Zahlreiche menschliche Silhouetten in grün. Dazwischen eine in rot. Symbolbild für seltene Erkrankungen.
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Seltene Erkrankungen: Eine App hilft bei der Erforschung

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Seltene Erkrankungen: Eine App hilft bei der Erforschung

Seltene Erkrankungen: Eine App hilft bei der Erforschung

Jeder 20. Bundesbürger leidet an einer sogenannten Seltenen Erkrankung. Der Weg zur Diagnose ist oft eine Odyssee von Arzt zu Arzt. Mit einer App können Betroffene ihre Symptome dokumentieren und gleichzeitig die Forschung voranbringen.

Über dieses Thema berichtet: Bayern 2 am Samstagvormittag am .

Als die Tochter von Ruth Biller im Jahr 2011 an plötzlichem Herztod stirbt, ist sie 14 Jahre alt. Judith litt an einer Seltenen Erkrankung, doch davon wusste damals niemand etwas. Ruth Biller und ihre Familie ruhten nicht, bis sie herausfanden, was für den Tod der 14-Jährigen verantwortlich war. Die Diagnose lautete "arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie (ARVC)" - eine seltene, unheilbare, vererbbare Herzkrankheit, die auf einem Gendefekt beruht.

Seitdem kämpft Ruth Biller für mehr Sichtbarkeit von dieser und anderen Seltenen Erkrankungen. Als die Hochschule Hof ein Kernteam für die Entwicklung einer App für Betroffene zusammenstellte, war sie sofort dabei.

Betroffene helfen der Forschung

Die App "SelEe", das steht für "Seltene Erkrankungen", ist an der Hochschule Hof in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern aus Frankfurt sowie Ärzten, Leitern von Selbsthilfegruppen und Patienten entwickelt worden. Als selten gilt eine Erkrankung, wenn weniger als fünf von 10.000 Menschen betroffen sind. Etwa 6.000 dieser Erkrankungen sind bekannt.

Professor Jörg Scheidt von der Hochschule Hof erklärt, dass die App "SelEe" zwei Ziele verfolgt: "Betroffene können einerseits ihre Symptome wie beispielsweise Anfälle oder den Schlafrhythmus in einem Kalender dokumentieren und diese Daten dann ausdrucken und zum Arzt mitnehmen." Der zweite Zweck dient der besseren Erforschung von Seltenen Krankheiten. "Die Userinnen und User der App können uns ihre Einträge anonym zur Verfügung stellen. Wir werten sie aus und können das Wissen über diese Erkrankungen erweitern."

Audio: Seltenen Erkrankung: Mit einer App Symptome dokumentieren und Forschung voranbringen

Professor Jörg Scheidt in seinem Büro mit Handy in der Hand.
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Professor Jörg Scheidt leitet die Forschergruppe, welche die kostenlose App "SelEe" entwickelt hat. "SelEe" steht für Seltene Erkrankungen.

Der lange Weg zur Diagnose

Warum ist es so wichtig, mehr über Seltene Erkrankungen zu erfahren? "Ärzte wissen oft nicht genug über Seltene Erkrankungen", sagt Ruth Biller. "Das kann dazu führen, dass Symptome falsch gedeutet oder nicht ernst genommen werden." Manche Betroffenen machten eine Ärzte-Odyssee durch, bevor sie die richtige Diagnose erhalten. Andere erhielten sie nie. "Oft hören die Patienten, dass nichts gefunden wurde und werden zum Psychotherapeuten geschickt", bedauert Ruth Biller.

"Ein Arzt sieht eine Seltene Erkrankung vielleicht ein, zwei Mal in seiner Laufbahn", ergänzt Prof. Jörg Scheidt. Für die App "SelEe" wünscht er sich, dass zu den aktuell rund 1.000 Nutzerinnen und Nutzern noch weitere hinzukommen. Je größer der Datensatz, umso aussagekräftiger sind die Ergebnisse. Unspezifische Symptome könnten dann im besten Fall von Arzt oder Ärztin auch als Auswirkung einer chronischen Seltenen Erkrankung erkannt und die Patienten in ein Zentrum für Seltene Erkrankungen zur Abklärung geschickt werden. Das Bundesgesundheitsministerium listet auf einer Webseite alle Anlaufstellen auf.

Wenn ein tragischer Tod Leben rettet

Judith, die Tochter von Ruth Biller, hat nie eine Diagnose bekommen, hatte aber auch nicht über Symptome wie Herzrhythmusstörungen geklagt. Erst eine privat finanzierte Obduktion führte ein Jahr später zur Diagnose ARVC. Daraufhin ließen sich die anderen Familienmitglieder auf diesen Gendefekt testen. Das Ergebnis: Auch Ruth Billers Ehemann und ein Neffe sind betroffen. Dem Neffen habe ein implantierter Defibrillator schon zweimal das Leben gerettet, berichtet Ruth Biller. Sie gründete im Jahr 2013 die ARVC-Selbsthilfe. Eine ihrer politischen Forderungen lautet: Wenn ein junger, anscheinend gesunder Mensch am plötzlichen Herztod stirbt, sollte eine Obduktion zum Standard gehören.

Seltene Erkrankungen sichtbar und bekannter machen

Die App "SelEe" kann kostenlos in den gängigen Appstores heruntergeladen werden. Die Konfiguration für die persönlichen Daten sei mit dem programmierten Baukastensystem ganz einfach, verspricht Professor Jörg Scheidt. Wer seine anonymisierten Daten mit den Forschern teilen möchte, kann seine Zustimmung dazu mit einem Klick geben. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert das Projekt noch mindestens bis Ende März 2024, dann wird ausgewertet.

Ruth Biller ruft nicht nur die Mitglieder der ARVC-Selbsthilfe zum Mitmachen auf, sondern alle Betroffenen von Seltenen Erkrankungen und verspricht, weiterhin unermüdlich für die Sichtbarmachung dieser Krankheiten zu kämpfen: "Meine Arbeit soll im Idealfall verhindern, dass anderen Familien etwas Ähnliches passiert. Jedes gerettete Leben verleiht dem Tod meiner Tochter wenigstens im Nachhinein ein klein wenig Sinn."

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