Die meisten Menschen sterben an legalen Drogen wie Zigaretten und Alkohol.
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Die meisten Menschen sterben an legalen Drogen wie Zigaretten und Alkohol.

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Sucht in Bayern: Rauchen und Alkohol vor illegalen Drogen

Sucht in Bayern: Rauchen und Alkohol vor illegalen Drogen

Warum greifen manche Menschen zu Suchtmitteln? Wie sehen Behandlungskonzepte für Suchtkranke aus? Solche Fragen sind Thema beim Suchtkongress in München. Die Statistik zeigt: Hauptproblem in Bayern sind legale Drogen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Suchtkrankheiten - die Abhängigkeit kann sich auf legale Mittel wie Alkohol oder auf illegale Drogen beziehen. Sie kann sich aber auch nicht stoffgebunden sein, wenn jemand von Glücksspielen, Pornografie oder von Handy und Internet nicht mehr loskommt. "Auch diese Süchte können den Alltag und das Leben extrem beeinflussen und die Lebensqualität verringern", sagt Suchtmediziner Markus Backmund. Er ist Präsident beim 23. Interdisziplinäre Kongress für Suchtmedizin in München.

Legale und illegale Drogen

Es gibt legale Drogen wie Alkohol, Nikotin und Medikamente sowie illegale Drogen wie Amphetamine, Ecstasy, Heroin, Kokain, Crystal Meth und synthetisch hergestellte Designerdrogen. Cannabis ist derzeit ein großes Thema, weil es einerseits noch eine illegale Droge darstellt, andererseits als Medikament verwendet wird. Ärztinnen und Ärzte müssen wissen, in welchen Bereichen der Einsatz von Cannabis sinnvoll ist. Auch das gehört zu den Themen beim Suchtkongress in München.

Die meisten Tote durch legale Drogen

Die Zahlen des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit legen nah, dass legale Drogen weit mehr Todesfälle verursachen als illegale Drogen.

• Jedes Jahr sterben etwa 16.000 Menschen in Bayern an den Folgen des Rauchens.

• 6.000 Todesfälle im Jahr sind auf Alkoholmissbrauch zurückzuführen.

• Ungefähr 190.000 Menschen in Bayern leiden unter einer Alkoholabhängigkeit.

• Im Jahr 2022 gab es 277 Drogentote in Bayern, die an illegalen Substanzen verstorben sind.

Weniger als ein Prozent der Süchtigen sind heroinabhängig

Bei den Drogentoten ist in fast der Hälfte der Fälle Heroin im Spiel, aber oft ist es eine Mischvergiftung aus verschiedenen Rauschmitteln. "Sterben wird man nicht an Cannabis, nicht an Kokain, sterben wird man an Opiaten und oft auch an einer Mischung, bei der Alkohol noch eine Rolle spielt", so Gabi Koller, die Leiterin der Suchtambulanz an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Heroinabhängigkeit führe zwar häufig und schnell zum Tod, spiele aber mit einem Anteil von unter einem Prozent bei den Suchtkranken eine geringe Rolle verglichen mit der großen Zahl der Tabak- und Alkoholabhängigen, deren Verfall langsam vonstatten gehe. Gabi Koller: "Die europäische Drogenstatistik sagt, der typische Drogentote ist männlich, um die 40 und ist an Opiaten gestorben. Der durchschnittliche Drogentote ist heute älter als früher. Menschen sterben heute aufgrund der medizinischen Versorgung erst später an den Folgen der Drogen."

Auch Nikotinsucht als Krankheit anerkennen

Wer eine Sucht entwickelt, braucht irgendwann ärztliche Hilfe, weil der Weg aus der Sucht allein meist nicht zu schaffen ist. Das gilt nicht nur für harte Drogen. "Alkoholerkrankung und Tabakabhängigkeit, das sind Volkskrankheiten. Da sprechen wir von Millionen von Menschen, die erkrankt sind. Und da ist es noch ein weiter Weg, dass man sie alle richtig versorgt", so der Mediziner Markus Backmund. Er kritisiert, dass beispielsweise Medikamente für Raucherinnen und Raucher von den Kassen oft nicht bezahlt werden, weil Nikotinabhängigkeit als persönliches Versagen abgetan werde: "Es heißt, er ist ja selber schuld, dass er raucht. Das ist ja ein Genuss und ein Lebenswandel. Diese Diskrepanz gehört aufgedeckt, weil wir haben sehr gute Medikamente, die Menschen, die rauchen, helfen können."

Konsumräume als Möglichkeit in Großstädten

In Großstädten wie München spielt sich der Drogenmissbrauch mitunter auf offener Straße ab. In Städten wie Hamburg gibt es dafür sogenannte Fixerstuben. Ärztinnen wie Gabi Koller halten es für wichtig, den Konsum in eine von Fachleuten begleitete Form zu überführen: "Das konsumierte Mittel wird nicht kontrolliert, das ist das Gleiche, aber es findet eine Begleitung beim Konsum statt. Ich glaube, da werden viele Notarzteinsätze verhindert, da wird viel Ärger, der in München auf der Straße stattfindet, verhindert, man könnte da vieles modifizieren durch solche Konsumräume."

Mehr Substitutionsärzte für ländliche Gebiete

Veronika Morhart-Bojko arbeitet als Substitutionsärztin in Spiegelau im Bayerischen Wald. Dort seien Fixerstuben überflüssig: "Wir haben hier nicht die klassische offene Drogenszene wie in den Großstädten, sondern die Leute haben meist ein Dach über dem Kopf und irgendwo im weitesten Sinne noch eine Familienanbindung." Woran es aber mangele sind Ärztinnen und Ärzte, die Drogenabhängigen ihre Ersatzpräparate verschreiben können: "Ich bin darauf angewiesen, den Leuten recht großzügig ihre Dosis für eine oder zwei Wochen mit nach Hause zu geben, weil es keine gute Verkehrsanbindung gibt.“ Das heißt, Betroffene haben im Bayerischen Wald nicht die Möglichkeit, täglich zur Ärztin zu kommen. Denkbar wäre auch eine Abgabe in Apotheken, aber dafür müsste das Personal speziell geschult werden. Somit ist es für Betroffene im ländlichen Raum oft schwierig, sich regelmäßig mit Substitutionspräparaten wie Methadon zu versorgen.

Chrystal Meth und das Schmerzmittel Fentanyl

Entlang der Grenze zu Tschechien gibt es viele Abhängige des Amphetamins Chrystal Meth. "Das konsumiert hier fast jeder, der illegale Drogen konsumiert“, so Veronika Morhart-Bojko. Es sei vom Preis her günstig und einfach zu bekommen: "Chrystal Meth führt ähnlich wie Alkohol zu einem schleichenden Tod. Aber wenn es um akzidentelle Todesfälle geht, dann führt Fentanyl die Todesstatistik bei uns an.“ Fentanyl ist ein sehr starkes Schmerzmittel, das auch häufig von Hausärzten verschrieben wird, wenn Patientinnen und Patienten chronische Schmerzen haben: "Das Problem dahinter ist, dass es schnell zur Atemdepression und zum Tode führen kann."

GBL als flüssige Droge

GBL ist die Abkürzung für Gamma-Butyrolacton. GBL ist eine klare, farblose Flüssigkeit und wird als Lösungs- und Reinigungsmittel beispielsweise zur Nagellack- und Graffitientfernung verwendet. Es ist auch in Industriereinigern, in Felgen- oder Bremsreinigern enthalten. Veronika Morhart-Bojko: "Das mischt man mit Orangensaft, um sich auszuknocken für eine gewisse Zeit. Es gibt kein Substitutionsmittel dafür, keine Therapiekonzepte und Tests dafür sind unendlich teuer. Das verdrängt sogar das Heroin, weil es nichts kostet und überall verfügbar ist." Immer wieder geraten Expertinnen und Experten an Grenzen, wenn derartige Drogen auf den Markt kommen, bei denen bisher keine Strategie greift.

Drogenkranke entkriminalisieren

Wer eine Sucht entwickelt, kommt in existenzielle Nöte und braucht Hilfe. Aber: "Nach wie vor ist Sucht in den Köpfen der meisten Menschen noch eine Charakterschwäche und keine Krankheit", sagt die Ärztin Veronika Morhart-Bojko. Deshalb sei es wichtig, die Menschen nicht zu diskriminieren und ebenfalls jegliche Art von Droge zu entkriminalisieren, so auch der Wunsch von Markus Backmund: "Weil nur durch die Entkriminalisierung können wir schaffen, dass Betroffene zu uns kommen und sich Hilfe holen. Eben das geht auch nur, wenn die Diskriminierung niedriger wird, dann trauen sich die Menschen leichter, in die Hilfssysteme zu kommen. Und dann kann man behandeln."

Entgiftung und Reha-Angebote für Suchtkranke

An der LMU in München gibt es eine Entgiftungsstation, eine Tagklinik und eine Substitutionsambulanz. Gabi Koller: "Wir entgiften jeden von allem. Zahlenmäßig haben wir den größten Prozentsatz an Alkoholentgiftung. Wir entgiften auch Medikamente, auch illegale Drogen und auch Beigebrauchsentgiftung. Das heißt, wenn jemand eine Substitutionsbehandlung hat und Beigebrauch mit Drogen, dann führen wir eine stabilisierende Behandlung stationär durch." Nach der Entgiftung folgt in der Regel eine Reha-Behandlung über mehrere Wochen. Diese kann stationär oder auch ambulant mit zwei bis drei Terminen wöchentlich stattfinden. Die Koordinierungsstelle der bayerischen Suchthilfe hat auf ihrer Homepage wichtige Kontaktadressen für Suchtkranke zusammengestellt.

Die Ursache für die Drogensucht behandeln

Niemand kommt als Raucher, Alkoholiker oder Heroinsüchtiger auf die Welt. Eine Sucht nach einem Stoff entwickelt sich meist dann, wenn Menschen nach Erleichterung suchen, weil sie gesundheitliche oder psychische Probleme haben. Manche Menschen mit chronischen Schmerzen werden von ihren Schmerzmitteln abhängig. Jugendliche mit der Aufmerksamkeitsstörung ADHS suchen nach Möglichkeiten, ruhiger und konzentrierter zu werden. Sie probieren Substanzen aus und können dadurch in eine Sucht rutschen. Bei längeren Gesprächen mit Patientinnen und Patienten komme fast immer heraus, so Markus Backmund, dass "eine Verletzung der Seele passiert ist oder Kinder und Jugendliche über lange Zeit psychisch, körperlich oder sexuell misshandelt wurden“. Wer eine Depression entwickelt hat, greife auch oft zur Selbstmedikation, um aus dem Tief herauszufinden: "Unsere Aufgabe ist es also, hinter die Sucht zu schauen. Was liegt ihr eigentlich zugrunde? Und dann geht unsere Arbeit erst richtig los."

Im Audio: Rauchen und Alkohol vor illegalen Drogen

Ein Schnapsglas und eine gefüllte Flasche stehen auf einem Tisch.
Bildrechte: BR/Julia Müller
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Alkohol und Rauchen liegen statistisch gesehen vor illegalen Drogen.

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