versorgt die Quelle ein Dorf mit Energie.
In Erlangen glauben sie jedenfalls an eine große Zukunft für den natürlichen Wasserstoff. Bekannt sind Funde unter anderem in den spanischen und französischen Pyrenäen, Albanien, Kansas, Nebraska und Süd-Australien.
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